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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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biegsam, gertenschlank und mit einem Knackarsch, der mich allein schon beim Gedanken an ihn rattenscharf machte.
    Sandy hatte mich immer noch nicht bemerkt. Es sah so aus, als spannte sie gerade langsam einen imaginären Bogen, und nur ihr dampfender Atem verriet, dass ihr dieser scheinbar einfache Bewegungsablauf größte Anstrengung abverlangte.
    Ihr ganzes Leben hatte sie hier in der riesigen Jugendstilvilla ihrer Eltern verbracht, als Tochter aus gutem Hause, vergöttert von ihrem Alten, dem Asbest-Baustoff-Fabrikanten und Honorarkonsul von Südafrika in Niedersachsen, Theodor Rudolf Gehrke II ., der vor zehn Jahren verstorben war und Sandy das Anwesen samt ihrer unausstehlichen Mutter Hildegard vererbt hatte.
    Meine Schwiegermutter Hildegard Strathmann-Gehrke war eine dünkelhafte Vettel, die mit ihrem jetzigen Hausfreund Manfred Wehmeyer, dem ehemaligen Prokuristen ihres Mannes, das komplette Erdgeschoss bewohnte. Bis heute durfte ich sie nur mit »Frau Konsulin« ansprechen, weil es ihr anscheinend widerstrebte, sich von einem Parvenü, wie ich es in ihren Augen war, duzen zu lassen. Obwohl ich als erfolgreicher Promi-Anwalt arbeitete – Schauspieler, bekannte Sportler und Mitglieder des deutschen Hochadels zählten zu meiner Klientel –, verachtete sie meine Tätigkeit und bezeichnete sie regelmäßig als »vulgäre Rechtsverdreherei«.
    Als Sandy ihr Standbein wechselte und sich dabei umdrehte, entdeckte sie mich. »Hallo Schatz, da bist du ja endlich! Hast du alles bekommen? Auch die Überläuferkeule?«
    »Alles erledigt.«
    Sie balancierte auf einem Bein und hielt die Hände über ihren Kopf. »Sehr schön. Wann kommen die Gäste?«
    »Um 18  Uhr. Dinner ist dann gegen acht, anschließend die Bescherung.«
    Sandy schüttelte ihre Arme aus und hüpfte auf der Stelle. »Aber bitte dieses Jahr nicht wieder eine dieser peinlichen Wetten, die du eh immer verlierst. Du weißt, Mutti hasst Wetten. Für sie ist das ein Zeitvertreib für Plebejer.«
    Ich drehte mich wortlos um und verließ durch die Tür zu meinem Arbeitszimmer die Dachterrasse. Die Frau Konsulin konnte mich mal!
     
    Ich war inzwischen geduscht, umgezogen und befand mich in der Küche, um die Kartons auszupacken.
    Der Weißwein, ein Grauburgunder, Königschaffhauser Vulkanfelsen 2009 , war ein kraftvoller Tropfen, der sich bestens für die Vorspeisen – den Ziegenkäse auf Rucola und die Kürbissuppe – eignete. Die sechs Flaschen stellte ich in den Kühlschrank.
    Für den toskanischen Wildschweinbraten hatte ich einen 2004 er Serralunga aus dem Barolo ausgesucht, der mit seiner aromatischen Fruchtnote hervorragend mit dem Wildgeschmack harmonierte. Ich zog drei Flaschen auf, verteilte den Inhalt auf zwei Dekanter und stellte den edlen Tropfen zum Atmen auf die Anrichte im Esszimmer. Sandy hatte bereits den großen Tisch für sechs Personen eingedeckt und weihnachtlich dekoriert.
    Für den restlichen Abend waren die letzten Kartons gedacht. Im einen befand sich ein 2006 er Tignanello aus dem Chianti, für siebzig Euro die Flasche, im anderen ein 2005 er Gaja, Barbaresco, aus dem Piemont, für den ich mehr als das Doppelte hatte hinlegen müssen.
    Ich nahm einen weiteren Dekanter aus dem Küchenschrank sowie einen Trichter und zog die insgesamt zwölf Flaschen Tignanello und Gaja auf. Die erste Flasche Tignanello entleerte ich im Dekanter, dann tauschte ich mit Hilfe des Trichters die restlichen Flascheninhalte aus, indem ich den Gaja in die Tignanello-Flaschen und umgekehrt abfüllte.
    Die restlichen fünf Gaja-Flaschen mit dem Tignanello ließ ich auf dem Küchentisch stehen, deponierte lediglich den Dekanter im Wohnzimmer auf der ausgeklappten Schreibplatte des Biedermeiersekretärs, der zwischen der riesigen Bücherwand und der Glasvitrine mit der historischen Pistolensammlung stand.
    Die sechs verbliebenen Tignanello-Flaschen mit dem superteuren Gaja brachte ich nach oben in mein Arbeitszimmer, um sie mir zwischen Weihachten und Neujahr allein und in aller Genüsslichkeit zu Gemüte zu führen. Sandy trank eh viel lieber Tomatensaft als Rotwein.
    Maike wusste schon eher einen guten Tropfen zu schätzen, vor allem bei unseren Schäferstündchen, die wir auf der ledernen Besuchercouch in meiner Kanzlei am Opernhausplatz verbrachten. Dort konnten wir uns ungestört treffen, ohne die umliegenden teuren Cafés, Bars oder Restaurants im Zentrum der City frequentieren zu müssen und dabei Gefahr zu laufen, durch einen dummen Zufall auf

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