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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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passiert?»
    «Nein, mein Kind», fing ihre Mutter an und brach ab, «na, gut, warum sollst du es nicht wissen. Eigentlich wollte ich es dir nicht erzählen, aber die Sache ist die, ich bin ein bißchen in der Klemme. Nur vorübergehend natürlich.»
    «Erzähl weiter», sagte Mary und ging mit der Kasserolle zum Wasserhahn in der Anrichte, «ich höre dir zu.»
    «Du weißt, daß ich bei Wilkie meine Raten bezahlen muß. Ich hab gedacht, wir könnten das aus den laufenden Einnahmen machen, denn wir haben gut verdient, aber ich hab feststellen müssen, ich schaffe es nicht. Das Geschäft hat plötzlich sehr nachgelassen, eine meiner besten Kundinnen hat Pleite gemacht und schuldet mir fünfhundert Pfund, von denen ich vielleicht zehn kriege, wenn ich Glück habe, und — ach, was hat es für einen Sinn, alle Einzelheiten aufzuzählen. Es kommt eben eins zum anderen, das ist alles.»
    «Wieviel brauchst du, um deine Schulden bei Wilkie zu bezahlen?»
    «Tausend Pfund», sagte Mrs. Shannon mit umflorter Stimme. «Tausend Pfund würden genügen, damit ich wieder klarkomme. Das Geschäft erholt sich bald wieder, das weiß ich. Ich hab eine Menge neuer Ideen, die ich ausprobiere, aber der Erfolg stellt sich natürlich nicht sofort ein.»
    «Kannst du dir das Geld nicht von irgend jemand leihen?» fragte Mary und schüttelte die Kasserolle hin und her. «Vielleicht von Großpapa? Oder auch von Onkel Geoffrey? Wenn doch bloß das Wasser endlich kochen wollte. Ich glaube, der Gasdruck ist zu schwach. Sie werden es doch noch nicht gesperrt haben, Mami?» erkundigte sie sich ängstlich.
    Mrs. Shannon lachte und warf ihre Zigarette geschickt in den Kohlenkasten neben dem Boiler. «Noch nicht, mein Hase, das hat noch ein bißchen Zeit. Ich will mir kein Geld leihen», sagte sie in verändertem Ton, und ihr Gesicht sah sorgenvoll und angespannt aus über der neuen Zigarette, die sie sich anzündete, «der Gedanke ist mir schrecklich. Deinen Großvater würde ich niemals bitten, der hat schon genug für uns getan. Und Geoff könnte mir, glaube ich, gar nicht helfen, selbst wenn ich ihn bitten würde. Sein letzter Film war ein Reinfall, das weißt du ja, und er sagt, der, den sie gerade drehen, wird wahrscheinlich nie fertig werden, und er hat nichts weiter in Aussicht. Er sagt, er wird nach Hollywood zurückgehen und da die Studios abklappern wie eine Prostituierte, die sich anbietet. Armer Kerl. Außerdem ist noch etwas —», sie seufzte tief auf, und Mary, die sich vom Herd abwandte und ihr unglückliches Gesicht sah, ging zu ihr hinüber und nahm sie in den Arm.
    «Was denn, Mami?»
    Ihre Mutter lehnte ihren Kopf müde an Marys Schulter. «Tut mir leid, daß ich dir so viel vorjammere, mein Liebes. Ich hatte nicht die Absicht, mich an deinem ersten Abend wie die Heldin in einem russischen Drama aufzuführen. Wenn Geoff fortgeht, werden wir uns noch viel mehr einschränken müssen. Er hat mir immer zuviel Wirtschaftsgeld gegeben, ich konnte ihn nicht davon abhalten, und es war natürlich eine große Hilfe. Mary, würdest du sehr traurig sein, wenn wir hier ausziehen und uns irgendwo eine einfache kleine Wohnung nehmen müßten? Nur auf kurze Zeit natürlich.»
    «Oh, Mama —» Mary war entsetzt. Für so ernst hatte sie die Lage nicht gehalten. «Unser süßes kleines Haus. Aus dem können wir doch nicht ausziehen. Ich — ich hab doch extra die Geranien aufgehoben für nächstes Jahr —» wandte sie nicht sehr überzeugend ein, und ihre Stimme brach jämmerlich ab.
    «Nicht doch, mein Kleines, hör auf.» Ihre Mutter suchte krampfhaft nach einem Taschentuch, gleich würde sie anfangen zu weinen. Mary umschlang sie voller Angst. Sie durfte nicht weinen. Ihr Gesicht sollte sich nicht so qualvoll verziehen, wie das bei Menschen der Fall war, die selten weinen. Wenn die eigene Mutter weinte, dann hatte nichts mehr Bestand auf der Welt.
    «Das Wasser kocht.» Sie sprang vom Tisch, ihre Stimme zitterte. Aber sie wollte nicht weinen, auf keinen Fall. Dann würde sich ihre Mutter auch wieder beruhigen. «Kein Wunder, daß Mabels Kaffee immer so abscheulich schmeckt», sagte sie mit erzwungener Heiterkeit, «wenn sie einen Metallöffel in der Dose stecken läßt. Sieht ihr ähnlich.» Sie fing an, Kaffee in die Kasserolle zu geben, vorsichtig, als erfordere das ungeheure Konzentration. Sie hörte, wie ihre Mutter hinter ihr, wohl wegen des Zigarettenrauchs, hustete, ein bißchen schnüffelte und sich schließlich die Nase putzte. Das

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