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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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Gesicht. Mary stellte absichtlich keine Fragen. Onkel Geoffrey kam erst spät nach Haus, und nach dem Abendbrot waren sie noch lange genug allein. Dann würde sie schon ergründen, was los war.
    «Du siehst so erwachsen aus, viel älter als vor deiner Abreise», sagte Mrs. Shannon, die damit seltsamerweise Marys eigene Gedanken aussprach. Mit Überraschung hatte sie festgestellt, daß sie sich älter vorkam als ihre Mutter und daß es jetzt an ihr sei, sie zu beschützen, so, als ob sie die Rollen vertauscht hätten.
    «Dann hat Paris doch sein Gutes gehabt», antwortete sie. «Ich fühl mich auch wirklich viel erwachsener. Ich hab mehr — mehr Selbstvertrauen, weißt du.» Das verdankte sie Pierre. Sie hatte ihrer Mutter noch nichts von Pierre erzählt. Auch das hatte noch Zeit.
    Mabel, die nach Haus wollte, zwang sie wie gewöhnlich, das Abendbrot hinunterzuschlingen, und fing an, den Tisch abzudecken, während sie noch schuldbewußt den Nachtisch einnahmen.
    «Kaffee brauchen Sie nicht zu machen, wenn Sie nach Hause wollen, Mabel», sagte Mary, die das Quietschen von Mabels Schuhsohlen und Korsettstangen nicht länger ertragen konnte. «Ich mach ihn nachher selbst. Ich hab eine fabelhafte Methode, ihn zuzubereiten — echt französisch. Ich zeig’s Ihnen mal, wenn Sie wollen.»
    Mabel schob die Schublade der Anrichte, in der sie die Salz- und Pfeffernäpfchen verstaut hatte, mit einem Knall zu. «Tut mir leid, wenn Ihnen mein Kaffee nicht schmeckt», sagte sie.
    «Aber Mabel», begütigte Mrs. Shannon, die noch immer nicht gelernt hatte, von Mabels gelegentlicher schlechter Laune keine Notiz zu nehmen, «so hat Miß Mary es doch gar nicht gemeint. Sie wollte Ihnen nur die Arbeit abnehmen, damit Sie früher wegkommen.»
    «Ich bin bestimmt nicht wild darauf, länger zu bleiben, Ma’m, das wissen Sie ja», sagte Mabel, die bereits an der Tür war und ihre Schürze abband, «mit meinen Beinen und wo man immer so’n Ärger mit den Bussen hat. Sie würden sich wundern, um welche Zeit ich manchmal zu Hause ankomme. Du bist ja der reinste Nachtvogel, hat Wilkins neulich zu mir gesagt, bist wohl unterwegs in allen Kneipen eingekehrt? Das war der Abend, wo wir Gäste zum Abendbrot hatten, falls Sie sich erinnern, Ma’m. Ich bin bestimmt dafür, daß alles tadellos ist, hab ich zu Wilkins gesagt, aber diese Berge von schmutzigem Geschirr, die können einen fertigmachen. Nicht, daß ich mich beklagen will», sie hob abwehrend die Hand hoch, «ich bin ja zufrieden, wenn Sie sich alle gut unterhalten haben, bestimmt», versicherte sie düster und verschwand.
    «Und ich bin zufrieden, wenn sie glaubt, wir hätten uns gut unterhalten», sagte Mrs. Shannon, nachdem die Tür sich geschlossen hatte, wieder aufsprang und nochmals geschlossen wurde, denn Mabel konnte nie etwas gleich auf Anhieb richtig machen, sei es auch nur das Schließen einer Tür. «Es war die ödeste Abendgesellschaft, die ich je erlebt habe. Die Familie —» fügte sie erklärend hinzu.
    «O je.» Mary wußte Bescheid. «Wie gräßlich! Onkel Lionel und Tante Grace?»
    «Ja, und dazu noch Winifred. Ich weiß, daß sie es nicht ausstehen können, wenn man sie zusammen einlädt, aber dann hat man’s wenigstens hinter sich, und, ehrlich gesagt, wen könnte man sonst dazubitten? Guy ist ein guter Unterhalter, aber nicht, wenn Mavis dabei ist. Sie jammert immer noch in den höchsten Tönen, wenn sie von Sarah spricht. Ich zittere schon, wenn ich an das Theater bei der Hochzeit denke.»
    Sie gingen zusammen hinunter in die Küche, um den Kaffee zu bereiten, und sahen durchs Fenster Mabel mit ungewohnter Schnelligkeit die Eingangsstufen hinabsteigen.
    «Findest du nicht, Mama, daß die gute alte Haut ihre Jugendblüte allmählich hinter sich hat?» fragte Mary, die in sämtlichen Dosen auf dem Küchenschrank nach Kaffee suchte.
    «Die hat sie schon seit Jahren hinter sich.» Mrs. Shannon hockte sich auf den Küchentisch und zündete sich eine Zigarette an. «Aber ich wüßte nicht, wer für den Lohn sonst die ganze Arbeit für uns machen würde.»
    «Na und?» sagte Mary forschend, «könntest du nicht etwas mehr bezahlen?»
    Mrs. Shannon stieß eine zarte Rauchwolke aus und betrachtete angelegentlich das Ende ihrer Zigarette. «Im Augenblick nicht, Liebling.»
    «Mama», Mary drehte sich zu ihr herum, in der Hand die Sago-Dose, in der Kaffee war. «Was ist eigentlich los? Sind wir im Begriff zu verarmen oder so was ähnliches? Ist in der Modebranche was

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