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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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um ihn herum pufften ihm ihre Schirme und Pakete in die Rippen und traten ihm mit ihren großen, flachen Schuhen auf die Füße.
    Mary und Angela gingen durch das Kaufhaus hindurch und auf der anderen Seite wieder hinaus, sahen sich verstohlen um und sprangen in ein Taxi. Sie fuhren zurück in die Marguerite-Street, wo sie Onkel Geoffrey trafen, der ein Jugendmagazin studierte und zwei Programme gleichzeitig im Radio hörte, weil er zu faul war, vom Sofa aufzustehen und den Apparat richtig einzustellen.
    «Guten Tag, Hexe», begrüßte er Angela. «Guten Tag, Lausejunge», erwiderte sie, knallte ihm ihre Bücher auf den Bauch und ging hinüber zum Spiegel, der über dem Kamin hing.
    «Warum drehst du nicht?»
    «Sie haben die Produktion unterbrochen und die Gagenzahlungen natürlich auch. Vermutlich wollen sie erst mal die Frage klären, ob es möglich ist, daß ein Revuegirl auf dem Tisch der Offiziersmesse tanzt, während ihre Freunde dem Colonel, der nach einem einzigen Glas Portwein besoffen unter dem Tisch liegt, Geheimdokumente klauen. Ich für mein Teil finde es ja etwas unwahrscheinlich.»
    Er mixte Cocktails für sie, da Mrs. Shannon mit der Entschuldigung, zwölf Schillinge mehr oder weniger machten bei tausend Pfund den Kohl auch nicht fett, Mabel beauftragt hatte, eine Flasche Gin zu bestellen. Wie gewöhnlich neckte er Angela und schwafelte pausenlos von seinem Film, während das Radio im Hintergrund dudelte, aber trotzdem hatte ihn Mary nach ihrer Rückkehr irgendwie verändert gefunden. Er war gedrückt und gab sich auffallende Mühe, nett und liebenswürdig zu sein. Manchmal, fand sie, machte er einen richtig belämmerten Eindruck. Sie fragte sich, ob sein Film schuld daran sei, ob er vielleicht das Gefühl hatte, ein Versager zu sein, oder ob er von den Geldschwierigkeiten seiner Schwester wußte.
    «Wo geht ihr beiden Küken heute abend hin?» fragte er etwas wehmutsvoll, wie es Mary schien, und Angela fand das wohl auch, denn sie erwiderte: «Auf eine Party. Warum kommst du nicht mit? Das wär doch nett.»
    «Als was? Als Anstandswauwau? Kommt nicht in Frage. Trotzdem - vielen Dank, aber ich — nein, ausgeschlossen, ich brauche Schlaf.» Es war ihm deutlich anzumerken, daß er ganz versessen drauf war, mitzugehen.
    «Ach, komm doch mit», drängte Mary, «es macht doch nichts, wenn einer mehr da ist, nicht wahr, Angel?»
    «Nicht das geringste. Jonny ist sowieso entweder gleich betrunken, oder er geht mit einer Brasilianerin in roter Seide durch, wie beim letzten Mal.» Aber Onkel Geoffrey ließ sich nicht überreden. Er kehrte auf das Sofa zurück und verschanzte sich hinter seiner Jugendzeitschrift.
    Mrs. Shannon kam völlig erschöpft nach Hause. Sie war in Dulwich gewesen, um ihre Mutter zu besuchen, die sich vor einem Jahr mit einer Bronchitis ins Bett gelegt hatte und seitdem keine Veranlassung mehr sah, wieder aufzustehen.
    «Na, wie war unser liebes Mütterchen?» fragte Onkel Geoffrey uninteressiert.
    «Sauer.» Mrs. Shannon warf ihren Hut auf einen Stuhl und fuhr sich müde durch die kurzen, schwarzen Haare. «Sie hat sich beklagt, daß du schon ewig nicht mehr da warst.»
    «Ich fahre Mittwoch hin», verkündete er entschlossen. Mrs. Shannon und Mary drehten sich erstaunt nach ihm um. Freiwillig war er doch noch nie nach Dulwich gefahren. Man mußte ihn antreiben und unter Druck setzen, ihn beinahe zur Haltestelle schleifen und in den Bus schubsen.
    «Mittwoch? Warum gerade Mittwoch?»
    «Nur so. Eben Mittwoch. Ich fahre am Mittwoch zu ihr.» Ja, dachte Mary, irgend etwas stimmte da nicht. Er benahm sich wie ein Mann, der etwas zu verbergen hatte.

    Was er verbarg, enthüllte sich am Dienstag, ein Tag vor Marys Rückkehr nach Paris. An diesem Tag war auch Lucienne Robeau, die ein verbilligtes Ferienbillet hatte, wieder in London eingetroffen. Sie mußte auf dem Sofa im Wohnzimmer übernachten. Mary hatte zwar das Gefühl, daß sie ihr eigentlich ihr Zimmer abtreten müsse, tat es aber trotzdem nicht.

    Onkel Geoffrey filmte noch immer nicht weiter. Am Dienstagnachmittag schlich er sich aus dem Haus und kehrte gegen sechs Uhr mit Lucienne zurück. Er hatte sie am Bahnhof abgeholt. Als er das Haus betrat, trug er ihre Reisetasche und darüber hinaus auch noch ihren Schirm. Weder Mary noch ihre Mutter waren anwesend, um Zeuge dieses außerordentlichen Ereignisses zu werden, aber Mabel berichtete es ihnen mit angehaltenem Atem, als sie aus der South Molton Street zurückkamen. Mrs. Shannon

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