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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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Bridge hatten eine ihrer plötzlichen Sparaktionen ausgelöst. Mary fuhr mit Sam im Auto. Fast den ganzen Weg über sang sie mit ihrer kleinen, flachen Stimme, der vor ihm noch nie jemand gelauscht hatte, vor sich hin. Sie holte die Karte aus dem Handschuhfach und breitete sie über Lenkrad und Windschutzscheibe aus, um nur ja ganz genau den Weg zu studieren. Sam schob eine Ecke der Karte vorsichtig beiseite, damit er die Linkskurve vor sich sehen konnte.
    «Sam», sagte sie ganz aufgeregt und ließ die Karte erneut übers Lenkrad flattern, «wir kommen ganz dicht bei Charbury vorbei. Bitte laß uns vorbeifahren und hineinschauen. Ich möchte es so gern wiedersehen, und ich glaube, jetzt kann ich’s auch ertragen. Wahrscheinlich werde ich schrecklich sentimental werden, macht dir das was aus?» Er sagte nein, und sie plapperte weiter, wie herrlich es in Charbury war, bis sie in Taunton Station machten, um zu Mittag zu essen. Mary war entzückt, als sie entdeckte, daß er Backpflaumen gern aß, weil sie sich dieser Vorliebe bisher immer ein wenig geschämt hatte. Nach dem Essen war sie ganz still und starrte auf die Landstraße, die ihr immer vertrauter wurde. Es war noch gar nicht so lange her, daß sie hier entlanggefahren war, aber alles, was sich in den sieben Jahren seitdem ereignet hatte, hatte die Erinnerungen aus ihrem Gedächtnis verdrängt, und erst langsam kamen sie wieder zurück, wie aus einem anderen Leben.
    Noch bevor sie darauf gefaßt war, fuhren sie schon in Yarde ein. Da lag der Bahnhof, wie ausgestorben in der feiertäglichen Stille, und dort war die Polizeistation, der die Frau des Wachtmeisters durch Efeuberankung, Blumentöpfe und blaue Kattungardinen ein geradezu anheimelndes Aussehen verliehen hatte. An dem Papierwarengeschäft von J. G. Ingledew waren die Rolläden heruntergelassen, und der rotierende Ständer mit den Postkarten stand im Laden, aber es sah so aus, als ob es auch jetzt noch drinnen nach Gummi und Bindfaden röche. Wie gern hätte Mary Sam hineingeführt und ihm die Ecke des Bücherregals gezeigt, an der Mrs. Ingledew jedes Jahr mit Tintenstift angezeichnet hatte, um wieviel sie gewachsen waren. Dort war das Schokoladengeschäft, wo sie immer die roten Bonbons kauften, die seither den unerreichten Maßstab für alle Süßigkeiten bildeten. Yarde war sich gleichgeblieben — ja, es war sich gleichgeblieben, und doch schien es, als bewegten die Menschen sich schneller und als seien sie städtischer gekleidet. Ein roter Bus, dem blaue Auspuffgase entströmten, stand auf dem Marktplatz, und vor dem Kino, in dem Mary einst die Stars in Filmen wie und bewundert hatte, hing jetzt ein grellbuntes Plakat von Claudette Colbert in . Es war doch nicht mehr ganz dasselbe. Nichts blieb sich jemals ganz gleich. Warum eigentlich nicht, wenn es schön gewesen war?
    «Wo geht’s lang?» fragte Sam.
    «Links um den Hügel herum, dann rechts — dann wieder links an der Kirche vorbei und geradeaus —» Mit geschlossenen Augen hätte sie den Weg gewußt. Alle Erinnerungen waren mit einem Schlage wieder da, und sie begann das Lied zu singen, das sie früher auf der Landstraße zwischen Yarde und Charbury immer gesungen hatten. Sie mußte sich beeilen, denn die Marksteine kamen dicht hintereinander, in viel rascherer Folge, als sie es erwartete. Lag es daran, daß Sams Auto schneller fuhr als der Lancia, oder hatte sich die Entfernung wirklich verringert? Das konnte doch noch nicht die Allee mit dem Wegweiser sein? Von Yarde nach Charbury war es doch eine ziemliche Strecke gewesen, viele Meilen zu laufen, und selbst mit dem Auto war der Weg noch recht weit. Sie hatten sich gestritten, lange Geschichten erfunden, und alle möglichen folgenschweren Zwischenfälle hatten sich auf der Straße zwischen Yarde und Charbury ereignet. Jetzt lag die Kreuzung, an der die Allee nach oben abbog, bereits vor ihnen, ehe sie noch die letzten Bauernhäuser von Yarde hinter sich hatten.
    «Hier ist es», sagte sie aufgeregt zu Sam, «wir wollen die Allee rauffahren bis zum Tor. Die Leute werden nichts dagegen haben, wenn wir einen Blick hineinwerfen.»
    Die alte verwitterte Tafel war verschwunden, und statt dessen war ein schmuckes, schwarzweißes Schild vor der Föhrengruppe aufgestellt, das klar und deutlich den Weg zu Charbury House wies.
    «Fahr langsam, Liebster», sagte Mary, als Sam die Allee hinauffuhr,

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