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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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hatte, in den Kamin in der Halle geworfen, damit irgend so ein gräßlicher Kerl seine Zehen daran rösten konnte?
    Mary packte Sams Arm. «Komm, wir wollen gehen. Wir wollen weg. Ich halte das nicht aus.» Sie rannte mit ihm durch den Park, stolperte durch das hohe Gras mit den Disteln. Als sie über die drei terrassenförmig ansteigenden Rasenflächen liefen, kam es ihr so vor, als wollten Haus und Garten sie zurückhalten, als bäten sie sie, hierzubleiben und alles wieder so einzurichten, wie es einmal war.
    «Schon gut, mein Liebes, nicht weinen. Nicht weinen, mein Kleines», sagte Sam, aber er verstand, daß sie fortwollte. Er zog sie die letzte Steigung hinauf, schob sie ins Auto, und ohne sie anzusehen, fuhr er die Auffahrt hinunter. Als sie durch das Tor gefahren waren, stieg er aus, schloß es und stieg schnell wieder ein.
    Bevor er in die Allee einbog, sah sie sich noch einmal um. «Aber es ist ja so klein», sagte sie hilflos.

9

    «Glücklich die Braut, der die Sonne scheint», sagte Doris und zog geräuschvoll die Jalousien in Marys Zimmer hoch, während es draußen goß. «Kaum zu glauben, daß es im Juli so regnen kann, was?»
    Mary war schon seit sechs Uhr früh hellwach, aber sie verkroch sich unter die Decke und tat, als ob sie schliefe. Unbeirrt kam Doris auf ihr Bett zu, wobei sie auf dem Weg über Marys Pantöffelchen stolperte.
    «Die gnädige Frau läßt fragen, ob Sie nicht heute ausnahmsweise etwas Rührei essen wollen. Kaffee und Grapefruit sind nicht nahrhaft genug, sagt sie.»
    Mary schob die Decke ein wenig beiseite und blinzelte Doris mit einem Auge an. «Doris, regnet es etwa?»
    «Es schüttet», antwortete Doris lakonisch.
    Es war nicht sehr hübsch, das am Hochzeitsmorgen zu hören, aber am Heiraten konnte es einen nicht hindern. Dazu hätte es schon eines Erdbebens bedurft. Mary warf die Decke ganz zurück und setzte sich auf. Sie zog ihren alten Teddybär, den sie noch immer mit ins Bett nahm, hinter ihrem Rücken hervor und ließ ihn auf die Daunendecke plumpsen.
    «Ich mach mir nicht viel aus Rührei», murmelte sie und fühlte plötzlich eine solche Sympathie für Doris, daß sie sie, ungeachtet ihres Schielens, am liebsten umarmt hätte. «Was frühstücken denn die Leute so im allgemeinen am Hochzeitstag? Was hat Ihre Schwester gegessen, als sie Cecil heiratete?»
    «Ich glaube, sie hat sich Sardinen bestellt. Sie war immer ganz verrückt nach Sardinen, unsere Nelly. Cecil nicht, der kann sie nicht ausstehen. Mama sagt, wenn der Weg zum Herzen eines Mannes durch den Magen geht, dann ist er bei Cecil nicht mit Sardinen gepflastert. Hab ich gelacht, Sie hätten mich bloß sehen sollen —» Doris’ Fischaugen wurden ganz glasig bei der Erinnerung.
    Sie würde den ganzen Morgen weitertratschen, wenn man ihr nur die kleinste Chance gab.
    Mary unterbrach sie hastig. «Ich glaube nicht, daß ich Sardinen möchte. Aber könnte ich vielleicht Würstchen haben? Die habe ich schon ewig nicht mehr zum Frühstück gegessen. Sind welche da?»
    Doris nickte. «Aber die liegen einem schwer im Magen», sagte sie warnend.
    «Mir nicht.» Das war eine großartige Idee. Nachdem sie Doris endlich losgeworden war, indem sie behauptete, es hätte an der Hintertür geklingelt, rief sie Sam an und war durchaus nicht überrascht zu hören, daß er sich auch gerade Würstchen bestellt hatte. Sie stimmten in so vielem überein. So wachten sie morgens zur gleichen Zeit auf, aßen das gleiche, auch wenn sie nicht zusammen waren, und manchmal fingen sie gleichzeitig an zu sprechen, mit genau den gleichen Worten. Als er in Amerika war und im Kielwasser von Mrs. van de Meyer über dem Bau in White Plains schwitzte, in diesen langen, einsamen Wochen, war das immer wieder vorgekommen. Sie stellten es fest, als sie später ihre Tagebuchaufzeichnungen verglichen. Einmal war Mary durch das Klappern der Milchkannen aufgewacht, und ein Lied war ihr im Kopf herumgegangen, das sie seit Jahren nicht mehr gehört hatte. Es war eines jener kleinen, melancholischen französischen Liedchen, das der russische Sänger in der in Paris immer gesungen hatte. Später stellte sich heraus, daß Sam zur gleichen Zeit — um zwei Uhr morgens — in einem New Yorker Nachtclub dasselbe Lied von demselben Mann gesungen gehört hatte. Diese Dinge bedeuteten keine Überraschung mehr. Es wäre viel seltsamer gewesen, hätten sie sich nicht ereignet.
    Als Doris ihr das Frühstück brachte, lagen diverse Briefe und ein

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