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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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Kohlensäuregesöff in Flaschen. Der Diener brachte es in großen Waschkrügen herauf, daran erinnere ich mich noch genau.» Denys zwinkerte Mary hinter Großpapas Rücken zu, und dann hatte Großpapa ihnen die Geschichte von Entwhistle erzählt: «Theologiestudent, ihr wißt ja, wie die sind, immer nur den lieben Gott im Kopf und keinen Mumm in den Knochen. Also, der bestand seine Abschlußprüfung mit , und das wollte er feiern. Was tat er? Er holte sich ungefähr zehn Burschen in sein Zimmer, und dann schloß er die Tür hinter sich ab. , sagte er und zog hinter seinem Rücken eine Flasche Rotwein hervor, »
    Sie hatten die Grünflächen von New College besichtigt, den Magdalenen-Turm und das Märtyrer-Denkmal. Traditionsgemäß mußte in jeder Generation ein Mitglied einer bestimmten Familie auf dieses Denkmal klettern und irgend etwas Freches an die alleräußerste Spitze hängen. Mary, die Schuhe mit hohen Absätzen trug, wurde sehr müde. Außerdem war es deprimierend, einen ganzen Nachmittag lang mit Denys zusammen — und doch auch wieder nicht mit ihm zusammen zu sein. Daß er in dieser ausgesprochen männlichen Umgebung schon eine Rolle spielte, schüchterte sie ein; seine betont lässige Kleidung — über die eine Schulter hing ein schwarzer Tuchfetzen, ein sogenannter Talar — und die nonchalante Note, die er sich zugelegt hatte, all das trug dazu bei, daß sie sich wie ein Schulmädchen vorkam.
    Aber sie war ja kein Schulmädchen mehr. Sie wußte, wie sie ihr Haar frisieren mußte, war ein paarmal auf Partys und in einer Bar gewesen, und sie benutzte Lippenstift, wobei sie sich einbildete, besonders erwachsen auszusehen, wenn sie ihn ganz dick auftrug.
    Mrs. Shannon war nicht recht damit einverstanden, daß Mary das Hotelzimmer mit Greta Daniel, einem Mädchen, das sie gar nicht kannte, teilen und den Ball unter dem Schutz eines Wesens besuchen sollte, das recht vage als bezeichnet wurde. Aber die ständigen Niederlagen, die sie in ihrer Gutmütigkeit durch Marys Eigensinn erlitten hatte, hatten sie mürbe gemacht, und so protestierte sie nur noch schwach, mehr der Form halber, zuçlçte die Achseln und meinte: «Na schön, vermutlich haben sich die Zeiten seit meiner Jugend geändert.» Das Bewußtsein, daß Tante Mavis vor Zorn kochte, weil Denys Mary und nicht Sarah eingeladen hatte, erleichterte ihr die Zustimmung.
    Mary und Greta Daniel sollten zusammen nach Oxford fahren. Sie trafen sich am Bücherkiosk der Paddington Station, jede trug als Erkennungszeichen eine Zeitung, und vom ersten Moment an konnten sie sich gegenseitig nicht ausstehen.
    Greta trug eine erstaunliche, durch nichts gerechtfertigte Selbstgefälligkeit zur Schau. Sie war unscheinbar, hatte dicke Beine, ein leidlich hübsches Gesicht mit einem nörgelnden Zug um den Mund und eine schlecht gelegte Dauerwelle. Sie war schon oft in Oxford gewesen. Sie kannte den Bahnsteig, wußte, in welchen Teil des Zuges man einsteigen mußte, kurzum, sie tat so, als besäße sie eine Dauerkarte. George Gurney — Denys’ Freund — war, wie sich herausstellte, mit ihr verlobt. Sie zeigte Mary einen ziemlich geschmacklosen, mit einigen Amethysten besetzten Ring, den sie auf dem Mittelfinger der rechten Hand trug.
    Mary wünschte, sie hätte auch einen Ring von Denys vorzuweisen. Ach, wie schön, wenn ich seiner ganz sicher wäre, flüsterte ihre innere Stimme, der sie jedoch niemals Gehör schenkte.
    «Im wievielten Jahr studiert dein Vetter?» fragte Greta.
    «Im ersten.»
    «Ach so, ja natürlich. George ist im zweiten.»
    Die Unterhaltung während der Fahrt schleppte sich mühsam dahin. Da sie die Nacht im selben Zimmer verbringen mußten — ein schrecklicher Gedanke — , versuchte Mary, sich etwas mit ihr anzufreunden, aber das war aussichtslos. An Gretas Selbstgefälligkeit, die sie wie ein Panzer umschloß, prallten alle Versuche ab. Als sie sich ihrem Bestimmungsort näherten, beobachtete Mary, wie Greta eine fast farblose Lippenpomade auf trug, und aus Trotz malte sie sich ihren eigenen Mund noch röter als sonst. Hoffentlich ist es wenigstens kein Doppelbett, dachte sie.
    Denys und George Gurney erwarteten sie auf dem Bahnhof. Von dem Augenblick an, als sich ihre Hände berührten und ineinanderverschlungen blieben, ergriff Greta mit gelassener Miene Besitz von ihrem Eigentum. Wenn das ihr

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