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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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durchgehen?» setzte Mary es durch, daß Bob ein paarmal mit ihr probierte.
    Gerade diese Szene verlangte ein besonderes Zusammenspiel beider Partner. Das Publikum mußte die Verbundenheit zwischen Vater und Tochter spüren, aber das einzige, was Mary und Bob verband, war gegenseitige Abneigung. Mary wurde von Probe zu Probe mutloser. Bob hielt es nicht für nötig, mehr zu tun, als seine Verse mit der größtmöglichen Eile und einem Minimum an Ausdruck herunterzuleiern. Seine Gebärden waren dabei ebenso flüchtig angedeutet wie der Mond, den er auf seine nicht vorhandene Leinwand malte. Mary konnte gar nicht verstehen, daß er sich nicht mehr Mühe gab, seine Leistung für die Prüfung zu vervollkommnen. Hielt er sich für so gut, oder was war der Grund? Gleichgültigkeit war es nicht, das wußte sie. Er war erpicht auf den Erfolg, und obwohl sich sein Ehrgeiz mehr auf Verehrer, Glückwunschtelegramme und Einladungen erstreckte als darauf, gut zu spielen, so besaß er doch immerhin Ehrgeiz.
    Mary hätte ihn gern nach dem Grund gefragt, aber sie traute sich nicht. Seine anerkannte Stellung in der Schule und seine Fähigkeit, unerwünschte Fragen einfach zu ignorieren, schüchterten sie ein. Eines Tages jedoch, als sie durch einen der langen, staubigen Korridore gingen, um einen leeren Probenraum zu suchen, ging ihr ein Licht auf. Sie fragte ihn, ob er wisse, wer im Prüfungsausschuß sitzen würde.
    «Alle kenne ich nicht», sagte er, während er in seinen hellen Wildlederschuhen vor ihr herschlenderte, «aber Mervyn Garstein ist jedenfalls dabei. Er ist ein Freund von meinem Alten. Ich hab neulich abend auf einer Gesellschaft mit ihm gesprochen, und ganz entre nous —» setzte er hinzu, verlangsamte seine Schritte und richtete ausnahmsweise das Wort direkt an sie: «Im Herbst geht er auf Tournee und hat mir eine Rolle versprochen, wenn ich aus dem Saftladen hier raus bin.»
    «Da kannst du ja von Glück sagen», antwortete Mary kühl. Sie war zwar von brennendem Neid erfüllt, aber entschlossen, sich von dieser Neuigkeit nicht umwerfen zu lassen.
    «Ja», sagte Robert lässig, «der ist im Kommen, der Garstein. Wird nicht mehr lange dauern, dann hat er einen großen Namen.» Kein Wunder, schien er sagen zu wollen, bei einem Mann, der Robert Darwin entdeckt hat.
    Als Mary am Morgen des Examenstages erwachte, fühlte sie bleierne Schwere in allen Gliedern, und beim Anziehen wurde ihr ganz übel. Zum Frühstück konnte sie nur eine Tasse Kaffee trinken. Zum Glück lag Onkel Geoffrey, der seine Arbeit im Filmstudio erst später aufnehmen sollte, noch im Bett, so daß er keine Bemerkungen über ihr blasses Aussehen und ihr verzweifeltes Schweigen machen konnte. Ihre Mutter war in einen Stoß neuer Modezeitschriften vertieft, und als Mary sie beim Hinausgehen auf die Stirn küßte, sagte sie nur: «Viel Glück, mein Schatz. Ich kann’s gar nicht erwarten, dich zu sehen. Ich weiß, du wirst es großartig machen.»
    Aus purem Masochismus setzte Mary einen Hut auf, der ihr nicht stand, schnitt vor dem Spiegel eine Grimasse, warf die Haustür hinter sich zu und fühlte sich vom Schicksal mit unwiderstehlicher Gewalt der Verwirklichung ihrer Angstträume entgegengetrieben.
    Am Vormittag hielt Rocky eine kurze Generalprobe aller Szenen ab. war von Miß Gould für Mary vorgeschrieben worden. Mrs. Shannon hatte daraufhin, wenn auch mit hochgezogenen Augenbrauen, ein kurzes, kindliches Gewand aus blauem Leinen aufgetrieben, und Mary hatte es gekauft, ohne zu merken, daß es schon knitterte, wenn man es nur ansah. Sie befestigte eine kleine Schleife in ihrem Haar, und ohne sich viel Hoffnungen zu machen, erschien sie vor Rocky, der sie fragte, ob sie sich für ein Wunschkind oder so was ähnliches halte.
    «Und wenn ich mir einen Vorschlag erlauben darf», fügte er betont höflich hinzu, was besagte, daß er müde, abgespannt und durchaus nicht zu schmeichelhaften Bemerkungen aufgelegt war: «Wie wäre es mit Gummisohlen? Ihr Auftritt würde dann vielleicht etwas weniger — sagen wir — ohrenbetäubend sein.»
    «Turnschuhe?» fragte Mary.
    «Ich sagte Gummisohlen, nicht wahr? Was für Angaben wünschen Sie noch? Muß ich Ihnen auch noch sagen, was für Unterwäsche Sie anziehen, was für ein Make-up Sie auflegen und wie Sie sich Ihr Haar kämmen sollen?» er redete sich in Wut und endete hüstelnd mit einem verächtlichen «Pah».
    «Na, los, fangen Sie schon an», stieß er mühsam

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