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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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hervor.
    Bob sah unverschämt gut aus in seinen Flanellhosen, dem dunkelblauen Blazer und einem offenen, blauen Hemd, in dem sein wohlgeformter Hals besonders zur Geltung kam. Am Nachmittag mußte er sich auf alt schminken und seine braunen Haare grau pudern, aber im Augenblick sah er noch wie der junge Byron aus, und Rocky, der ihn wohlgefällig betrachtete, ließ Marys Spiel ohne Kritik über sich ergehen.
    «Wie war ich, Angela?» erkundigte Mary sich ängstlich.
    «Ganz famos», entgegnete Angela kühn, aber das half nichts. Mary machte sich keine Illusionen, und ihr war immer noch hundeelend.
    Der Nachmittag rückte näher, düster wie eine Gewitterwolke.
    Überall herrschte eine Atmosphäre nervöser Spannung. Die Lehrer waren in einer , rannten herum und wollten so viel auf einmal erledigen, daß sie gar nichts zuwege brachten. Die männlichen Schüler, sogar Armstrong, der sich mit einem Glas Limonade Mut antrank, beschlossen, «auszugehen und sich vollaufen zu lassen, sobald der Zirkus hier vorbei ist». Die Mädchen benahmen sich auf der Suche nach einer Rolle schwarzen Nähgarns so, als ob ihr Leben davon abhinge.
    Das Essen in dem kleinen Restaurant kam Mary noch unappetitlicher vor als sonst, und sie aß kaum etwas zum Mittag. Dafür trank sie drei Tassen schwarzen Kaffee, sozusagen als sichtbaren Beweis dafür, daß sie nur noch ein Nervenbündel war. Dann gingen Angela und sie in die Garderobe und erkämpften sich einen Platz auf einer der langen Bänke vor den grell beleuchteten Spiegeln. Auf einem Programmzettel, der an der Wand hing, sah Mary, daß die Szene aus fast am Schluß stand. Sie hatte gehofft, möglichst früh dranzukommen, dann hätte sie sich abschminken und irgendwo hinten in den Theatersaal schlüpfen können, um zuzusehen, wie sich die anderen lächerlich machten. Bis sie an die Reihe kam, würden die Kritiker müde und lustlos und sie selbst durch das stundenlange Warten zermürbt sein. Bob, erschöpft durch einen vorangegangenen leidenschaftlichen Auftritt in , würde zum Ausgleich dafür seine Rolle in ihrer Szene ohne jedes Interesse herunterspielen.
    Angelas Szene stand an dritter Stelle auf dem Zettel, und deshalb verließ Mary die Garderobe, in der es geradezu chaotisch zuging. Die einen suchten die passenden Schminkstifte, die anderen jemand, der ihnen bei den Kostümen half. Mary stahl sich in die letzte Reihe des Zuschauerraumes, vorbei an dem verträumten Blick von Miß Yule, der Lehrerin für Sprechtechnik, die sich an der Tür aufgestellt hatte, um so etwas gerade zu verhindern.
    Nach der ersten Szene — Edna Barrow und einige andere hatten in edlen Gefühlen geschwelgt — sah Mary sich nach ihrer Mutter und Onkel Geoffrey um, aber die schienen noch nicht da zu sein. Hätte sie ihren Auftritt doch bloß schon hinter sich, ehe sie kamen. Sie entdeckte Mr. und Mrs. Shaw. Er thronte breit und schwer auf einem viel zu kleinen Stuhl in der zweiten Reihe, während sie mit zierlicher Geste ein Spitzentüchlein vor den Mund hielt, als wolle sie sich vor herumschwirrenden Bazillen schützen. Jetzt hörte Mary eine vertraute Stimme draußen vor der Tür und versteckte sich hinter dem breiten Rücken irgendeines Vaters, damit ihre Mutter, wenn sie hereinkam, sie nicht mit lauten Zurufen begrüßte. Mary freute sich, daß ihre Mutter besonders elegant aussah. Onkel Geoffrey trug eine dezente Krawatte und eine Nelke im Knopfloch. Hoffentlich, dachte Mary, haben die Leute seine Filme gesehen und erkennen ihn wieder. Obwohl seine Rollen nur klein waren, war er doch darin sehr aufgefallen. Als sie in der Schauspielschule mit ihm geprahlt hatte, hatte sie damit einen großen Erfolg erzielt — den einzigen bisher.
    Es gab einen kleinen Aufruhr, als Mr. Shaw Mrs. Shannon entdeckte und sie lautstark aufforderte, neben ihm Platz zu nehmen. Rocky drehte sich wütend um, und Mary fühlte sich an die Abschlußfeier in St. Martin’s erinnert. Onkel Geoffrey setzte sich neben Mrs. Shaw, die sich noch immer ihr Taschentuch vor den Mund hielt.
    Als sich der Vorhang zu Angelas Szene hob, war Mary erst nervös, dann voller Bewunderung und zum Schluß ganz einfach neidisch. Angela sah bezaubernd aus, ihr Spiel war ergreifend und dann wieder von echter Fröhlichkeit erfüllt. Und das bei einem Partner wie Jordan Holmes, der ein wenig schielte und ein kümmerliches schwarzes Schnurrbärtchen trug. Am Schluß der Szene gab es viel

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