Marie + Leo = Liebe (German Edition)
aber
im gleichen Atemzug, dass er natürlich mit dem Sofa vorliebnehmen würde.
Marie nickte bloß. Was sollte
das? Sie hatten schon so oft im selben Bett geschlafen. Was hatte sich
geändert, dass Leo es nicht mehr ertragen konnte, neben ihr zu liegen?
Leo nickte und lächelte.
Wenn man ihn nicht gut kannte, und so war es bei Oma Irmi, dann könnte man
glatt meinen, dass ihn die Geschichte, die er gerade hörte, wirklich
interessierte. In der Tat hatte Leo Oma Irmis herzerfrischende
Begegnung mit dem stattlichen Amerikaner kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs
recht interessant gefunden. Jedenfalls als sie sie zum ersten Mal erzählt
hatte.
Nach dem fünften Durchgang musste Leo jedoch feststellen, dass das Ganze
eine in höchstem Maße ermüdende Komponente hatte, die immer mehr zutage trat.
Marie lächelte vor sich hin und wandte sich wieder ihrem Cousin zu, der
gerade das neueste Ultraschallbild von Vanessa präsentierte.
Vanessa sollte nächsten Monat auf die Welt kommen und schien ein sehr
properes Kind zu werden. Hätte Marie es nicht besser gewusst, hätte sie das werdende
Leben für einen Buckelwal gehalten.
„Hauptsache, sie ist gesund“, wich sie aus und nahm noch einen Schluck
Bowle.
Als sie das nächste Mal zu der Ecke des Tischs blickte, an der Oma Irmi Leo
noch immer in Beschlag nahm, verschluckte sie sich beinahe an ihrer Bratwurst.
Oma Irmi, die im Altersheim immer so harmlos tat, ging ordentlich mit Leo
auf Tuchfühlung. Begeisterungsrufe ausstoßend befühlte sie gerade sein Sixpack . Zu diesem Zweck hatte sie offenbar sogar sein Hemd
aufgeknöpft.
Leo, der sich sichtlich unwohl fühlte, suchte sie abzuwehren, scheiterte
jedoch kläglich. Um Oma Irmi loszuwerden, hätte er schon rohe Gewalt anwenden
müssen.
Keiner der Verwandten kam ihm zu Hilfe. Die Anwesenden spalteten sich
vielmehr in zwei Lager: Die Männer, die froh waren, von Oma Irmi verschont zu
bleiben. Und die Frauen, die Oma Irmi zwar beneideten, aber auch nicht genug
Dreistigkeit aufbrachten, um es ihr gleichzutun.
Maries und Leos Blicke kreuzten sich.
Sie unterdrückte das Lachen, das sich in ihr breitmachte, und bemühte sich
um mitleidvolle Mimik.
Noch ein Blick von ihm.
Na gut.
Umständlich, um möglichst viel Zeit verstreichen zu lassen, stand Marie auf
und schlenderte auf ihn zu.
„So, Oma“, feixte sie und führte Oma Irmis Hände zurück
zu deren Essbesteck und begann Leos Hemd wieder zuzuknöpfen. „Denk immer schön
an Herrn Werner. Dem ist es bestimmt nicht recht, wenn du einfach an anderen Männern
herumfingerst, nicht wahr?“
Auf dem Gesicht ihrer Großmutter machte sich Missstimmung breit.
Aber Marie blieb dabei: Oma Irmis neuer Mitbewohner
im Altersheim aus dem Zimmer gegenüber hatte nicht verdient, dass sie sich an
einem anderen zu schaffen machte.
Außerdem war sie Leo das schuldig. Er hatte ein Metallica -Konzert
sausen lassen, nur um sie zu der Grillparty anlässlich des 90. Geburtstags
ihrer Oma begleiten zu können. Natürlich hatte sie sein Angebot erst abgelehnt,
aber irgendwann hatte sie aus Verzweiflung nachgegeben.
Es ging einfach nicht in die Köpfe ihrer Verwandtschaft, dass eine
25jährige Frau noch nicht in festen Händen war. Da die meisten von ihnen
ohnehin davon ausgingen, dass zwischen Leo und ihr etwas lief, war es mehr als
naheliegend, ihn als Alibi mitzubringen.
Dafür hatte sie ihm versprechen müssen, ihn mit Daniela bekannt zu machen,
der Neuen aus ihrer Volleyballmannschaft. Säuerlich hatte Marie dem Deal
letztendlich zugestimmt. Was war ihr schon anderes übriggeblieben?
Jetzt musste sie jedoch sagen: das war´s wert gewesen.
Als ob nicht alles schon
schlimm genug gewesen wäre, hatte Hanno am nächsten Morgen furchtbare Laune.
Das war oft so, aber bisher war
Marie nie daran schuld gewesen.
Marie saß mit dem Rücken zu
seinem Büro und spürte seine bösen Blicke wie Nadelstiche im Rücken.
Sie wunderte sich, dass sich ob
der frostigen Atmosphäre noch keine Eisschollen in ihrem Kaffeebecher gebildet
hatten.
Es kostete sie viel Mühe, so zu
tun als wäre nichts.
Sie hatte sich doch
entschuldigt, viermal sogar. Aber seine Reaktion war jedes Mal aggressiver
ausgefallen als vorher. Nachdem er beim letzten Mal beinahe seinen Bonsai nach
ihr geworfen hätte, hielt sie sich so gut es ging von seinem Büro fern.
Das Problem daran, dass er
genau hinter ihrem Schreibtisch saß, war, dass ihm zwangsläufig die gähnende
Leere,
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