Marie + Leo = Liebe (German Edition)
Idee, all ihre Schminksachen bei ihm zu verstauen.
Hanno verließ die Redaktion
wegen eines Arzttermins sehr früh. Er hatte mindestens einmal wöchentlich einen
Termin, dabei variierten die Ärzte.
Sehr zu seinem Leidwesen
diagnostizierten sie alle dasselbe: „Keine Sorge, Herr Frisch, Sie sind
kerngesund. Alles in bester Ordnung.“
Gar nichts war in Ordnung.
Irgendeine Krankheit musste er doch haben!
Einmal hatte sein Hausarzt ihm
aus Mitleid einen zu niedrigen Blutdruck attestiert. Leider hatte er ihm weder
einen mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt nahegelegt noch Medikamente mit
lebensbedrohlichen Nebenwirkungen verschrieben.
Dass Hanno nicht ins
Krankenhaus sollte, konnte auch daran liegen, dass die Mitarbeiter sämtlicher Kliniken
im Umkreis Bittbriefe an Dr. Thomas verschickt hatten, damit dieser Herrn Frisch
nur noch in äußersten Notfällen zu ihnen schickte und dann auch nur, wenn er
vorher selbst alles versucht hatte.
Hanno war ein eher unangenehmer,
weil uneinsichtiger Patient. Er wollte einfach nicht einsehen, dass es ihm
eigentlich gutging.
Nachdem Hanno sich knapp
verabschiedet hatte, konnte Marie sich endlich an die Arbeit machen. Er hatte
sie mit seinem missbilligenden Starren ganz verrückt gemacht.
Sie arbeitete den Stapel mit
uninteressanten Meldungen ab. Die Notiz über ein Paar, das Diamantene Hochzeit
feierte, hatte sie sich bis zum Schluss aufgehoben, weil sie schon geahnt
hatte, dass sie das nicht ohne Tränen überstehen würde.
Und richtig, beim Telefonat mit
der ebenfalls hörbar bewegten Tochter hatte sie sich noch zusammenreißen
können. Als sie sich dann aber ans Schreiben machte, konnte sie nicht mehr an
sich halten und brach in Schluchzen aus.
Das brachte ihr einen pikierten
Seitenblick von Theresa ein, die sich gedanklich noch immer nicht vom Wochenende
erholt hatte.
Nach einigen Minuten bot Jens
an, die Meldung für sie zu Ende zu bringen. Er hatte noch einen wichtigen
Bericht zu schreiben und so konnte er nicht arbeiten.
Marie nahm sein Angebot dankend
an. Jens konnte sich ruhig auch einmal mit solchen Themen herumschlagen.
Schließlich bekam er immer die
Aufmacher zugeteilt, die Storys, über die jeder in der Stadt sprach, manchmal
noch Tage nach ihrer Veröffentlichung.
Am ungerechtesten daran war
Jens´ radikales Desinteresse. Es grenzte an ein Wunder, dass er sich überhaupt
täglich dazu aufraffen konnte, an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen.
Trotzdem mochte Marie ihn. Er
war furchtbar witzig und für seinen pechschwarzen Humor im ganzen Verlag
bekannt. Dazu kokettierte er mit seinem aufgesetzten holländischen Akzent.
Dass er aufgesetzt war, daran
bestand kein Zweifel. Jens war nicht nur in Deutschland als Sohn einer
Deutschen und eines Niederländers geboren, er schaffte es wundersamerweise auch, fehlerfreie Zeitungsartikel zu verfassen
Obwohl ihm klar war, dass seine Kollegen das
alles genau wussten, wies er sie gern auf seine Herkunft hin und genoss es
geradezu, sich am Telefon mit seinem Nachnamen van Spreuwen zu melden.
Marie trat in die eiskalte
Januarluft. Sie war zwar mit Daunenjacke, Mütze, Schal und Handschuhen bekleidet,
hatte aber trotzdem nach wenigen Sekunden das Gefühl, nackt am Nordpol zu
stehen.
Bibbernd überlegte sie, wohin sie gehen sollte. Am einfachsten
wäre es gewesen, gleich zu Leo zu gehen.
Aber früher oder später musste
sie schließlich doch in ihre eigene Wohnung zurück. Ganz ohne Aufforderung
würde Lars sich bestimmt nicht vom Acker machen.
Dass das notwendig war, davon
hatte sie sich selbst in den letzten Stunden wiederholt überzeugt. Er war nicht
nur fremdgegangen, ihre Beziehung war nie ausgewogen gewesen.
Marie opferte sich für andere
auf, egal, ob sie es ihr dankten oder nicht. Lars tat es nicht, das wusste sie.
Hatte es eigentlich schon
längst gewusst und nicht wahrhaben wollen. Obwohl Leo sie mehrfach darauf hingewiesen
hatte.
Er hatte ihr sogar angeboten,
an ihrer Stelle mit ihm Schluss zu machen. Wäre ja nicht das erste Mal gewesen.
Marie spielte mit den Fransen des Dekokissens auf
ihrer Fensterbank, in das sie sich zu Beginn des Gesprächs gekuschelt hatte.
Leo hockte im Schneidersitz auf ihrem Bett. Er sah sie zwar an, aber konnte
ihr offensichtlich nicht folgen.
„Wo ist denn jetzt das Problem?“, fragte er.
Marie seufzte.
„Das Problem ist“, hob sie an, „dass er mir leid tut. Ich kann einfach
nicht mit ihm Schluss machen, wenn er mich so
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