Marienplatz de Compostela (German Edition)
wackelte und sah verlegen zu Boden. »Keinen guten. Ich brühe selbst. So eine moderne Kaffeemaschine zieht zu viel Strom. Aber mit Milch und Zucker …«
»Na also.« Sie wies mit der Hand zur Eisentür, die halb offen stand und er ging voraus. Sie fühlte ihrem rechten Bein nach und hatte die Bewegung aus dem Schießkeller präsent, ohne sie bewusst erinnern zu müssen: in die Hocke gehen, Waffe ziehen, seitlich fallen, schießen, zwei Mal, Augen offen halten, stabilisieren, Ziel erfassen, schießen, beobachten, stabilisieren.
Im Vorraum brannte eine blanke Glühbirne, deren Licht das leuchtende Rot der Ziegelwand herausarbeitete. Der Typ ging voran und öffnete eine weitere Eisentür.
Eisen, Eisen, Eisen, dachte Lara Saiter. Ein Wunder, dass sie damals die Wände aus Ziegel errichtet haben.
Sie folgte in den nächsten Raum. Kahle, diesmal verputzte Wände links und rechts. Vor ihr erhob sich eine hohe Wand. Seltsam. Eigentlich musste sie sich doch schon in der Fabrikhalle befinden. Hinter ihr kratzte etwas Metallisches über den Boden. Sie drehte sich herum. Zwei Metallwände schlossen sich. Sie sah eine Sekunde zu lang wie fasziniert auf die schweren Eisenplatten, die sich aufeinanderzubewegten. Keine Möglichkeit noch durch den enger werdenden Spalt zu gelangen. Mit einem lauten Knall stießen die dicken Platten aufeinander. Peng.
Schlagartig lief die Bewegung in ihr ab: Drehen, in die Hocke, ziehen …. wo war der Kerl? Es war schlagartig finster geworden in der Kammer. Sie blieb regungslos am Boden liegen, den Colt im Anschlag. Panik kroch aus allen Poren – und giftiger, ätzender Ärger. Sie hätte schreien, stöhnen, jammern und toben wollen. Gefangen.
Wo war sie hier gelandet?
Sie wartete, verschluckte den Drang zu schreien, bekämpfte den Reflex nach Handlung, nach Aktion, und zwang sich stattdessen zu warten. So lange, bis ihr Puls durch langes konzentriertes Ausatmen besänftigt war, sie ihren ganzen Körper spürte, wieder klare Gedanken fassen konnte und ihre Augen in der stockfinsteren Umgebung Schatten voneinander unterscheiden konnten. Hören konnte sie noch nichts. In ihren Ohren dröhnte, rauschte und pulste ein wilder Bach mit Stromschnellen, Wasserfällen und Strudeln. Die Übelkeit musste zurückgedrängt werden, erste Regel: den Speichel schlucken, nicht ausspucken – auch wenn es schwerfiel.
Der Kerl war aus dem Raum verschwunden, das war sicher. An der Wand gegenüber musste noch ein Auslass vorhanden sein. Vorsichtig stand sie auf und ging geduckt in die Richtung, wo sie ihn zuletzt gesehen hatte. Eisen. Sie fühlte raues Metall. Vorsichtig fuhren ihre Hände über die Flächen, bis sie einen Spalt ertasteten. Kein Licht drang hindurch. Das Ende des Spaltes konnte sie nicht erfühlen. Er verlief weit nach oben. Sie wechselte auf Brusthöhe zu den Seiten. Rechts entdeckte sie die Scharniere. Eine mächtige Eisentür, eher ein Tor. Wie hatte er es öffnen und schließen können, so schnell und leise? Vertrackt.
Als sie den Raum vollständig erfasst hatte, wählte sie die Ecke jenseits der Eisentür und hockte sich dorthin. Ecken gaben ein Gefühl von Sicherheit.
Wie lange würde es dauern, bis die anderen sie vermissten?
*
»Von Schlaf kann keine Rede sein«, stöhnte Bucher und eilte den Gang entlang. Es dauerte, bis seine Gelenke etwas gefügiger wurden. »Da machen die Gesetze und Verordnungen, tausend Regelungen über verbotene Vernehmungsmethoden – die sollten sich mal eine Nacht auf so eine Zellenmatratze legen, Mann! Die blanke Folter!«
Zenner ging neben ihm her. Er hatte auf einer Pritsche geschlafen und fühlte auch das Unbehagen in seinen Knochen. »Ihr habt wenigstens anständige Duschen! Da kann man nicht umfallen vor lauter Enge, wenn man drinnen bewusstlos wird, weil einem die Moose und Flechten den letzten Atem rauben.«
Bucher lachte kurz auf. »Ich glaube einmal im Jahr wird da ne Dose Domestos reingekippt, das muss dann halten.«
Zenner berichtete. »Alex und Armin haben sich gemeldet. Sie warten schon vor der Firma.
Was machen wir so lange? Es macht ja keinen Sinn auch dorthin zu fahren.«
»Frühstücken«, sagte Bucher und steuerte die Kantine auf umständlichem Weg über sein Büro an. Der Blick auf das Telefondisplay und sein Handy hatte ihm nichts angezeigt. Kein Anruf von Lara. Auch bei den anderen war kein Anruf, keine SMS , nichts aufgelaufen. »Brauch schon kein Frühstück mehr«, brummte er.
Sie saßen bei einer Tasse Kaffee in der
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