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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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hockt immer nur vor seinen Computern und konstruiert, was weiß ich nicht alles. Er geht nicht weg, macht keinen Urlaub, hat keinen Umgang mit Menschen, ist allein …«
    Lara Saiter lächelte sanft und dachte: Er wird es auch noch lange bleiben, mit seiner grünen Karre und diesem kartäuserhaften Verhalten. Vielleicht hat er ja ein Schweigegelübde abgelegt. Sie fühlte einen ihr unbekannten Ärger darüber, dass er so gar nicht mit ihr sprach. So sehr konnte sie ihn nun auch nicht erschreckt haben mit ihrem Morgengruß, außerdem hatte sie angezogen und hergerichtet im Fenster gestanden. Wenn er eine halbe Stunde vorher gekommen wäre, nun gut, das hätte sie vielleicht verstehen können, oder wenn sie ihn, was ihr kurz durch den Kopf gegangen war, mit den Worten Hallo, ich bin die Geliebte Ihres Onkels, wir werden uns nun öfter sehen empfangen hätte.
    Ein böser weiblicher Reflex nahm Besitz von ihr. Sie stützte beide Ellbogen am Tisch auf, ließ den Oberkörper zwischen die Schultern fallen, hielt die Tasse mit beiden Händen vor ihre Lippen, von denen sie wusste, dass sie schön waren, und fragte ihn mit großen Augen: »Was konstruieren sie denn so?«
    Derartige Szenen hatte sie in manchen Filmen gesehen; in französischen Streifen wurden derartige Schnitte in unvergleichlicher Meisterschaft zelebriert. Fanny Ardant, Audrey Tatou oder Juliette Binoche brachten das auf wunderbare Weise hin. Sie war darin auch nicht schlecht und zauberte eine unschuldig bedauernde Miene auf ihr Gesicht, als er sich beim Versuch zu antworten am Kaffee verschluckte und nach überstandenem Erstickungsanfall mit zittriger Stimme etwas von Dächern und Brücken und Kuppeln, von Gewichten, Statik und Tragfähigkeit sprach.
    »Klingt ja interessant«, log sie und deutete über ihre Schulter, hinaus in den Park, wo der Omega stand, »scheint nicht so gut zu laufen mit den Konstruktionen?«
    Er hustete noch ein paar Mal und fragte dann: »Das Auto?«
    »Auto? Ich meine den Opel.«
    »Ich mag ihn.«
    Das gefiel ihr. Dieses Schnörkellose, dieser Verzicht auf umständliche Rechtfertigungen und Erklärungen warum und weshalb und weswegen etwas anderes nicht. Sie strahlte kurz auf und hielt dann ihre Uhr ins Blickfeld. Es war halb sieben durch. Zeit zu gehen. Doch etwas fesselte sie an den Stuhl und machte es ihr schwer diesen Ort zu verlassen. Sehr schwer.
    Als sie schließlich doch aufstand, erhob sich Laurenz Bohden ebenfalls; so wie es sich für einen Gentleman gehörte.
    »Begleite Frau Saiter doch zum Auto, Maximilian. Ich würde das gerne übernehmen, aber mein Bein will heute schon wieder so gar nicht mehr. Gestern ging es besser.« Er ergriff über den Tisch hinweg ihre Hand, deutete einen Handkuss an und sprach eine Einladung aus, die sie stumm machte. »Ihre Anwesenheit und die Gespräche mit Ihnen haben mir gutgetan. Wenn Ihnen also wieder einmal danach ist, im Teich zu schwimmen, dann kommen Sie doch bitte vorbei. Ich freue mich jetzt schon auf Ihren Besuch. Und der Weinkeller ist auch gut gefüllt, wie Sie sich vorstellen können.«
    Ihr kam etwas Belangloses über die Lippen.
    Draußen ging sie am Opel Omega vorbei und ließ sanft ihre Hand über den rauen Lack gleiten, von der Front, über die Windschutzscheibe bis zum Heck. Maximilian ging hinter ihr.
    »Rein gesellschaftstechnisch eine Katastrophe, dieser Kasten. Er vermittelt nicht annähernd einen Wert, der in dieser Gesellschaft noch als erstrebenswert gilt«, sagte sie und drehte sich um, »kam denn gar nichts anderes in Betracht? Ich mag kleine, schnelle Flitzer.«
    Er strich mit den Fingerrücken zärtlich über das Dach. »Ich wollte ja so eine Superkarre kaufen und war schon kurz davor. Während der Vertrag zur Unterschrift vorbereitet wurde, hing ich am Internetrechner im Autohaus herum. Auf Facebook stieß ich auf einen dieser grausigen Sinnsprüche, die einen im Internet überall und ständig belästigen: be italic, or bold – never regular . Ich fand das ätzend – ständig dieser Zeigefinger, doch ja etwas Besonderes sein zu müssen … dabei ist es ja gerade umgekehrt: Die Italics und Bolds sind die Regulars. Ich bin einfach gegangen. Draußen in Freimann bin ich dann an das Schiff hier geraten. Fünfzehnhundert Euro! Und er hat Kopfstützen und Sicherheitsgurt und ist zuverlässig. Ist das kein Wert mehr in dieser Gesellschaft – Zuverlässigkeit?«
    »Zuverlässigkeit. Soso. Würde mich interessieren, wie es sich anfühlt da drinnen, mit

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