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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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entstehen erst gar nicht.«
    »Gab es denn zwischenmenschliche Probleme, die dadurch gelöst wurden?«, wollte Hartmann wissen.
    Erstmals ließ sich Buntzl hören. Mit süffisantem Grinsen lispelte er: »Unsere Frau Gnotze hat gewisse Schwierigkeiten das Miteinander betreffend. Sie ist hier gut aufgehoben.«
    Hartmann war von der Antwort überrascht. Mit einer so offen dargestellten Häme hatte er nicht gerechnet. »Kam es auch zu Konflikten zwischen Frau Gnotze und Frau Blohm?«
    »Natürlich«, Siebl antwortete schnell, um Buntzl aus dem Gespräch zu nehmen.
    Der meldete sich anschließend in anzüglicher Weise: »Wobei das gewiss nicht an Frau Blohm gelegen hat. Mit Frau Gnotze hat jeder Konflikte.«
    Siebl strafte ihn mit einem zurechtweisenden Blick aus den Augenwinkeln.
    Batthuber nutzte die Unterbrechung, fragte nach der Toilette und verließ den Raum.
    Hartmann ignorierte es und fragte: »Waren die Konflikte mit Frau Gnotze der Grund für …«
    Siebl unterbrach ihn. »Nein, nein, Frau Blohm hatte auch Probleme mit unserer Organisationsform als solcher, mit unserer strategischen Ausrichtung … und so war es bald deutlich, dass wir getrennte Wege gehen würden. Das geschah auch einvernehmlich.«
    »Strategische Ausrichtung?«, fragte Hartmann.
    »Wir sind eine gemeinnützige GmbH und planen langfristig. Das ist hinsichtlich unserer Finanzierung aus verschiedenen Förderbereichen erforderlich. Wir waren mit Frau Blohm unterschiedlicher Auffassung in wesentlichen konzeptionellen Bereichen«, er sah Hartmann unglücklich an, wie ein Lehrer, der nicht weiß, wie er ein im Grunde einfaches Wissen einem unverständigen Schüler vermitteln sollte. »Sehen Sie, Frau Blohm kam aus dem Führungsbereich einer Privatbank und war da sehr erfolgreich gewesen. Aus welchem Grund auch immer hat sie sich zu einem Wechsel in den sozialen Bereich entschieden und in unseren Strukturen existieren andere Abhängigkeiten, sind andere Methoden erforderlich, und diese unterschiedliche Welt des Herangehens hat ihr Probleme bereitet. So etwas geschieht nun mal und sicher finden Sie in Ihrem Umfeld ähnliche Beispiele.«
    Hartmann nickte und verzichtete darauf konkretere Angaben darüber zu verlangen, welche Methoden und Abhängigkeiten Siebl meinte. Seine Fragen dienten auch mehr dem Zweck, zu beobachten, wie sich die beiden Kerle verhielten. Siebl verbarg hinter der aufgesetzten Souveränität höchste Aufmerksamkeit und Konzentration und versuchte Hartmann zu hindern, mit seinen Fragen tiefer in die Materie ihres Arbeitsumfeldes einzudringen. Buntzl übernahm die Funktion des Beobachters, darauf beschränkt, die eine oder andere Bemerkung fallen zu lassen. Beide waren sich trotz einzelner Irritationen einig, das spürte Hartmann, aber sie waren einander nicht grün. Es existierte also ein gemeinsames Interesse, das sie zu Verbündeten machte. Keiner fragte nach dem Schicksal von Anne Blohm, nach ihren Angehörigen. Kein Wort des Bedauerns, nicht einmal routinierte Betroffenheit. Und das in der Zentrale einer Betroffenheitsfabrik.
    Hartmann entschied sich für eine Provokation. »Mhm, gemeinnützige GmbH … wo liegt da der Schwerpunkt?«
    »Das hatte ich Ihnen schon erläutert«, sagte Siebl distanziert und streng.
    »Ja, sicher – ich meinte, ob der Schwerpunkt auf gemein oder auf nützig liegt?«
    Noch bevor einer der beiden etwas erwidern konnte, lachte Hartmann laut auf. »Ha! Sie verstehen schon – kleines Späßle, gell.«
    Er ließ einen dunklen Zug über sein Gesicht gleiten und legte sofort eine Frage nach. »Hat Frau Blohm von ihrer Reise erzählt … vielleicht von Leuten, die sie treffen wollte, mit denen sie etwas plante?«
    Siebl überlegte nicht lange. »Nein, also ich weiß da nichts davon.«
    Buntzl sagte gar nichts, zog nur die Schultern hoch und wölbte die Lippen.
    »Wo hatte Frau Blohm denn ihr Büro?«
    »Frau Gnotze hat es inzwischen.«
    »Ach ja. Mhm. War das ein Aufstieg für Frau Gnotze, der Weggang von Frau Blohm?«
    Siebl stöhnte und wiegte den Kopf. »Bitte, vergessen Sie Frau Gnotze … und, nein, es war kein Aufstieg für sie.«
    Buntzl hakte grinsend ein. »Aber sie empfindet es natürlich so, unsere Frau Gnotze.«
    Hartmann kam im Moment nicht weiter. Er stand auf, verbreitete eine aufgeräumte Stimmung und ließ den Blick über die Wände gleiten, wo die üblichen expressionistischen Kunstdrucke eine Aura verbreiten sollten – nur welche? Er fragte sich, ob es im Sinne von Kandinsky

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