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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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diese freundliche Leichtigkeit. Den anderen beiden, Buntzl und Gnotze, war sie auf den ersten Blick unsympathisch gewesen, noch viel ärger, als er es erwartete hatte. Ihre Intelligenz, ihr Selbstbewusstsein und die ihr gegebene natürliche Autorität waren sofort als die Eigenschaften einer Konkurrentin aufgefallen. Und – sie stammte aus einer alten Münchner Familie, hatte Umgangsformen.
    Siebl hatte sie eigentlich gemocht, mehr als ihm gelegen gewesen war. Trotz ihrer Hingabe an ihren Beruf, ihren Altruismus, der ihn bisweilen abgestoßen hatte. Leiden mochte er sie – und mehr –, aber nur bis zu dem Augenblick, in welchem er erkannte, mit welcher Selbstverständlichkeit sie die Zügel in die Hand nahm und von Doktor Schott immer häufiger zu strategischen Entscheidungen hinzugezogen wurde. Ab diesem Zeitpunkt hatte er Frau Gnotze von der Leine gelassen und sie leistete gute Arbeit. Ein braves Mädchen als grausame Dame.
    Er kontrollierte, ob die Bürotür korrekt geschlossen war. Dann trat er ans Fenster und holte sein Handy hervor. Manche Gespräche führte er niemals über das Diensttelefon. Er traute diesen Telefonanlagen nicht und der Rothaarigen schon gar nicht. Es dauerte lange, bis das Gespräch angenommen wurde. Währenddessen wurde ihm ein lastender Schatten fühlbar, der sich auf sein Gemüt legte. Die Ahnung eines Unheils, das schon in seiner Welt war.
    Solange die Polizisten dagewesen waren, hatte er sich darauf konzentrieren müssen, einen abgeklärten Eindruck zu hinterlassen. Jetzt rasten seine Gedanken und er bemerkte, wie sein Gaumen trocken wurde. Seine Stimme klang rau und böse und obwohl er unterdrückt sprach, klang es wie geschrien: »Wo bist du?!«
    Als nicht sofort eine Antwort kam, presste er die Frage nochmals hervor. Speichel flog von seinen Lippen. »Wo bist du!?«
    In Befehlston hackte er jedes einzelne Wort betonend heraus: »Du … kommst … heute … Abend … nach … Hause! … Nein! … du kommst nach Hause, oder ich hole dich, ja ich werde dich holen … duuu … !«, er unterbrach seinen Redefluss, der ihn geradewegs in einen Wutanfall steuerte und nahm das Handy vom Ohr, hielt es von sich weg, als bekäme er damit Abstand zu der Person, mit der er verbunden war. Er atmete seine Wut aus und schloss die Augen dabei. Seine Brust schmerzte. »… die Polizei war hier … ja hier bei mir. Anne Blohm ist weg … verschwunden …« Er lauschte in den Hörer in Erwartung einer Reaktion. Die Gedanken gerieten ihm durcheinander, er redete nur noch, formulierte nicht mehr: »Sie ist verschwunden … warst du … ich werde dich nicht mehr schützen … hör mir zu! … warst du …? Jetzt quatsche nicht ständig dazwischen … ich sage dir, wenn …« Seine Stimme changierte zwischen dem Ausdruck von Verzweiflung und Drohung. Er drehte den Kopf zur Tür, dann wieder zum Fenster. Eine S-Bahn brachte Menschen zum Flughafen, glückliche Menschen. »Ich warne dich … ich warne dich … duuuu!« Das letzte Wort hatte er lange und drohend ausklingen lassen, bevor er zornig das Gespräch wegdrückte. Sein Atem ging heftig. Draußen, vor den Fenstern, war es Sommer. Die Baumspitzen wiegten sanft in einer lauen Brise.
    Die Stimme Buntzls erschreckte ihn. Als er sich umdrehte, stand er in der halb geöffneten Tür.
    Siebl suchte nach Beherrschung und verzichtete darauf ihn anzusprechen. Mit einem arroganten Heben des Kopfes forderte er ihn auf zu reden.
    Buntzl ließ ein kurzes Grinsen über sein Gesicht laufen, bevor er beflissen meldete, die Polizisten hätten das Gebäude verlassen.
    Siebl musste lauter schnaufen, als er es hätte hören lassen wollen, bewegte sich zu seinem Schreibtisch und entließ Buntzl mit einer generösen Handbewegung. Der zog sich zurück, nicht ohne noch eine Frage zu stellen, bevor er die Türe schloss: »Wie geht es eigentlich Ihrem Sohn, Herr Siebl? Habe ihn schon lange nicht mehr gesehen.«
    Siebl nickte gedankenverloren, ohne etwas zu sagen oder den Blick in Richtung Tür zu wenden. Erst als er hörte, wie das Schloss klackte, warf er einen aufgebrachten Blick in diese Richtung.
    Was hatte dieser widerliche Kerl mitbekommen?
    *
    Immer noch stehend ergriff er den Telefonhörer und drückte eine Wahltaste.
    Die Leitung wurde sofort unterbrochen. Siebl stöhnte genervt und wählte mit der Hand. Er wartete. »Ja, hier Siebl, kann ich bitte Doktor Schott sprechen, es ist dringend und er hat die Aus-Schaltung aktiviert.
    Eine Frauenstimme

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