Marienplatz de Compostela (German Edition)
Okay, er hat in seinem Wahn den Kübel umgefahren. Der Notruf kam von ihm selbst. Das ging halt noch, bevor ihn das Zeug voll von der Straße genommen hat. So stelle ich mir das vor. Mit dem Bein hat der nichts zu tun.«
»Mhm …«, Lara Saiter konnte keine Lücke in seiner Variante entdecken.
»Darf ich jetzt noch eine Frage stellen?«, wollte er wissen.
»Sicher.«
»Aus welchem Grund taucht hier das Landeskriminalamt auf. Ich meine – das ist doch nur ein Bein … also du verstehst doch, dass mich das interessiert … wieso ihr, und auch noch so früh am Tag, wo doch jeder weiß, dass ihr Schnarchzapfen seid? Das wäre doch eigentlich ein Fall für unsere Mordkommission.«
»Wir sind an einer Vermisstensache dran. Das Recherchesystem hat uns automatisch informiert, als bei der ersten Aufnahme durch die Einsatzzentrale als Fundmarker Trekkingstiefel eingegeben worden war – deshalb wir. Alles Routine.«
Zenner fragte verwundert. »Vermisstensache? Seit wann macht ihr denn Vermisstensachen?«
Sie lenkte ab. »Oje, das ist eine lange Geschichte …«
Er ließ nicht locker. »Welche junge Frau wird denn vermisst? Von hier … Münchnerin?«
Lara Saiter überlegte, ob und was sie ihm sagen wollte und konnte. Von Batthuber hatte sie gehört, dass Zenners Streifengebiet eigentlich der Münchner Westen war und er bei der Sache hier am Parkplatz nur ausgeholfen hatte. Sie sagte: »Es geht um eine junge Frau … sie heißt Anne Blohm, stammte aus Neuhausen, eurem Dienstbereich, wohnte aber drüben beim Ostbahnhof.«
Alfons Zenner ging einen Schritt auf sie zu und packte ihren Unterarm, so als wolle er verhindern, dass sie davonliefe. Er wiederholte den Namen. »Anne Blohm … Anne Blohm? Die Tochter vom Installationsgeschäft Blohm?«
Lara Saiter sah ruhig auf ihren Unterarm, der von der großen Hand Zenners umschlossen lag. Er war bleich geworden, ließ ihren Arm los und entschuldigte sich.
»Schon in Ordnung … du kennst die Familie?«
Er reagierte nicht auf die Frage und – sah sie wirklich richtig? Dieser kräftige Kerl taumelte leicht? Fast hätte sie ihn am Hemd gepackt, um ihn zu halten.
Er antwortete zerfahren: »Ja, ich kenne die Familie und Anne Blohm. Ich hatte vor einiger Zeit mit ihr zu tun, der Bruder ist bei einem Unfall ums Leben gekommen ist … Genickbruch … vom Fahrrad über die Motorhaube und an der A-Säule aufgeschlagen … keine Chance. Der Autofahrer hatte Schuld … boohh … es war Albrechtstraße, Ecke Lothstraße. Ich hatte Dienst und habe den Unfall aufgenommen. Der Vater ist damals dazugekommen … war auf dem Nachhauseweg von der Bezirksversammlung … und eure hohen Herrschaften waren auch dabei. Es ging damals um Baumaßnahmen und so … bei euch wird doch ständig gebaut, na ja, kannst dir ja vorstellen, was da los war, an der Unfallstelle mit dem Vater. Hab ich nicht vergessen.« Er legte die Hand an sein kantiges Kinn, auf dem die ersten Stoppeln zu sehen und zu fühlen waren. »Und jetzt auch noch die Tochter, ach du lieber Gott, das sind Schläge.«
*
Ohne dass es die Leute am Autobahnparkplatz wahrgenommen hätten, stand die Sonne klar und strahlend am Himmel. Es würde ein heißer Tag werden.
Den ganzen Vormittag über zogen sich die Routinearbeiten hin. Hartmann und Batthuber leiteten die Absuche im weiteren Bereich des Parkplatzes. Das Wäldchen an der Panzerwiese wurde vollständig abgekämmt, darüber hinaus die weiteren Bereiche rundherum. Während ein Hubschrauber das Gelände zur Nachsuche überflog, überkam die Teilnehmenden eine flattrige Unruhe.
Batthuber hatte von den Stadtwerken einen Lage- und Leerungsplan per Mail erhalten und sie fuhren alle weiteren Parkplätze im Norden der Stadt an.
Lara Saiter beaufsichtigte den Transport des Mondeo und war danach in die Rechtsmedizin gefahren. Die DNS -Probe wurde bereits analysiert; den Bericht und würden sie heute noch erhalten.
Am Nachmittag trudelten sie nach und nach in der Maillingerstraße ein. Hartmann und Batthuber hatten etwas vom Chinesen mitgebracht und machten sich gleich hungrig über die Pappkartons her. Asiatische Glutamataromen dampften empor.
Lara Saiter öffnete skeptisch eine der Pappschachteln und roch vorsichtig am Inhalt. Ihr Blick strafte Hartmann. »Wo habt ihr denn das her? Aus dem Fressnapf?«
Hartmann hatte den Mund voll und war somit unfähig eine Rechtfertigung zu geben. Batthuber sah sie teilnahmslos an.
Sie stocherte mit der Gabel herum. »Bei diesem
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