Marienplatz de Compostela (German Edition)
und vor opulent bepflanzten Beeten gewahrte er eine große, eckige Schubkarre; nicht so ein Ding mit abgerundeten Kanten, wie er eines im Stadel stehen hatte.
Nach ein paar Schritten erkannte er bald eine Frau mit kurzen braunen Haaren. Sie war mit den Rosen beschäftigt.
Maria Schenk war Mitte dreißig. Ihre Haut war von der Arbeit im Freien tief sonnengebräunt und wenn sie die große Astschere in die Hand nahm, spielten auf ihren Unterarmen zähe Muskeln und Sehnen.
Er stellte sich vor und tat nicht lange herum. Mit wenigen Sätzen erklärte er den Anlass für sein Kommen. Sie nahm die Astschere und schlich in den hintersten Bereich des Beetes, wo sie im Schutz herabhängender Äste eine ganze Weile still weinte.
Bucher stand betreten in der Sonne und wartete, bis sie zurückkam und ihn zu einer der abgelegenen Bänke im Schatten führte, wo sie ihre Schubkarre derart behindernd abstellte, dass sie ungestört bleiben konnten.
»Sie waren mit Nora Bender befreundet?«
»Ja, wir waren befreundet, die ganzen letzten Jahre … eigentlich vom ersten Tag an, als sie hier anfing. Wir verstanden uns gut.« Sie schnäuzte sich kräftig. »Auch unsere Freunde … Lebensgefährten. Wir haben viel miteinander unternommen.«
»Hatten Sie Kontakt mit ihr, während dieser Pilgertour?«
»Wir haben zweimal miteinander telefoniert. Aber nur kurz, es gab ja auch nichts Besonderes zu erzählen. Es ging ihr gut.«
»Sie war alleine unterwegs?«
»Ja, sicher. Darum ging es ihr ja. Sie wollte ganz alleine wandern.«
»Wie kam sie auf die Idee, dieses Pilgern anzufangen? Gab es da eine Gruppe, mit der sie sich traf, Beratung von einer Kirchengemeinde vielleicht?«
»Nein. Ich glaube, sie hatte das schon immer mal vorgehabt und man hört ja auch viel davon in den Medien. Sie hat viel im Internet recherchiert, das weiß ich, weil sie ab und zu davon erzählt hat … hier, wenn wir in den Beeten arbeiteten.«
Bucher klang ein wenig unzufrieden. »Mhm. So gar keine andere Anlaufstelle?«
»Nein, nicht dass ich wüsste. Die Routen, die Unterkünfte – das hat sie alles aus dem Internet.«
»Mhm. Wie war das denn mit ihrem Freund? Den haben wir noch nicht befragen können. Wie stand er dazu?«
»Also begeistert war er nicht. Er fand das irgendwie … frauenmäßig.«
»Frauenmäßig?«
»Na ja, halt so Pilgern, allein sein, mit der Natur … irgendwie esoterisch, oder so.«
»Er wollte also nicht mitkommen?«
Maria Schenk lächelte bitter. »Also die Frage stellte sich nicht. Nora wollte das nicht … ich sagte doch schon … es ging ihr darum alleine zu sein.«
Bucher sah wenig Sinn, sie weiter in diese Richtung zu befragen. Er wollte etwas über Nora Bender selbst erfahren. »Was war sie für ein Mensch?«
»Ach … was war sie für ein Mensch?«, wiederholte Maria Schenk, »zielstrebig, ehrgeizig, naturverbunden, zäh …«
»Zäh?«, unterbrach Bucher.
»Na ja, halt sehr sportlich, so meine ich das.«
»Konkret?«
»Nora war sehr aktiv, immer in Bewegung.« Sie wies mit ihrer Hand in den Garten: »Obwohl wir hier das ganze Jahr körperlich gefordert sind, hat ihr das nicht genügt. Sie ging noch joggen und klettern war sie, zweimal die Woche.«
»In den Bergen?«, fragte Bucher.
»Nein, in der Thalkirchener Straße, beim Alpenverein. Die haben da so eine Außenwand. Ich kenne mich nicht damit aus und war auch nie dabei. Mir reicht es wandern zu gehen. Ich brauche diesen Kick nicht.«
Nora Bender brauchte ihn schon, den Kick, dachte Bucher.
»Was haben Sie so zusammen gemacht?«
»Oh … je nachdem … wir sind doch relativ regelmäßig zusammen in Konzerte gegangen, ins Kino, in Ausstellungen, die uns interessierten … also nur wir zwei … manchmal shoppen, oder ein Kaffee in der Stadt, essen gehen … normal irgendwie.«
»Mhm. Hatte Nora Bender einen großen Bekannten- und Freundeskreis?«
»Was ist groß?«
Bucher konnte die Frage nicht beantworten. Er verzichtete darauf und zeigte ihr stattdessen die Fotografien von Kara Schieg, Anne Blohm und Tobias Siebl.
Maria Schenk schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid. Kenne ich nicht … nie gesehen.«
*
Er telefonierte, gleich nachdem er Maria Schenk verabschiedet hatte, mit Batthuber. Der sollte herausfinden, ob Anne Blohm oder Kara Schieg beim Klettern in Thalkirchen bekannt waren.
Er drehte noch eine weitere Runde im Botanischen Garten. In einer stillen Ecke, im wilden Bereich unweit des Felsengartens, fand er eine Bank im
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