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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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Schatten mächtiger Bäume. Er setzte sich und zwang sich zur Ruhe. Seine Ohren brummten leise, darüber lag das ferne Rauschen der Stadt und dann erst kam das Vogelzwitschern, das ihn umgab. Ruhe. Er brauchte Ruhe.
    Ja, er konnte sie gut verstehen, diese Anne Blohm und Nora Bender. Ihre Sehnsucht nach Einsamkeit, nach Alleinsein, nach Einklang mit sich und ihrer Umgebung, die nicht städtisch sein sollte, sondern Natur – Wiesen, Wälder, Felder, Weiden, Flusslandschaften, die man durchstreifen konnte –, einsame Landstraßen. Er saß mit geschlossenen Augen da und atmete langsam aus. Nach wenigen Minuten war das Brummen im linken Ohr verschwunden. Nur noch die Vögel gab es zu hören. Er dehnte und streckte Arme, Schultern, drehte den Hals. Es spannte und knackte. Ein älteres Ehepaar kam vorbei und grüßte. Sie hatten zwei Buben dabei – wahrscheinlich die Enkel. Das war Bucher auch selten passiert – mitten in der Stadt von fremden Menschen gegrüßt zu werden. Draußen, vor den Mauern des Gartens, wären sie wohl stumm an ihm vorbeigelaufen. Was machte dieser Ort mit den Menschen? Was war hier so anders, dass Fremde einander grüßten?
    Er hatte andere Fragen zu klären. Die Sache, die Hartmann über Kara Schieg erfahren hatte, veränderte und komplizierte die Sachlage. Wer immer den Frauen aufgelauert und sie entführt und getötet hatte – es ging ihm dabei nicht um Pilgerinnen. Was aber verband diese drei Frauen dann?
    Wenigstens war dem Täter ein Fehler unterlaufen. Kara Schieg wäre niemals nach Frankreich gegangen. Bei Anne Blohm und Nora Bender hatte das Muster gepasst. Zufall? Diese eine Karte aus Limoges machte deutlich, dass der Täter nicht auf die Lebensumstände seiner Opfer reagierte, sondern ein statisches Muster verfolgte, von dem er nicht abweichen konnte – aus welchen Gründen auch immer. Die Frauen verschwanden. Eine Karte aus Frankreich. Dann nichts mehr. Das war statisch und unflexibel?
    Zeit. Es konnte nur um Zeitgewinn gehen. Es ging um sportliche, zähe und mutige Frauen – und der Täter brauchte Zeit, sehr viel Zeit. Obwohl es warm war, lief Bucher ein Frösteln über die Schultern, bis weit hinab über die Schulterblätter.
    Er stand auf und sah sich um. Ein Ort des Friedens. Gärtner – das war auch ein schöner Beruf.
    Er wollte einmal mit Miriam hierherkommen. Es würde ihr gefallen.
    *
    Die Tegernseer Landstraße war stadteinwärts weniger stark befahren als in der Gegenrichtung. Die dunklen Brücken, die endlosen, uniformen Fassaden der Kasernenarchitektur, die oberhalb der Betonwände sichtbar waren – sie gaben dem Abschnitt einen Hauch von Science-Fiction.
    »Da vorne blitzen sie öfter«, sagte Hartmann. Lara reagierte nicht, wechselte von äußerst links auf die ganz rechte Spur, schnitt dabei einen grauen Passat und rauschte in die Ausfahrt.
    »Heute offensichtlich nicht«, sagte sie trocken. »Wie ist das eigentlich bei dir. Darfst du noch zu Hause wohnen und Familie spielen, oder hat dich Barbara schon rausgeschmissen?«
    Hartmann war überrascht, beging aber nicht den Fehler auch nur einen Teil der Frage zu beantworten, sondern gab gleich zurück. »Sag ich dir gern, wenn du mir sagst, wie es bei dir so ist. Läuft noch was mit diesem grau melierten Porschecabriofahrer … wird er der Vater deiner Kinder werden …. ich meine … es ist so langsam an der Zeit – die biologische Uhr tickt und tickt und tickt.«
    Lara Saiter gab Gas, pfiff über eine rote Ampel und bog nach rechts ab, dass Hartmann sich festhalten musste. »Bist ein ganz schön fieser Kerl, mein Lieber«, sagte sie und lachte. Er schwieg.
    »Das mit den Kindern ist so ne Sache. Da braucht man den richtigen Kerl dafür … nicht einen, der dann mit ner Blonden rummacht, wie du, oder so einer wie der grau melierte Porschefahrer. Ist aber schön, dass du dich um mich sorgst.«
    »Ja, ja, schon recht. Ich wohne noch zu Hause und das hat sich ganz gut arrangieren lassen. Du musst dir also auch keine Sorgen um mich machen.«
    Sie reichte ihm die Hand und er drückte sie. Dann griff er zum Telefon – Bucher informieren.
    Er rutschte unsanft in den Gurt, als Lara bald darauf abrupt am Rosenheimer Platz hielt. Sie schmiss das Holzplättchen mit dem Polizeistern auf die Ablage über dem Armaturenbrett. Hartmann befreite sich aus dem Sicherheitsgurt.
    »Franz Huber«, rief sie ihm zu und ging zum Lift, der nach unten zu den Untergrundstationen führte. Gelb – der Rosenheimer Platz war

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