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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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befragt hat, vorhin angerufen«, sagte Zinkel. »Die haben allesamt behauptet, Tewes kaum zu kennen, und aufgefallen ist ihnen damals auch nichts, kein lautstarker Streit, und an Fremde konnte sich keiner erinnern, zumindest ist also wohl niemand blutüberströmt die Straße runtergelaufen. Wenn Körber nun tatsächlich im Haus ermordet worden ist, dann hätte, sofern sie es nicht doch selbst war, seine Leiche am helllichten Tag abtransportiert werden müssen, und sein ganzes Zeug obendrein. Warum ist das niemandem aufgefallen? Ich hab den Eindruck, dass in Ostfriesland jeder über jeden Bescheid weiß, oder täusche ich mich da?«
    »Wir achten aufeinander«, modifizierte Lübben, »das stimmt schon, aber man kann auch gar nicht anders. Wenn du in der Küche stehst, und auf der Straße bewegt sich was, dann guckst du automatisch hoch, das ist völlig normal. Aber Tewes’ Haus liegt etwas weiter zurück und besitzt einen Nebeneingang, der vom Hauswirtschaftsraum direkt in die Garage führt.«
    »Ach ja, ihr mit eurem HWR . Es hat verdammt lang gedauert, bis ich dahintergestiegen bin, was das bedeutet. Das andere Rätsel aus den Wohnungsanzeigen übrigens hab ich bis heute nicht gelöst. Die Abkürzung WOL . Wohnzimmer ohne, aber ohne was?«
    »Westoverledingen«, erläuterte Lübben, »das ist ein Ort, du Stadtei.«
    »Oh, klar. Okay«, beendete Zinkel seinen Exkurs, »der Transport war also kein Problem, ob mit oder ohne Leiche. Aber noch mal zurück zu Lilian Tewes: Wieso lebt eine hübsche junge Frau so abgeschottet?«, fragte er. »Ihr feiert hier alle naselang irgendein Straßenfest, wieso entzieht sie sich dem? Sie ist Mutter, da kriegt man doch auch jede Menge Kontakt, Kindergarten, Spielplatz, Elternbeirat, so was halt. Und ist sie denn mit Körber nie ausgegangen? Als er dann fort war, gut, dass die Nachbarinnen sich mit so einer nicht abgeben, kann man ja verstehen, aber die Männer hätten eigentlich Schlange stehen müssen bei ihr. Kurzum: Die Frau ist mir ein Rätsel.«
    »Ja«, hauchte Lübben.
    * * *
    »Bin wieder da!«, rief Lilian und wunderte sich, dass sie keine Antwort erhielt. Frank müsste längst zu Hause sein und Antonia sowieso. Wahrscheinlich war Antonia noch sauer und reagierte deswegen nicht. Sie stellte ihre Einkäufe in der Küche ab und lief nach oben. Ihr Zimmer war leer. Sehr seltsam. Sie eilte zurück in die Küche. Der Anrufbeantworter blinkte. Erleichtert drückte sie auf die Wiedergabetaste, doch es war nicht Antonia, die ihr eine Nachricht hinterlassen hatte, und auch nicht Frank, sondern dieser Junge, Gerrit, der Antonia sprechen wollte, ihr Handy sei ausgeschaltet, aber es sei wichtig, tat er geheimnisvoll. Na ja, sie ließ die Nachricht auf dem Band und versuchte selbst, ihre Tochter zu erreichen. »Der Teilnehmer ist vorübergehend –«, sie würgte die Ansage ab. Das war gegen ihre seit Jahren bestehende Absprache, entweder erreichbar zu sein oder den anderen wissen zu lassen, wo man war. Eine Sorge mehr, als wenn es darauf noch ankäme.
    Sie packte die Einkäufe aus. Der Fisch kam noch in den Kühlschrank, sie putzte den Salat und bereitete das Dressing zu. Immer noch keiner da. Sie traute sich nicht, die Kartoffeln schon aufzusetzen, wer wusste schon, ob und wann hier jemals einer aufkreuzen würde, also machte sie sich an die Schollenfilets, die drei »S« ihrer Großmutter beherzigend, die ihr seit jeher durch den Kopf spukten, wenn sie Fisch machte, schon wegen der Reihenfolge des Säuerns und Salzens. Und jetzt? Den Tisch könnte sie noch decken, das war’s dann aber auch.
    Allmählich wurde sie richtig wütend. Sie holte Besteck aus der Schublade, die Teller aus dem Schrank darüber, und stellte alles auf den Tisch. Beim Aufrichten stieß sie sich an der Lampe. »Mist, verdammter!«, fluchte sie laut und rieb sich den Schädel. Als würde die blöde Lampe erst seit gestern da hängen. Sie ging zum Küchenfenster und schaute hinaus. Der Tag endete so trübe, wie er begonnen hatte. Niemand in Sicht. Sie wandte sich frustriert ab, streifte dabei die bereitstehende Salatschüssel, die in hohem Bogen durch die Luft trudelte und auf dem Boden zerschellte. Tausend Scherben, mindestens. »Ah!«, brüllte sie, »was denn noch?«
    Auf Zehenspitzen ging sie in die Kammer, holte Handfeger und Schaufel und fegte das Gröbste zusammen. Für den Rest musste der Staubsauger herhalten, nicht ihr liebstes Haushaltsgerät, zu sperrig, zu schwer, und ständig fuhr er ihr in die Beine

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