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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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nichts passiert, was er hätte verhindern müssen.
    »Der Vater des toten Mädchens wartet nebenan«, zerstreute Klawitter seine Bedenken, sobald die Tür zum Vernehmungszimmer geschlossen war. »Ich fürchte, das da«, er deutete hinter sich, »bringt sowieso nichts, also lassen Sie sie noch ein wenig warten. Wenn dann kein Geständnis kommt«, er verdrehte selbstironisch die Augen, »müssen wir sie gehen lassen.«
    Alles auf einmal, murrte Zinkel innerlich, es bereitete ihm auch so schon Probleme genug, die beiden Fälle auseinanderzuhalten und die Prioritäten anständig zu setzen.
    Herbert Engelbrecht war ein klobiger Riese von Mann, der sehr aufrecht dasaß, die Schaufelhände auf die Knie gestützt. Sein Haar klebte feucht am Kopf, als hätte er kurz zuvor die Hände mit Spucke angefeuchtet, um es zu glätten, sein Blick schwamm in ums Verrecken nicht zu weinenden Tränen, und die geplatzten Adern im Gesicht verrieten den Trinker. Den traurigen Trinker, glaubte Zinkel, er hatte etwas Mitleiderregendes an sich, wie er da im zu eng sitzenden schwarzen Anzug zappelte, und zumindest auf den ersten Blick fehlte ihm die Gemeinheit seines älteren Sohnes.
    »Wieso hat sie so was gemacht?« Engelbrecht fasste sich an die Stirn, als tobte großer Schmerz dahinter.
    »Wie wir inzwischen wissen, hat sie gar nichts gemacht«, informierte Zinkel ihn. »Sie hatte zwar vor, sich umzubringen, aber getan hat das jemand anderes.«
    »Was? Sie reden von Mord? Aber das ist doch –. Wer soll denn mein Mädchen umbringen?«
    »Wir denken da an Ihren Sohn. An Eddi«, differenzierte Lübben.
    »Eddi?«, wiederholte Engelbrecht mit kippender Stimme, »das glaub ich nicht. Ja«, stöhnte er schließlich, »er bringt sich schon mal in Schwierigkeiten, aber die eigene Schwester? Nie im Leben.«
    »Hatte Kathrin einen Freund?«, erkundigte sich Zinkel.
    »Dafür war sie doch noch viel zu jung«, wehrte Engelbrecht ab und sah von einem zum anderen. »Nicht?«, fügte er kläglich hinzu.
    »Sie war schwanger«, sagte Lübben.
    »Nein«, sagte Engelbrecht.
    »Wir lassen gerade feststellen, ob Ihr Sohn der Vater ist.«
    »Nee«, Engelbrecht sprang auf, »was wollen Sie uns da anhängen?« Er ballte und öffnete immerfort die Fäuste.
    Zinkel wich eine Idee zurück. »Es gibt eine ernst zu nehmende Aussage, dass Eddi seine Schwester sexuell missbraucht haben könnte«, versuchte er, das Ungeheuerliche einigermaßen vorsichtig zu formulieren, »wir prüfen das.«
    Ballen, öffnen, ballen, öffnen. »Wollte sie sich deshalb umbringen?«, kam es schließlich krächzend.
    »Gut möglich. Aber es gibt noch andere Richtungen, in denen wir ermitteln, und bis jetzt ist nichts bewiesen. Also bitte bewahren Sie Ruhe«, warnte Lübben.
    Engelbrechts Blick irrte umher, auf der Suche nach einem Sandsack, mutmaßte Zinkel und wich einen weiteren Schritt zurück. »Kriegen Sie das hin?«, fragte er sachte.
    »Muss ich?«
    Zinkel nickte.
    »Kann ich sie sehen?«
    »Nein. Sie ist in der Rechtsmedizin in Oldenburg. Wir melden uns, sobald Sie sie beerdigen können.«
    »Ja«, sagte Engelbrecht blinzelnd.
    Und dann ging er. Mit den Händen rudernd, wie um das Gleichgewicht zu halten, das ihm längst abhandengekommen war.
    »Armes Schwein«, sagte Lübben.
    »Ja«, schloss Zinkel sich an, »in seiner Haut möchte ich nicht stecken.« Er ging voraus, zurück zu Lilian Tewes.
    »Ist Ihnen noch jemand eingefallen«, nahm er den Faden wieder auf, »der sich an Ihnen würde rächen wollen – weil Sie ihm die Vorfahrt genommen haben, oder den Job, den Kerl, was weiß ich?« Er konnte sich einen warnenden Blick Richtung Lübben nicht verkneifen.
    »Ich fahre überhaupt kein Auto.« Lilian runzelte verständnislos die Stirn. »Meinen Job konnte jeder kriegen, der ihn wollte, und der Kerl – der hat mich ausgesucht, nicht umgekehrt. Ich laufe keinem hinterher. Hab ich noch nie gemacht. Da ist niemand. Ich kenne eigentlich kaum Leute. Wie sollte man sich da jemanden zum Feind machen? Ich verstehe das alles nicht.«
    »Ich auch nicht«, stimmte Zinkel seufzend zu. »Gehen Sie nach Hause.«
    »Ehrlich?« Sie schaute zu Lübben, wie um sich zu vergewissern, bevor sie auf sein Nicken hin die Flucht ergriff.
    »Sie verschweigt uns was«, konstatierte Zinkel, nachdem das Klappern ihrer Absätze im Flur verstummt war, »da kannst du sagen, was du willst.«
    »Ich sag ja gar nichts.« Lübben stopfte die Fäuste in die Taschen.
    »Übrigens hat der Kollege, der die Nachbarn

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