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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Rangelei wieder auf.
    Am laufenden Band, dachte Zinkel gehässig. »Sie haben ein gutes Gedächtnis«, lobte er, doch tatsächlich klang die Litanei wie einstudiert.
    »Ich hab das nicht alles sofort gemerkt«, fuhr Tewes fort. »Als ich zum Haus rein bin, hatte ich erst nur so ein komisches Gefühl. Irgendwie hat es anders gerochen, und es hat so leer gewirkt. Christian war krank gewesen und hätte eigentlich zu Hause sein müssen. Im Wohnzimmer sah es so aus, als wäre er nur mal eben aufs Klo gegangen oder kurz zum Arzt, aber dann hab ich auf dem Sekretär die Kette mit dem halben Herz gefunden, die wir beide getragen haben. Trotzdem hab ich mir noch eingeredet, dass ich mir das bloß einbilde, aber im Schlafzimmer – da konnte ich mir nichts mehr vormachen. Ach ja, das Auto war natürlich auch weg.«
    Das sah tatsächlich nach Auszug aus, nichts anderem, dachte Zinkel, und es erklärte, warum sie ihn nicht als vermisst gemeldet hatte. »Einen Abschiedsbrief gab es aber nicht?«, vergewisserte er sich.
    »Ich – nein, kein Abschied.«
    »Warum, glauben Sie, hat er Sie verlassen?«, fragte Lübben.
    »Wir waren so glücklich all die Jahre.« Sie flüsterte fast, und wieder rann ihr eine einzelne Träne die Wange hinab. »Nichts hat darauf hingedeutet, dass er uns nicht mehr wollte, er hat dieses Haus so sehr geliebt und vor allem den Garten, und uns, uns hat er auch geliebt, das kann man nicht spielen, nicht er, und trotzdem hat er innerhalb von Stunden alles weggeworfen, was wir hatten.«
    »War es sein Haus?«, erkundigte sich Zinkel, denn das würde die Geschichte in seinen Augen unglaubwürdig machen.
    »Nein, ich hab es von meinen Großeltern geerbt.«
    »Haben Sie nie versucht, ihn zu finden?«
    »Warum hätte ich das tun sollen? Es hätte nichts gebracht zu wissen, wo er ist, wenn er doch nichts mehr mit uns zu tun haben wollte. Außerdem hätte ich gar nicht gewusst, wie ich das anstellen soll. Ein Kollege von ihm hat mich damals nach seiner neuen Anschrift gefragt, wegen der Versicherungsunterlagen, und wenn die schon nichts rausgekriegt haben …«
    »Ich hab ihn gesucht«, schaltete sich Antonia ein, »im Netz, aber ich hab ihn nicht gefunden. Wie ist er gestorben?«
    Sie schien zu glauben, ihre Mutter benötigte ihren Beistand nicht länger, stand auf und ging zur Terrassentür, sichtlich bemüht, sich ihren inneren Aufruhr nicht anmerken zu lassen.
    »Ein Schlag oder ein Sturz«, erläuterte Lübben, »Genaueres wissen wir noch nicht.«
    »Wer soll meinen Christian denn so geschlagen haben, dass er stirbt?« Tewes schüttelte fassungslos den Kopf. »Er war so sanft, so herzensgut, er hatte keine Feinde, im Leben nicht.«
    Mordopfer hatten nie Feinde, dachte Zinkel trocken. An die Unfallversion glaubte er absolut nicht. Wenn jemand einen Unfall verursachte, war er nicht in der Verfassung, die Sache so akribisch zu vertuschen, jedenfalls nicht ohne die Hilfe eines Unbeteiligten. Ausgeschlossen. Und wo war dann das Auto, wo waren die restlichen Besitztümer Körbers? Sie mussten unbedingt herausfinden, wo er sich zwischen seinem Auszug und seinem Tod aufgehalten hatte. Das Problem war natürlich, dass sie diese Zeitspanne nicht eingrenzen konnten. Wenn es sie überhaupt gegeben hatte. Tatsächlich zweifelte er daran, denn in dem Fall musste Körber ja irgendwo gewohnt haben, und mit seinem Verschwinden wäre es dann auch zu einer Vermisstenmeldung gekommen. Also war er entweder direkt nach seinem Auszug umgekommen oder sogar vorher umgebracht worden und der Auszug nur vorgetäuscht. Beide Szenarien deuteten klar auf Tewes. Beziehungskiste, hatte er’s doch gleich gewusst.
    Allerdings erschien ihm Lilian Tewes nicht kräftig genug, Körbers Leiche fortzuschaffen, nicht ohne Hilfe. Antonia kam dafür kaum in Frage, sie dürfte damals elf, höchstens zwölf gewesen sein, schätzte er. Andererseits konnte der äußere Anschein durchaus täuschen: Tewes war zierlich, doch das hieß nicht unbedingt, dass sie schwach war, und Verzweiflung schuf nicht nur Mut, sondern setzte auch schon mal ungeahnte Kräfte frei. Zu zweit – nein, nicht die Tochter, es musste noch jemand anderes beteiligt gewesen sein, ein Erwachsener, jemand, der strategisch zu planen in der Lage war. »Wann haben Sie Ihren jetzigen Mann kennengelernt?«, fragte er.
    »Vor drei Jahren. Ich arbeite bei einem Teehandelshaus und bin ihm über den Weg gelaufen, als er zu einem Vorstellungsgespräch da war. Na ja, eigentlich bin ich in ihn

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