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Marissa Blumenthal 02 - Trauma

Titel: Marissa Blumenthal 02 - Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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genickt.
    Dieses Zellendrama setzte sich noch wochenlang im dunklen Inneren der Gebärmutter fort. Die 31jährige Rebecca Ziegler selbst hatte nicht die geringste Ahnung von den wilden chemischen Schlachten, die in ihrem Körper tobten, und ebensowenig von der daraus sich ergebenden Zellenzerstörung. Allerdings gab es einige Hinweise: feine Änderungen der Lebenszeichen in Form eines leichten Fiebers und eines schwach erhöhten Pulses. Rebecca hatte auch manchmal Krämpfe, einen empfindlichen Unterbauch und leichten Vaginalausfluß. Doch keins dieser Anzeichen und Symptome schien Grund zur Besorgnis zu geben. Nur ein leicht anormaler Abstrich hatte sie zunächst ein wenig geängstigt, bis sich herausstellte, daß er eigentlich doch völlig normal war.
    Rebecca achtete nicht auf ihre kleinen Unpäßlichkeiten. Vor allem deshalb nicht, weil ihr Leben im übrigen gerade wundervoll verlief. Zur Erleichterung ihrer Mutter hatte sie vor sechs Monaten geheiratet und damit ihrem Leben einen neuen Sinn gegeben. Außerdem hatte sie gerade eine neue Stellung angetreten. Sie war jetzt eine der jüngsten Partnerinnen in einer angesehenen Bostoner Anwaltsfirma. Alles war in schönster Ordnung, und deshalb wollte sie sich durch einige unbedeutende körperliche Beschwerden nicht die Stimmung verderben lassen.
    Doch die Episode hatte eine größere Bedeutung, als Rebecca ahnen konnte. Die Bakterien hatten eine Entwicklung in Gang gesetzt, die über die Immunabwehr hinausging. Die Folgen sollten sie noch lange heimsuchen, ihr Glück zerstören und sie schließlich, wenn auch indirekt, umbringen.
      
      
     
    21. Februar 1988
      
    Das quälende Geräusch von Metall, das sich an Metall reibt, ging Marissa Blumenthal schwer an die schon strapazierten Nerven. Der veraltete U-Bahn-Zug der MTBA bewältigte nur mühsam die scharfe Biegung vor der Einfahrt in den Bahnhof Harvard Square in Cambridge, Massachusetts. Marissa klammerte sich an eine senkrechte Haltestange und schloß in dem vergeblichen Versuch, sich gegen den durch Mark und Bein gehenden Lärm abzuschotten, einen Moment die Augen. Sie wollte nichts als raus aus dem Zug. Sie verlangte nach Ruhe und Frieden und vor allem nach frischer Luft. Unter lauter
    1,80 Meter und größeren Riesen eingeklemmt, litt die 1,52 Meter kleine Marissa noch stärker unter Platzangst als sonst. Die Luft in dem U-Bahn-Wagen war bedrückend warm. Es war ein regnerischer Februartag, und der dumpfe Geruch nach feuchter Wolle trug nicht wenig zu ihrem Unbehagen bei.
    Wie alle Benutzer des Zugs vermied Marissa nach Möglichkeit jeden Augenkontakt mit den Menschen, die an sie gepreßt wurden. Es war eine sehr gemischte Gesellschaft. Harvard Square zog höchst gegensätzliche Menschen an. Rechts neben Marissa stand ein Typ, der wie ein Rechtsanwalt aus einer berühmten alten Universität aussah. Er hatte eine Aktentasche aus Straußenleder und steckte die Nase in eine scharf gefaltete Ausgabe des Wall Street Journal. Direkt vor ihr war ein übelriechender Skinhead in einer Köperjacke mit abgeschnittenen Ärmeln. Alle seine Fingerknöchel waren mit ungelenk eintätowierten Hakenkreuzen geschmückt. Rechts von ihr stand ein stämmiger Schwarzer mit einem Pferdeschwanz von geflochtenen Locken, der einen grauen Trainingsanzug trug. Seine Sonnenbrille hatte so dunkle Gläser, daß Marissa bei einem verstohlenen Blick in seine Richtung seine Augen nicht erkennen konnte.
    Mit einem letzten Ruck, der Marissa beinahe zu Boden gerissen hätte, kam der Zug zum Halten, und die Türen glitten auf. Erleichtert aufseufzend stieg Marissa aus. Normalerweise wäre sie vom Büro aus in ihrem Wagen hergefahren und hätte ihn am Hotel Charles abgestellt. Aber da sie nicht wußte, wie sie sich nach dem kleinen chirurgischen Eingriff fühlen würde, hatte sie es für klüger gehalten, den Zug zu benutzen. Es war die Rede davon gewesen, daß man ihr vielleicht ein Beruhigungsmittel geben oder einen Schmerzstiller intravenös spritzen würde, wogegen Marissa nichts einzuwenden hatte. Sie gestand sich freimütig ein, daß sie ungern Schmerzen litt. Es konnte also sein, daß sie nach solcher Behandlung etwas unsicher auf den Beinen sein würde. Daher hielt sie es für besser, auf das Auto zu verzichten.
    Marissa eilte an einem Trio von Straßenmusikanten vorbei, die für milde Gaben spielten, und stieg rasch die Treppe zur Straße empor. Da es immer noch regnete, blieb sie kurz stehen, um den Trenchcoat bis oben zuzuknöpfen

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