Mark Beamon 01 - Der Auftrag
Farbe und die ausgefahrene Antenne waren unverkennbar. Er verstellte den Rückspiegel, sodass er die Überführung im Blick behalten konnte, als er darunter hindurch war. Der Wagen beschleunigte und bog auf die Zufahrt zur Interstate ein. Im Abstand von ungefähr fünfundzwanzig Metern folgte er dem Streifenwagen.
Dieser gottverdammter Mark Beamon , dachte Hobart und schlug mit der Faust aufs Lenkrad. Er l ässt anscheinend jeden verfluchten Mietwagen in Maryland von den Bullen jagen.
Zu seiner Rechten entdeckte er das gewaltige Gebäude des White-Marsh-Einkaufszentrums mit dem benachbarten IKEA-Laden. Er setzte den Blinker und bog auf die Abfahrt ein. Der Streifenwagen hinter ihm bremste zögernd ab, als sei der Fahrer unsicher, was er tun sollte.
Sobald er um die Kurve und außer Sicht war, trat er das Gas durch, dass die Reifen mit einem leisen Kreischen protestierten. In der folgenden Linkskurve entdeckte er die beiden Polizeiwagen, die ihm gefolgt waren.
Er bog auf den großen Parkplatz des Einkaufszentrums ein und bremste abrupt vor einem der vielen Eingänge. Ohne den Motor abzustellen, stieg er aus und ging rasch in das Gebäude. Bei einem Blick über die Schulter merkte er, dass die Leute ihm neugierig hinterher schauten, doch niemand schien die Absicht zu haben, ihm zu folgen.
Er drängelte sich durch die Menge auf eine nach unten führende Rolltreppe zu und prallte gegen eine Frau, die mit Tüten beladen war und ihn mit einem bösen Blick bedachte. Er fuhr nach unten und eilte zum nächsten Ausgang.
Rasch ging er auf einen weißen Mercedes zu, der verbotenerweise direkt vor dem Eingang parkte. Am Steuer saß eine Frau, die gelangweilt ihre Fingernägel betrachtete. Hobart riss die Beifahrertür auf und sprang hinein.
»Tut mir Leid, dass ich zu spät bin, Schatz. Fahren Sie los«, sagte er und drückte ihr den Lauf seiner 45er in die Rippen. Entsetzt starrte sie ihn an.
»Lächeln Sie und geben Sie Gas, oder ich bringe Sie um.« Sein schroffer Ton riss die Frau aus ihrer Trance, und sie startete den Motor.
»Sehr gut. Und jetzt immer mit der Ruhe. Fahren Sie in südlicher Richtung auf die 95.«
»Was wollen Sie?«
»Nur zurück nach Baltimore, das ist alles.«
Mit weißen Knöcheln umklammerte sie das Lenkrad, während Hobart das Radio einschaltete. Wieder war gerade von ihm die Rede. Er schaltete ab und begann die Tasche der Frau zu durchsuchen
»Ich habe Geld, auch Kreditkarten … Sie können alles nehmen.«
Er lachte. »Danke, kein Bedarf.« Er zog eine abgegriffene Lederbrieftasche heraus, die mit einem Gummiband zusammengehalten wurde, streifte es ab und begann sie durchzusehen.
»Ihre Kinder?«, fragte er und hielt ein Bild von zwei blonden Jungen im Grundschulalter hoch. Sie nickte. Eine Träne lief über ihre Wange. »Darf ich?«, fragte er und griff nach dem Mobiltelefon zwischen den Sitzen. »Es ist nur ein Ortsgespräch.«
Er wählte die Nummer des Lagerhauses und erhielt die Meldung, dass der Teilnehmer vorübergehend nicht erreichbar sei.
»Charley? Ich bin’s. Ich sitze hier bei einer Carol Lundan im Wagen. Ich buchstabiere: L-U-N-D-A-N. Sie lebt in der Poullman Street 506. Genau. Sie hat zwei Kinder – etwa sechs und acht. Blond. Wenn ich bis heute Abend nicht zurück bin, bringst du die beiden um. Verstanden? Nein, Lundan mit einem A. Jawohl. Okay.«
Hobart sprang in der Nähe des Inner Harbor aus dem Wagen und warf Carol Lundan einen letzten Blick zu. Sie würde kein Wort sagen. Vermutlich nicht mal zu ihrem Mann. Das Entsetzen auf ihrem Gesicht war eine genauso gute Garantie wie eine Kugel in den Kopf.
33. Kapitel
Baltimore, Maryland 11. M ä rz
John Hobart bog mit seinem neuen Mietwagen auf einen fast leeren öffentlichen Parkplatz und schaute auf die Uhr. Er rechnete sich aus, dass er mindestens zwei Stunden hatte, ehe das FBI nach dem Wagen suchen ließ, wahrscheinlich sogar viel mehr, aber bei Mark Beamon war es immer besser, vorsichtig zu sein.
Er eilte über die ruhige Straße und ging an den Läden entlang. Viele standen leer, die großen Schaufenster waren zersprungen und mit Klebeband geflickt; nur selten sah man eine Hausnummer. Prüfend schaute er auf das Blatt aus den Gelben Seiten in seiner Hand und steckte es in die Tasche. Am besten wäre er wahrscheinlich einfach wieder in den Laden gegangen, wo er sich anfangs die nötigen Sachen besorgt hatte. Trotz seiner kunstvollen Verkleidung fühlte er sich wie bloßgestellt.
Endlich fand er den Laden, den
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