Mark Beamon 01 - Der Auftrag
Anzeigen in den Zeitungen zu veröffentlichen, doch momentan hatte er keinen blassen Schimmer. In den finsteren Vorstellungen, die ihn quälten, wurde das Heroin nicht einmal vergiftet – Swenson wurde schon vorher erwischt. Bestenfalls konnte er damit rechnen, dass die erste Lieferung in ungefähr vier Tagen die amerikanische Küste erreichte, aber das war reine Spekulation. Es gab zu viele Unwägbarkeiten – er kannte weder die üblichen Versandzeiten noch die Transportarten, nicht den Zielort, wusste nichts über die Aktivität der Küstenwache und so weiter und so weiter.
Hobart nahm einige Papiertücher aus einer Schachtel und holte aus dem Aktenschrank drei Federal-Express-Umschläge, wobei er sorgfältig darauf achtete, sie nur mit den Tüchern zu berühren. Er warf sie auf den Schreibtisch und setzte sich. Angesichts von Swensons Verschwinden erschien ihm dieser Höhepunkt der ganzen Vorbereitungen seltsam schal, und das triumphierende Gefühl, das er sich ausgemalt hatte, wollte sich nicht einstellen, aber die Anzeigen mussten heute weg. Vermutlich hatte er schon zu lange damit gewartet.
Er konnte nur hoffen, dass sein Partner nicht erwischt worden war, bevor er seine Aufgabe erledigt hatte.
Hobart schaltete den Computer ein und öffnete eine Word -Datei.
Sehr geehrte Damen und Herren, beiliegend finden Sie einen Text, den ich gern in Ihrer Ausgabe vom 3. Februar in Form einer ganzseitigen Anzeige veröffentlicht hätte. Ich habe einen Bankscheck beigefügt über die Summe, die mir Ihre Anzeigenabteilung genannt hat. Die Höhe der Summe sollte, wie ich hoffe, genügen, um Sie zu überzeugen, dass es sich um keinen Scherz handelt. Mit freundlichen Grüßen CDFS
Er steckte in jeden Umschlag eine Kopie dieses Briefs und eine Kopie des Anzeigentexts, ohne das Papier mit den Fingern zu berühren. Im Geiste dankte er FedEx für die selbstklebenden Umschläge – das FBI konnte heutzutage erstaunliche Sachen mit Speichelspuren anstellen.
Vorsichtig öffnete er die Eingangstür und blickte prüfend die Straße auf und ab. Glücklicherweise lebten in diesem Teil von Baltimore fast keine Latinos, deshalb würde ein Killer der mexikanischen Drogenmafia auffallen wie ein Mann in einem Frack. Es war niemand zu sehen, der verdächtig wirkte, und niemand versuchte, das Lagerhaus mit Maschinengewehren zu beschießen. Eigentlich ein gutes Zeichen. Vielleicht war Swenson doch getötet worden. Der Gedanke an die von Kugeln durchsiebte Leiche seines Freundes, die auf einem einsamen Rollfeld in Mexiko lag, war traurig, aber längst nicht so traurig wie der Gedanke an seinen eigenen kugeldurchsiebten Leichnam, der neben einem einsamen Lagerhaus in Baltimore lag.
Hobart schaltete die Alarmanlage ein und blickte auf seine Uhr.
Halb fünf. Jetzt geriet er auch noch mitten in den Berufsverkehr. Aber vielleicht war das ganz gut und lenkte ihn etwas ab.
Der Verkehr war sogar noch schlimmer gewesen, als er erwartet hatte, wegen eines kleinen Auffahrunfalls, in dessen Folge zwei Männer mit Fäusten aufeinander losgegangen waren.
Trotzdem hatte ihn leider nichts von seinen Sorgen abgelenkt, vielmehr waren ihm ständig andere und immer morbidere Gedanken durch den Sinn gegangen.
Es war fast acht Uhr, als Hobart wieder auf den Parkplatz vor dem Lagerhaus einbog. Die drei Umschläge lagen jetzt in einem Briefkasten in der Nähe des Capitol-Gebäudes, und nun gab es kein Zurück mehr.
Die Straße war noch genauso, wie er sie verlassen hatte. Eine Gruppe Kinder spielte immer noch Ball in der Gasse neben dem Lagerhaus, obwohl die helle Wintersonne untergegangen war und die Straßenlampen schon brannten.
Das Lagerhaus war dagegen nicht so, wie er es verlassen hatte.
Die Alarmanlage für den Außenbereich war zwar eingeschaltet, aber die für das Innere des Gebäudes war abgestellt. Hobart öffnete die Tür und zog seine Waffe. Noch etwas war anders – aber was?
Er hatte die Lichter brennen lassen, und sie brannten auch jetzt noch, die Möbel waren nicht verrückt worden … nur aus dem Büro kam ein leises, fast nicht wahrnehmbares Summen. Er erinnerte sich genau daran, dass er den Computer heruntergefahren hatte, ehe er gegangen war.
Hobart huschte zur Tür und sprang mit schussbereiter Waffe ins Büro. Niemand. Rasch ging er um den Schreibtisch herum. Der Monitor glühte in einem sanften Grau.
DAS PASSWORT IST FALSCH. WORD KANN DAS DOKUMENT C:\WINW0RD\ADLET.DOC NICHT ÖFFNEN
Jemand hatte versucht, den Brief zu lesen, den
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