Mark Beamon 01 - Der Auftrag
sein Lächeln. »Sind alle schon drin, Tom.«
Sherman war sicher nicht wegen seiner Pünktlichkeit in den Reihen des FBI bis zum stellvertretenden Leiter aufgestiegen. Manchmal fragte er sich, was überhaupt der Grund dafür war. Seine sanfte Stimme und seine großväterliche Art entsprachen nicht gerade dem gängigen Bild eines energischen FBI-Mannes. Mark Beamon machte sich manchmal einen Spaß daraus, ihn als Hutmacher vorzustellen, und behauptete immer, dass Sherman nur durch irgendeine bizarre Laune des Schicksals in diese Position geraten sei.
Leise schloss er die Tür hinter sich und sah mit Unbehagen, dass er tatsächlich der Letzte war. Direktor Calahan thronte hinter seinem großen Schreibtisch, eingerahmt von zwei amerikanischen Flaggen; ihm gegenüber saßen Frank Richter, der Associate Deputy Director in Charge of Investigations, und Eric Toleman, der ADD in Charge of Adminstration. Der Stuhl zwischen ihnen war leer, und Sherman beeilte sich, Platz zu nehmen.
»Tut mir Leid, dass ich zu spät bin«, sagte er und schaffte es mit Mühe, nicht seine Ordner auf den Boden fallen zu lassen.
»Kein Problem, Tom, wir wissen, dass Sie ein viel beschäftigter Mann sind«, erwiderte der Direktor mit einem sarkastischen Unterton. Es war allgemein bekannt, dass er es hasste zu warten.
Sherman hatte gelernt, diese Besprechungen zu fürchten. Calahan war vor fast zwei Jahren Direktor geworden und liebte es, sich überall einzumischen, wogegen an sich nichts zu sagen gewesen wäre. Sherman hatte schließlich immer kritisiert, dass sein Vorgänger überhaupt kein Interesse an den alltäglichen lästigen Aufgaben gezeigt hatte. Bei Calahan lag das Problem jedoch darin, dass er der Auffassung war, durch seine fünfzehn Jahre auf der Richterbank sei er der bedeutendste Experte des Landes für alle kriminalistischen Fragen. Er hatte sich allerdings nie die Mühe gemacht, auch nur das Geringste über die Arbeitsweise der Organisation zu lernen, die er jetzt leitete, und das machte einen Mann mit einem so absurd aufgeblasenen Ego regelrecht gefährlich. Es war ganz normal, dass er Fragen stellte, die ein Agent im ersten Jahr beantworten könnte; doch wenn er den Eindruck hatte, irgendeiner seiner Untergebenen wolle ihn belehren, bekam er einen seiner Wutanfälle, die inzwischen legendär geworden waren.
Sherman streckte seine langen Beine aus, so weit es ging, ohne den Schreibtisch zu berühren. Alle drei Agenten saßen aufgereiht davor – wie Schuljungen, die sich im Büro des Direktors eine Strafpredigt abholen mussten. Offensichtlich wollte sich Calahan dadurch ein Gefühl der Überlegenheit verschaffen.
»Ich habe diese Besprechung nicht angesetzt, sondern Frank«, verkündete Calahan, »und zwar wegen dieser Sache mit den vergifteten Drogen.«
»Ja, Sir. Ich wollte gestern Abend schon ein Treffen einberufen, aber ich hielt es für besser, erst einige weitere Fakten zusammenzutragen.« Er verschob die Papiere auf seinem Schoß, bis er sicher war, dass sie richtig geordnet waren.
»Es sieht so aus, als ob das CDFS seine Drohung tatsächlich wahr macht. Aus Krankenhäusern in verschiedenen Teilen des Landes gibt es Berichte über drei mutmaßliche Vergiftungsfälle. Ich will aber betonen, dass noch nichts eindeutig bewiesen ist. Allerdings haben die Opfer Symptome, wie sie bei Vergiftungen auftreten, und das Krankenhauspersonal hat bestätigt, dass es sich um Drogenkonsumenten handelt.
Keiner ist bislang gestorben, aber sie sind nicht zu retten und werden vermutlich die Woche nicht überleben.« Er hielt inne, um zu sehen, ob irgendjemand eine Bemerkung machen wollte.
»Das ist auch der Grund, warum ich zu spät gekommen bin«, sagte Sherman. »Ich hatte mir noch einen Bericht darüber auf CNN angeschaut.«
»Ja, anscheinend hat die Presse von einem der drei Fälle Wind bekommen, und jetzt sind natürlich alle Fernsehsender voll davon. In diesem Monat hat’s wenig Schlagzeilen gegeben.«
»Wissen wir irgendwas über die vergifteten Personen?«, fragte Sherman.
»Noch nicht. Unsere Jungs sind dabei, sie zu überprüfen. Wir haben ja erst gestern Abend davon erfahren. Morgen weiß ich sicher mehr.«
Calahan unterbrach ihn. Er schien eine Formel dafür zu haben, wie lange er ein Gespräch dauern ließ, ohne sich einzumischen. »Wo stammen sie her?«
Richter kramte in seinen Notizen. »Zwei aus Miami, einer aus New York.«
»Und die Schecks?«
»Wir arbeiten daran, aber bislang haben wir nichts«, erwiderte
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