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Mark Brandis - Bordbuch Delta VII (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Mark Brandis - Bordbuch Delta VII (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Titel: Mark Brandis - Bordbuch Delta VII (Weltraumpartisanen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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erwartete, zahlte er alles zurück. Im Augenblick jedoch beherrschte er sich, und damit fiel mir ein Stein vom Herzen.
    Commander Harris nickte uns noch einmal zu.
    »Meine Herren …«
    Dann wurde er abgeführt.
    Ich sah ihm nach, wie er, straff und aufrecht, den dämmrigen Korridor entlang ging und mit jedem Schritt, den er tat, unmißverständlich ausdrückte, daß er von der Unterwerfung noch meilenweit entfernt war. In diesem Augenblick ging eine Wandlung in mir vor. Zum erstenmal erkannte ich hinter seinem pedantischen Äußeren etwas von seiner inneren Größe.
    Eine schwere Hand legte sich auf meine Schulter, und einer dieser Schwarzuniformierten befahl:
    »Ab geht die Post!«
    Eine Zelle wurde aufgeschlossen, Ibaka und Stroganow traten ein, ich zögerte, der Schwarzuniformierte gab mir einen Stoß, der mich über die Schwelle beförderte, dann fiel die Tür klirrend ins Schloß. Ein Riegel wurde vorgeschoben. Die Schritte des Schwarzuniformierten entfernten sich.
    »Manchmal«, sagte Ibaka, »geht fürsorgliche Behandlung entschieden zu weit.«
    Er bot zuerst mir, dann Stroganow Zigaretten an, und wir lehnten uns rauchend gegen die Wand und versuchten, unsere Gedanken und Gefühle zu ordnen.
    In der Zelle war es fast dunkel. Nur durch einen Spalt knapp unterhalb der Decke, kaum mehr als handbreit, sickerte etwas Tageslicht herein. Es gab weder eine Pritsche noch einen Schemel, nicht einmal einen Strohsack – nichts, worauf man sich setzen konnte.
    Meine vordringlichste Empfindung war noch immer Zorn: über unsere Festnahme, unsere Rechtlosigkeit, unsere Ohnmacht. Die nackte, brutale Gewalt, der wir gegenüberstanden, war eine neue Erfahrung in meinem Leben. Bisher hatte ich stets mit der Überzeugung gelebt, daß unsere Zivilisation unerschütterlich sei: ein Höchstmaß an demokratischer Freiheit, in Jahrhunderten erkämpft und und gefestigt, eine aus sich herauswirkende Kraft, die, von der menschlichen Vernunft gebändigt, störungslos funktionierte.
    Irgendwo im Gefängnis wurde gegen eine Tür gehämmert. Schlüssel klirrten, jemand schrie, schrie und schrie, wie ich noch nie jemanden schreien gehört hatte. Danach herrschte Stille.
    Allmählich gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, und ich begann die Zelle zu untersuchen.
    Stroganow sagte: »Sie vergeuden nur Ihre Zeit, Captain. An diesen Mauern sind schon andere gescheitert.«
    Ich mußte ihm recht geben. Die Wände waren voller Inschriften und Zeichnungen, meist in italienischer Sprache: » Viva la libertá! 1941 .« Einen Herzschlag lang überkam mich das beklemmende Gefühl, als sei seit damals, seit Hitler, Mussolini und Stalin und wie die Diktatoren alle hießen, die Zeit nicht mehr weitergegangen. Mein Zorn schlug um in Mutlosigkeit.
    »Captain«, fragte Ibaka, »haben Sie eine Ahnung, was man eigentlich von uns will?«
    Genau das fragte ich mich selbst: eine verzweifelte Frage ohne Antwort, denn was immer ich an Gründen erfand und erwog, nichts davon wollte mir sinnvoll und logisch erscheinen. Es gab keine technischen Geheimnisse, die wir hätten ausplaudern können: VEGA verfügte über alle Unterlagen des Delta–Programmes, und in diesen Unterlagen war mehr enthalten, als wir nach einem Testflug je hätten sagen können. Aber andererseits war das die einzige Erklärung, die mir wenigstens einigermaßen plausibel erschien, denn warum sonst hatte man dem Commander gleich zu Anfang das Bordbuch abgenommen? Freilich: mit dem Bordbuch allein ließ sich kaum etwas anfangen. Um es auszuwerten, benötigte man die unzähligen Informationen, die in den VEGA–Computern schlummerten.
    »Irgendwann« beantwortete ich Ibakas Frage, »werden wir es ja wohl erfahren.«
    Er lächelte grimmig:
    »Allmählich glaube ich fast selbst, daß wir alle Schwerverbrecher sind. Ich auf jeden Fall habe zumindest meine Schwiegermutter auf dem Gewissen, wenn nicht im Augenblick, dann bestimmt später.«
    »Wie das?« erkundigte sich Stroganow mürrisch.
    »Nun«, sagte Ibaka, »die alte Dame wird sich über meine Verhaftung totlachen.«
    Ibakas Humor war anfangs ein kleiner Lichtschein, aber auch dieser Lichtschein wurde blaß und blasser, je mehr Zeit dahinging, ohne daß etwas geschah.
    Als die Tür aufging, war es wie eine Erlösung. Doch nur der Commander wurde in die Zelle gestoßen – mit bleichem, schmerzverzerrtem Gesicht. Er blieb neben mir stehen, und ich sah mit Entsetzen, daß er taumelte – wie einer, der mit letzter Kraft gegen die Ohnmacht

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