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Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Titel: Mark Brandis - Raumsonde Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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noch mag diese Anrede gelten, Commander – aber schon in wenigen Tagen werden Sie Majestät zu mir sagen!«
    Mich überlief ein kalter Schauer. Dieser Mensch war nicht einfach verrückt. Was aus seinen Worten sprach, war Größenwahn. Und was ihn besonders gefährlich machte, war der Umstand, daß die Macht, diesen Größenwahn auszuleben, im Zugriff seiner Hände lag: dreizehntausend Jahre technologischen Vorsprungs vor der übrigen Menschheit!
    »Und was diesen Oberst Khan anbetrifft«, fuhr Captain d‘Arcy fort, »so bleibt ihm nur die Wahl, die Hermes zu übergeben oder zu sterben. Davon konnten Sie sich ja überzeugen.«
    Wie hieß es doch in dem zwischen der EAAU und den VOR geschlossenen Abkommen – in geringfügiger Abänderung altenglischen Seerechts?
    Ein Pirat ist ein Feind der Menschheit, dem man weder Wort noch Schwur zu halten braucht. Wer Piraten auf frischer Tat im Raum ergreift, hat das Recht, sie noch zu gleicher Stunde zu exekutieren ohne langes Gericht oder Urteil.
    Ich behielt diesen Paragraphen im Gedächtnis.
    Zwischen der Hermes-Crew und diesem abtrünnigen Offizier gab es noch eine Rechnung zu begleichen.
    Captain d‘Arcy, der selbst ohne Gewissen war, übersah das.
    Die auf den Namen Usko Koskinen lautende Rechnung ließ sich nicht aufkaufen – weder durch Geld noch durch Macht; und auch nicht durch Drohungen.
    »Angenommen, Captain«, sagte ich, »wir gingen auf Ihren Vorschlag ein. Welche Garantie hätten Sie dann, daß wir Sie in der Tat zur Epsilon-Bootes-Sonde führen?«
    »Welche Garantie ich hätte?« Wieder zeigte mir Captain d‘Arcy sein leutseliges Lächeln. »Nun gut, ich werde es Ihnen erklären, Commander – schon damit Sie Bescheid wissen. Ich schätze, daß es bis zur Epsilon-Bootes-Sonde eine Reise von sieben Tagen ist. Sieben Tage lang bin ich gewillt, höflich und zuvorkommend zu sein. Doch alles, was über diese sieben Tage hinausgeht, werden Sie mir zu bezahlen haben.«
    »Und wie?« fragte ich.
    »Vom achten Tag an«, erklärte Captain d‘Arcy gut gelaunt, werde ich alle vierundzwanzig Stunden einen Mann Ihrer Besatzung über Bord schmeißen.«
    Seine Hand mit dem Glas zielte auf Grischa Romen. »Der nichtsnutzige Zigeuner da wird den Anfang machen. Zigeuner, heißt es, sind an lange Fußmärsche gewöhnt. Vielleicht schafft er es ja, bis zum nächsten Stern zu laufen oder zu kriechen.«
    Die uns umstehenden Piraten brüllten vor Lachen.
    Ich begriff: nicht nur die Bande der Disziplin waren von ihnen abgefallen. Barbarei brach durch. Der Übermensch. Wofür sie sich hielten, trug die schreckliche Fratze des Untermenschen.
    Captain d‘Arcy scherzte nicht; seine Worte enthielten keine leere Drohung. Er meinte, was er sagte.
    Grischa Romen war unter der bronzenen Haut blaß geworden. Er preßte die Lippen aufeinander und schwieg.
    Captain d‘Arcy richtete sich auf Lieutenant Xuma. »Als nächsten«, plauderte er weiter, »nehmen wir dann den Nigger dran. Wir werden ihn unter dem Kreuz des Südens absetzen – das paßt gut zu ihm.«
    Auch William Xuma schwieg. Dies war nicht der geeignete Augenblick zum Rebellieren.
    Captain d‘Arcy leerte sein Glas und stellte es ab.
    Dann tippte er mit dem Zeigefinger Captain van Kerk vor die Brust. »Der hochnäsige Südafrikaner«, sagte er, »bekommt die Startnummer Drei. Auch ihm wird ein kleiner Spaziergang guttun.«
    Captain van Kerk verzog keine Miene. Nichts in seinem Gesicht warnte den Piraten. Nahezu gleichmütig hob er beide Arme, und während er mit der Linken das Handgelenk des Piraten umschloß, griff er mit der anderen Hand nach dem auf ihn zielenden Zeigefinger.
    »Keiner rühre mich an!« sagte er sanft. »Der alte Wahlspruch hochnäsiger Südafrikaner.«
    Der Pirat schrie auf einmal auf. Captain van Kerk hatte ihm den Zeigefinger gebrochen.
    »Und jetzt, Majestät«, sagte er verächtlich, »können Sie tun und lassen, was Sie wollen.«
    Captain van Kerks unbesonnene Tat schien die Katastrophe, die ich die ganze Zeit über befürchtet hatte, herbeizuführen. Die Zeus-Banditen drangen auf uns ein, und wenn sie allein über unser Schicksal zu entscheiden gehabt hätten, wäre nicht einer von uns am Leben geblieben.
    Dies jedoch lag nicht im Interesse von Captain d‘Arcy. Zuviel stand für ihn auf dem Spiel; ein vorzeitiges Massaker war imstande, alle seine Pläne zu durchkreuzen. Bei allem Größenwahn behielt er einen kühlen Kopf. Mit barschen Worten trieb er seine Männer zurück.
    »Es bleibt bei unserer

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