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Mark Brandis - Testakte Kolibri

Mark Brandis - Testakte Kolibri

Titel: Mark Brandis - Testakte Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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das hatte Barley nicht gemeint.
    »Mr. Barley, ich beziehe auch als Projektleiter mein normales Gehalt. Ist Ihre Frage damit beantwortet?«
    Alan van Dorp vom Metropolis-Kurier beeilte sich, seinem angeschlagenen Kollegen zur Hilfe zu kommen.
    »Obwohl das Projekt Kolibri bereits fünf Menschenleben gekostet hat, Commander Brandis, sind Sie offenbar nicht der Meinung, es müßte aufgegeben werden?«
    Alan van Dorp war ein ernsthafter Journalist. Seine nüchternen Berichte über Probleme der Raumfahrt pflegten sich meist durch unvoreingenommene Sachlichkeit auszuzeichnen.
    »Gerade weil das Projekt bereits fünf Menschenleben gefordert hat, werde ich es zu Ende führen, Mr. van Dorp. Wir wollen nicht auf halbem Wege stehenbleiben, sondern herausfinden, warum und woran alle diese hervorragenden Piloten gestorben sind. Ich denke, das sind wir ihnen schuldig. Ich sehe keine bessere Möglichkeit, ihr Andenken in Ehren zu halten. Und außerdem: Hunderte, vielleicht sogar Tausende von Menschen sollen sich künftig den Kolibris anvertrauen. Ihre Sicherheit wollen wir jetzt erringen, und wir sind bereit, den Preis persönlicher Lebensgefahr im Interesse der andern zu bezahlen.«
    »Wenn mich nicht alles täuscht, dann gehen Sie bei allen Ihren Überlegungen stets davon aus, daß hier ein technisches Versagen vorliegt.«
    »Worauf wollen Sie mit dieser Frage hinaus, Mr. van Dorp? Wollen Sie die Piloten verantwortlich machen? Das ist absurd.«
    Alan van Dorp schüttelte den Kopf.
    »Nicht die Piloten, Sir. Ich wollte nur geklärt wissen, ob alle anderen Gründe, die zu einem Absturz führen können, in diesem Fall ausscheiden.«
    »Ich glaube, in diesem Punkt können wir sicher sein. Andererseits stellen Sie Ihre Frage an den falschen Mann. Ich bin nur der Projektleiter.«
    Alan van Dorp nickte und setzte sich wieder. Ich gewann den Eindruck, daß wenigstens er mir nicht feindlich gesinnt war. Fast verspürte ich ihm gegenüber ein Gefühl der Dankbarkeit. Er hatte mich gezwungen, auszusprechen, worüber ich bis vor kurzem selbst noch im unklaren gewesen war.
    Barley hatte sich inzwischen von seiner Niederlage erholt. Als er sich räusperte, um gleich darauf mit seinem goldenen Schreibstift auf mich zu zielen, als gälte es, mich aufzuspießen, wußte ich, daß sein nächster Angriff unmittelbar bevorstand.
    »Kann ich Ihre Antwort an meinen verehrten Kollegen vom Metropolis-Kurier so auslegen, daß Sie das Projekt weiterführen werden ohne Rücksicht auf Verluste?«
    Jetzt konnte mich der Mann nicht mehr aus der Fassung bringen. Ich wußte, worum es mir ging, und er wußte es auch. Kalt antwortete ich:
    »Mr. Barley, ich kann Sie nicht hindern, meine Antwort so falsch zu verstehen, wie es Ihnen immer beliebt. Was nun uns vom Projekt Kolibri angeht – wir sind Testflieger, und das ist nicht irgendein Beruf. Wer ihn ergreift, weiß, worauf er sich einläßt.«
    Es gab nichts weiter zu sagen. Ruth O‘Hara erklärte die Fragestunde für beendet. Ich raffte meine Unterlagen zusammen und zog mich zurück.
    Sie kam wenig später in mein Quartier.
    »Mark«, sagte sie noch in der Tür, »es tut mir leid. Aber es war einfach nicht zu vermeiden. Seitdem diese Sache da passiert ist, mit Baklanow, gibt es für die Zeitungsleute plötzlich nur noch ein Thema. Immerhin, du hast dich prächtig geschlagen.«
    Ich war mir dessen nicht so sicher. Zu viele Fragen, denen ich bis jetzt beharrlich ausgewichen war, drängten noch immer auf mich ein. Ich war gewiß, daß es nur eines Anrufes von mir bedurfte, und Harris in Metropolis würde zum Rückzug blasen. Im Geist formulierte ich bereits die Begründung: Aufgrund der bisherigen Vorfälle ... Harris war Realist. Er wußte, daß man sich dann und wann auch einmal geschlagen geben mußte. Mein Wort hatte bei ihm Gewicht. Ich stand auf. »Komm, wir gehen essen!«
    Ruth rührte sich nicht. »Mark! Mark, was ist mit dir?«
    »Was soll mit mir sein?« fragte ich zurück. »Im Projekt steckt der Wurm. Wenn ich Glück habe, finde ich ihn. Wenn ich Pech habe ... nun, dann sind Barleys Worte gar nicht so falsch gewählt.«
    Ruths Finger berührten behutsam meinen Arm.
    »Ihr seid Testflieger. Hast du das nicht selbst gesagt? Und auch, daß das Projekt zukunftsträchtig ist?«
    »Es ist mehr als das. Es ist wichtig und unerläßlich. Ein halbes Dutzend an Expeditionen wartet darauf, daß wir hier zu einem Ende kommen. Sie alle brauchen den Kolibri .«
    Ruths Augen lächelten mich an.
    »So gefällst du

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