Mark
sie
war am Morgen aus dem Urlaub zurückgekehrt. Ohne eine Antwort abzuwarten,
öffnete sie die Tür.
„ He Dan, ich zeige gerade Fotos,
möchtest du sie sehen?“ Sie trug einen weißen Haarreifen in ihrem dunkelbraunen
glatten Haar, Perlenohrringe und ein blau-weiß-gestreiftes T-Shirt. Sie hätte
einer Werbebroschüre für eine amerikanische Elite-Univeristät entstammen können
– wäre sie nicht erst fünfzehn Jahre alt gewesen.
„ Hm“, machte er nur. Eigentlich
interessierten ihn die Fotos nicht, aber das Herumliegen war auch langweilig.
Seine Mutter machte immer wieder „Ah, wie schön“ und
„Oh, wie nett“, als sie die Fotos der Digitalkamera über den Fernseher
anschauten: römische verfallene Tempel und Fotos ihrer Freundinnen. Bald langweilten
ihn die Bilder. Er hatte mit fünfzehn Jahren nicht alleine verreisen dürfen.
Aber Mariann trauten seine Eltern alles zu. Sie bekam schließlich auch alles
hin. Eigentlich war er froh, dass sie wieder da war. So hatte er wenigstens
etwas Gesellschaft.
„ Was hast du dir nur dabei
gedacht?“, fragte sie, als sie ihn später auf seinem Zimmer besuchte.
„ Du musst ja auch nicht die ganzen
Ferien hier verbringen.“
„ Wenn du nur Bescheid gesagt
hättest, hätte sich Mama auch nicht solche Sorgen um dich gemacht!“
„ Hör zu, ich habe das schon zur
Genüge gehört, und ich muss zwei Wochen hier drinnen bleiben. Spar dir deine
Kommentare!“
„ Ich verstehe es nur einfach nicht.
Hat es sich wenigstens gelohnt?“
Er schnaubte nur. Das war es ja gerade, es hatte
sich nicht gelohnt. Zwei Tage war er Carl und seinen Freunden gefolgt, selten
nüchtern, und hatte nicht einen netten Kerl kennengelernt, Carl dagegen hatte
offenbar seine große Liebe gefunden, nicht einmal angerufen hatte er seitdem.
„ Oh, wer ist das denn?“ Mariann lehnte
sich aus dem Fenster und deutete auf die neuen Nachbarn.
„ Sind vor ein paar Tagen hier
eingezogen.“
„ Die sehen ganz nett aus.“ Es waren
nur Marks Eltern zu sehen, die leere Kartons in ein Auto luden. Als auch Mark
herauskam, winkte er ihnen zu.
„ Kennst du den schon?“
„ Mark. Er kommt in meine Stufe.“
Mariann sah ihn skeptisch an.
„ Was ist denn?“
„ Na ja, sonst gehst du nicht gerade
auf andere Leute zu.“
Er sah sie vernichtend an.
Als sie sein Zimmer verlassen hatte, schaute er Mark
nach, der wieder in der Einfahrt verschwand. Er hatte ihn nicht wieder
angerufen. Warum auch? Es ärgerte ihn, dass er darüber nachdachte. Er durfte
sich da nichts einbilden.
Als er die Treppe hinunterlief, sah er seine Mutter
in der Küchenzeile ein aufwändiges Menü zubereiten, wahrscheinlich zur Feier,
dass Mariann wieder da war.
„ Mama, kann ich noch mal raus? Ich
will nur laufen.“
„ Du weißt doch, was wir abgemacht
haben.“
„ Nur eine halbe Stunde. Ich will im
See baden. Morgens ist es immer zu kalt. Ich werde wahnsinnig, wenn ich immer
in meinem Zimmer bin. So kann ich mich auch nicht aufs Lernen konzentrieren.“
„ Das hättest du dir vorher überlegen
sollen!“
Er sah sie bettelnd an, während sie einen Braten in
den Ofen schob.
„ Aber wirklich nur eine halbe
Stunde! Und du triffst keine Freunde!“
„ Die sind eh nicht da.“
Bevor sie es sich anders überlegen konnte, lief er
los, so schnell er konnte, bis seine Lungen schmerzten.
Der See lag verlassen da, es war ihm ein Rätsel,
warum er der einzige war, der es liebte, hier abends zu schwimmen. Das Wasser
war wärmer als die Luft. Er schwamm einmal bis zur Mitte des Sees und wieder
zurück. Als er an Land kam und sich abtrocknete, fühlte er sich herrlich
befreit. Er hatte noch zehn Minuten, bis er wieder zu Hause sein musste. Kurz
vor dem Ortsanfang setzte er sich auf eine Bank und zündete sich eine Zigarette
an. Diese Bank war sein Lieblingsort. Hier hatte er schon oft gesessen und geraucht
oder mit Janina und Carl gequatscht.
Entspannt betrachtete er den dämmrigen Himmel. Vom
Ort her kam ein Fahrrad auf ihn zu. Sofort erkannte er das Mountainbike.
„Hallo“, begrüßte Mark ihn fröhlich und hielt an. „Warst du schwimmen?“
„ Es ist herrlich. Leider muss ich
gleich wieder nach Hause.“
„ Schade.“
Daniel zuckte die Schultern. „Meine Schwester ist
wieder da. Meine Mutter kocht ein Menü.“
Mark lachte. „Ist sie auch so eine perfekte
Hausfrau?“
Es wunderte ihn, dass Mark darüber lachen konnte.
„Sie tut jedenfalls so.“
„ Damit die Nachbarn nur nicht über
sie reden. Meine
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