Markus, glaubst du an den lieben Gott? (German Edition)
ist plötzlich da. Während ich hier schreibe, bemerke ich, wie gerne ich den Begriff „Es“ benutze! Das „Es“ trifft „es“ oft so gut – das schlechte Gewissen. „Herr, du bist mein Halt, du gibst mir Raum und Sinn, du bist mein lieber Gott. Alles in meinem Leben passiert, damit ich zu dir finden darf.“
„Vom Saulus zum Paulus?“, höre ich den lieben Frank Elstner während unseres Vorbereitungsgespräches zu seiner Sendung fragen, zu der er mich eingeladen hat. „Möchtest du darüber reden? Soll ich dich auf den Vorfall mit den Kindern in deiner Nachbarschaft ansprechen?“ Ich lehne dankend ab. „Sicher?“ Er bringt mich zum Lachen mit seiner Offenheit. „Sicher! Ich habe einen Fehler gemacht, als ich die kleinen Kieselsteine nach diesen Kindern geworfen habe, weil ich wütend über die von Kaugummi verklebte Klingel war und das nicht enden wollende Gebimmel. Es tut mir leid! Bitte lass es dabei, Frank!“ Er ist einverstanden. „Der Moment wird kommen.“ Nun steht es hier, und in einem der nächsten Kapitel gibt es noch mehr darüber. Diesen Schritt habe ich mit meiner Frau abgesprochen.
Meine Großmutter mütterlicherseits, Omi Bösche, erzählte mir eines Tages wie beiläufig, dass sie nicht selten Meinungsverschiedenheiten und auch mal Streit mit meinem Großvater hätte. Ich war nicht erstaunt – das ist doch normal in einer Beziehung! Immer würden sie aber mit einem Gutenachtkuss und einem versöhnenden Wort nebeneinander einschlafen. Der Innbegriff von Toleranz und Liebe! Omi hatte einen guten Einfluss auf mich. Vergebung wurde bei ihr großgeschrieben. „Markus, glaubst du an den lieben Gott?“ Das waren ihre Worte, immer mal wieder. Wenn ich mich damit von ihr bei einer kleinen Schandtat ertappt gefühlt habe, dann ist mir das Blut heiß in den Kopf geschossen. Vielleicht hatte ich gerade die Schokolade meiner Schwester angeknabbert. Erst hat sie streng geschaut und zuletzt gelächelt. Erst viel später in meinem Leben habe ich verstanden, dass es auch für mich wahre Vergebung gibt. Und wenn ich bereit bin, den Weg der Vergebung selbst vorzuleben, vermehrt sich diese Gnade, auch mir selbst gegenüber.
Wenn meine Omi nicht gewesen wäre, dann hätte ich oft nicht erkennen können, was richtig und was falsch ist. Manchmal musste ich dabei durch den Zweifel hindurch. „Markus, einen guten Menschen kannst du an seinen Händen erkennen!“ – das war ein Satz, den ich oft von ihr gehört habe. Sie konnte mich damit regelrecht auf die Palme bringen, und ich hielt dem entgegen, dass zum Beispiel ein erfolgreicher Edelganove seine Hände lediglich gut pflegen müsse. Da er ja wahrscheinlich viel Zeit zur Verfügung hatte (er muss ja nicht arbeiten gehen), fiele es ihm folglich nicht schwer, als guter Mensch durchzukommen. Ich bin nicht darauf gekommen, dass meine Omi mit ihrer Äußerung lediglich eine von vielen Komponenten herausstellte. Die Sprache der Hände sagt etwas über mein Gegenüber? Vielleicht wollte sie mich auch nur zum Nachdenken anregen. Das Gesamtbild zählt. Das weiß ich heute.
Eine Geschichte fällt mir dazu noch ein, die von dem Mann mit den langen Fingernägeln, den vielen Goldringen und einem profitablen Aktienangebot. Eines Tages war es so weit in meinem Leben. Ich hatte genug Geld, um Aktien zu kaufen. Ein Mitarbeiter meiner Hausbank bot sich an, ein Verkaufsgespräch mit mir zu führen. Wir trafen uns bei Kaffee und Zigarre, und mir fiel zum ersten Mal auf, dass der Mann enorm gepflegte Hände hatte. Mehr noch: Sie waren goldbestückt. Ringe, Uhr und Ketten – alles Gold. Ich ließ mich davon beeindrucken. Aber meine gute Erziehung und das Wissen meiner Großmutter mahnten mich. „Markus, der Mann ist ein Blender. Du willst auch so viel Gold an den Händen? Nein, das bist du nicht!“ Die Omi im Ohr ist einfach nicht wegzukriegen. Ich verhielt mich zurückhaltend und kaufte nur verhältnismäßig wenig Aktien und Fonds. Und doch waren es immer noch zu viele. Sieben Jahre später verlor ich alles, so wie viele andere Menschen auch. Der Mitarbeiter war zwar kein schlechter Mensch, aber seine Hände waren schon der Spiegel seines materiellen Weltbildes. Ich habe ihm vergeben. Ich muss ihn nicht verachten, sondern kann es in Zukunft selbst besser machen. Danke dafür, lieber Gott. Danke, Omi.
Ich liebte die Nachmittage bei ihr. Die Brille auf der Nase und ein Stück Kuchen auf dem Teller, saß sie mir gegenüber und erzählte: „Es ist seit Wochen
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