Marlene Suson 1
widerstanden haben.
Rachel kam zum Bett und untersuchte seine Handgelenke. Da- bei mußte sie sich über ihn beugen. Ihr Duft nach Lavendel und Rosen umwehte ihn, und ihre Brüste wogten aufreizend dicht über seinem Gesicht. Schweißtropfen begannen auf seiner Stirn zu perlen.
Nach einer Zeit, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, beendete sie ihre Untersuchung, richtete sich auf und sah ihn vorwurfsvoll an. „Sehen Sie denn nicht, daß Ihre Anstrengungen ganz umsonst sind? Sie tun sich nur selbst weh.‚
Jerome kämpfte um sein inneres Gleichgewicht. Dann fragte er: „Wenn Sie die Nacht nicht mit Tony verbracht haben, wo waren Sie dann?‚
„Hier bei Gentleman Jack. Er hatte einen Rückfall. Nicht ge- fährlich, wie sich dann herausstellte, aber wegen des Unwet- ters konnte ich nicht zurückreiten. Ich mußte auf dem Sofa im Salon schlafen.‚ Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Ich glaube, es ist mein Schicksal, stürmische Nächte hier zu ver- bringen.‚
„Welche Rolle spielt eigentlich Gentleman Jack bei meiner Ent- führung?‚
„Er schrieb die Botschaft, die ich Ihnen gab, und verließ dann sein Versteck hier, damit wir allein sind.‚ Sie lächelte. „Ich hätte nicht gedacht, daß seine Botschaft Sie wirklich herlocken könnte. Trotzdem sind Sie hier. Wieso eigentlich?‚
„Reine Neugier.‚ Da Morgan ihr offensichtlich nicht verraten hatte, daß sie Brüder waren, würde er es auch nicht tun. Solange Morgan nur unter dem Namen ,Gentleman Jack’ bekannt war, konnte er jederzeit sein Leben als Lord Morgan Parnell wieder aufnehmen, wenn er seiner Robin Hood-Rolle entsagte. Wenn je- doch seine wahre Identität entdeckt wurde, konnte nicht einmal der mächtige und einflußreiche Duke of Westleigh ihn retten.
„Wie haben Sie Gentleman Jack dazu gebracht, diese Botschaft zu schreiben?‚
„Aus Dankbarkeit dafür, daß ich seine Schußverletzung be- handelt habe. Er hatte mir seine Hilfe versprochen, falls ich sie einmal brauchen sollte. Als ich dann allerdings bat, mir bei Ihrer Entführung zu helfen, hat er doch zunächst gezögert. Aber er ist ein Mann, der sein Wort hält.‚
Ja, das war er. „Hat Gentleman Jack Ihnen gesagt, Sie sollen mich so ans Bett fesseln?‚
„Nein. Er hat nur gesagt, daß ich Sie fesseln muß, weil Sie sonst nicht bleiben würden. Das mit dem Bett war meine Idee, damit Sie es bequemer haben.‚
Bequemer! Der Teufel sollte sie holen! Es war die beschämend- ste Lage, in der er sich je befunden hatte. Sein verletzter Stolz regte sich wieder, und der Zorn, der sich ein wenig gelegt hatte, erfaßte ihn erneut mit aller Macht.
Er mußte sie dazu bringen ihn loszubinden, bevor man sie hier fand.
Doch nicht zu dem Preis, den sie forderte.
„Wir sind schon seit Stunden fort‚, sagte er. „Ihre Familie fragt sich gewiß bereits, was Ihnen zugestoßen sein könnte.‚
„O nein. Ich habe ihnen eine Nachricht hinterlassen, daß wir miteinander durchgebrannt sind.‚
Jerome zerdrückte einen Fluch zwischen den Zähnen. „Haben Sie auch erwähnt, daß Sie mich entführt haben?‚
„Nein, nur daß wir heiraten werden.‚
„Den Teufel werden wir!‚ Ihre Gewißheit, daß er sie heiraten würde, goß Öl in die Flammen seines Zorns. Niemand hatte Je- rome je dazu zwingen können, etwas gegen seinen Willen zu tun. Auch ihr würde das nicht gelingen.‚
„Sie sind völlig auf dem Holzweg, meine Liebe‚, sagte er kalt. „Mit diesem verrückten Streich haben Sie genau das Gegenteil dessen erreicht, was Sie wollten.‚
„Wie meinen Sie das?‚ fragte sie unsicher.
„Ich würde Sie nicht heiraten, selbst wenn Sie die einzige Frau im Universum wären. Lieber lasse ich mich aufs Rad flechten und vierteilen.‚
15. KAPITEL
Rachel blickte hinab auf ihren Gefangenen. In seinem Gesicht las sie nur unversöhnlichen Haß und totale Ablehnung. Tiefe Nie- dergeschlagenheit befiel sie.
Gentleman Jack hatte sie gewarnt, daß Jerome so reagieren könnte. Sie versuchte sich zu erinnern, was der Straßenräuber ihr geraten hatte, um den Herzog dazu zu bringen, seinen Zorn zu vergessen. Doch der Haß in seinen Augen lähmte ihre Ge- danken.
„Ich bin wirklich neugierig, weshalb Sie mich so dringend hei- raten wollen, daß Sie es mit einem so abartigen Trick versuchen.‚ Jeromes Stimme war kalt wie Eis. „Ist es Ihnen dermaßen wich- tig, Herzogin zu werden?‚
„O Gott, nein‚, versichert Rachel gekränkt. „Das bedeutet mir überhaupt nichts.‚
„Ich glaube
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