Marlene Suson 1
kleine Hexe haben! Er mußte sie haben, koste es, was es wolle. Er begehrte sie jetzt so sehr, daß er alles dafür gegeben hätte – alles, bis auf ein Heiratsversprechen.
Als sie mit seinen Handgelenken fertig war, fragte er mit einer Stimme, die so rauh war wie ein Reibeisen: „Werden Sie jetzt dieses verdammte Hemd ausziehen?‚
„Ich kann nicht‚, flüsterte sie in tödlicher Verlegenheit. „Ich hatte gehofft ... Ich würde lieber sterben, als Lord Felix zu hei- raten ... Aber dies kann ich einfach nicht tun.‚
Sie wandte das Gesicht ab, um ihre Tränen vor ihm zu verber- gen, doch er sah die feuchte Spur auf ihrer Wange. Jede andere Frau hätte ihre Tränen als Waffe eingesetzt. Sie dagegen versuchte sie zu verbergen.
Sie erinnerte ihn an diese mutterlosen Kätzchen, um die sie sich gekümmert hatte. Plötzlich vergaß Jerome sein drängendes Verlangen und auch den Zorn auf sie. Fast wider Willen spürte er eine Welle von Mitleid mit diesem niedergeschmetterten, ge- demütigten Geschöpf in sich aufsteigen. Wäre er nicht gefesselt gewesen, dann hätte er sie in die Arme genommen und getröstet.
„Rachel‚, sagte er mit unerwartet sanfter Stimme. „Ich ver- stehe ja, daß Sie einer Ehe mit Lord Felix entrinnen wollen. Und ich will alles tun, um Ihnen dabei zu helfen – außer Sie selbst zu heiraten.‚
Nichts auf der Welt würde ihn dazu bringen. Er wollte nicht sein Leben lang darüber grübeln müssen, wer die Väter der Kin- der waren, die mit seinem Namen aufwuchsen.
„Wollen Sie das wirklich?‚ Sie sah ihn an, und ihre blauen Au- gen schwammen in Tränen. „Würden Sie dann . . . glauben Sie, Sie könnten sich wenigstens dazu überwinden ...‚
Aufmunternd lächelte er ihr zu. „Na, worum wollen Sie mich denn bitten?‚
Ihr Gesicht war feuerrot. „Wollen Sie ... würden Sie so freund- lich sein, mich zu ruinieren?‚
Jerome verschluckte sich fast bei der absonderlichen Wahl ih- rer Worte. „Es wäre wohl kaum freundlich von mir, wenn ich das täte‚, brachte er schließlich hervor. „Wissen Sie eigentlich, was ich Ihnen damit antun würde? Kein anderer Mann würde Sie mehr heiraten.‚
Sie nickte. „Aber auch Lord Felix nicht.‚
Warum nahm er nicht einfach, was ihm so freiwillig geboten wurde? Schließlich war er kein Heiliger. Doch trotz seines körper- lichen Verlangens machte sein Gewissen ihm zu schaffen. Sie war ein so unerfahrenes Kind, daß sie vermutlich gar nicht wußte, was sie da von ihm verlangte. „Sehen Sie mich an‚, befahl er brüsk. „Wissen Sie eigentlich, was das Wort ,ruinieren’bedeutet?‚
Sie nickte ernst und gefaßt. „Ja, Sie werden mich umlegen.‚
Seine Mundwinkel zuckten, doch er zwang sich, ernst zu blei- ben. „Und wenn ich das tue, werden Sie alles verlieren, wonach eine Frau sich sehnt – einen Gatten und Kinder. Überlegen Sie es sich genau.‚
„Besser so, als mit einem Mann verheiratet zu sein, den ich verabscheue, und der mich unglücklich machen wird.‚
Vielleicht hatte sie sogar recht. Abgesehen davon spielte es oh- nehin keine Rolle mehr, ob er sie ,umlegte’ oder nicht. Nach dem Brief, den sie auf Wingate Hall hinterlassen hatte, war sie sowieso ruiniert. Man würde auf jeden Fall davon ausgehen, daß er mit ihr geschlafen hatte. Und man würde ihn dafür verdammen, daß er ihr dennoch die Ehe verweigerte.
Wenn er schon die Strafe erleiden mußte, weshalb sollte er dann nicht auch das Vergnügen genießen?
Außerdem war es der einzige Weg, das wilde Verlangen seines gemarterten Körpers zu stillen.
Sie schluckte mühsam. „Bitte, werden Sie mich ruinieren?‚
Sie wirkte so ernst und erwartungsvoll, daß er unwillkürlich
lächeln mußte. „Es wird mir eine Freude sein. Aber wenn ich das tun soll, müssen Sie mich schon losbinden. Sonst wird es beim besten Willen nicht gelingen.‚
Argwöhnisch sah sie ihn an. „Werden Sie weglaufen?‚
Er grinste mutwillig. „Und mir das Vergnügen entgehen lassen, Sie zu ... hm ... ruinieren? Ganz gewiß nicht.‚
„Oh!‚ rief sie erstaunt. „Wird es ein Vergnügen für Sie sein?‚
„Ich werde dafür sorgen, daß es für uns beide ein Vergnügen wird.‚ Trotzdem wollte er ihr noch eine letzte Chance für einen Rückzieher geben. „Ich muß aber sicher sein, daß Sie sich über eines voll und ganz im klaren sind: Ich werde Sie nicht heiraten. Nichts kann mich dazu bringen.‚
„Das will ich auch gar nicht mehr, wenn die Dinge so liegen‚, gab sie stolz zurück, und
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