Marlene Suson 3
schwarzen Hose steckte, die seine schmalen Hüften wie eine zweite Haut umspannte. Daniela spürte, wie die Liebe zu ihm in ihr aufwallte, und die Angst um ihn schnürte ihr das Herz ab. Bitte, lieber Gott, flehte sie stumm, mach, daß ihm nichts geschieht.
Von der gegenüberliegenden Seite stolzierte Gilfred Rigsby heran, begleitet von einem Mann in mittleren Jahren, der eine gepuderte Perücke trug. Sein hartes Gesicht war geprägt von den Spuren eines ausschweifenden Lebens. In Danielas Gedächtnis klang eine Saite an. Sie hatte den Eindruck, dem Mann vor langer Zeit schon einmal begegnet zu sein, doch sie konnte sich nicht an die Begleitumstände erinnern.
„Wer ist Rigsbys Sekundant?“ fragte sie Rachel.
Rachel warf einen Blick auf den Mann und schüttelte sich un- willkürlich. Ihr Gesicht erstarrte in Ekel und Abscheu. „Lord Birkhall. Wenn ich ihn sehe, kriege ich eine Gänsehaut. Er ist der niederträchtigste und verkommenste Mensch, den ich kenne. Und obendrein ist er gefühllos und grausam. Er ist ein Mann, dem jede, aber auch jede Gemeinheit zuzutrauen ist.“
„Zum Beispiel?“ fragte Daniela.
„Birkhall macht sich ein Vergnügen daraus, um hohe Einsätze zu wetten. Bei diesen Wetten geht es vorzugsweise um schlüpf- rige Teufeleien, bei denen stets ein armes, naives Mädchen auf der Strecke bleibt. Er und Rigsby sind von der gleichen Sorte.“
Daniela hörte nur noch mit halbem Ohr zu, denn in diesem Mo- ment trat Morgan an die Kutsche heran und öffnete den Schlag.
Er lächelte Daniela zu, und ihr Herz wurde weit.
„Guten Morgen, meine schöne Räuber-Lady. Du siehst heute morgen einfach berückend aus.“ Seine Stimme klang so sorglos, als könnte nichts auf der Welt ihn anfechten. „Ich bin gekommen, ein Pfand von dir zu erbitten.“
„Was möchtest du?“
„Ein Band oder etwas in der Art. Es ist ein schöner Brauch, daß die Dame ihren Ritter mit einem Band auszeichnet, damit es ihm Glück bringt, wenn er für sie kämpft.“
Im ersten Augenblick fiel Daniela nichts ein, was sie ihm geben könnte. Dann erinnerte sie sich an die smaragdgrüne Kokarde an ihrem Hut. Sie griff hinauf, riß sie ab und drückte sie an die Lippen, bevor sie sie Morgan reichte.
Er nahm sie und küßte ihr dann die Hand.
Ihr Herz klopfte wie wild. „Oh, Morgan, gib acht auf dich. Ich würde es nicht ertragen, dich zu verlieren.“
„Das wirst du auch nicht“, versprach er, ohne ihre Hand los- zulassen. „Es gehört schon ein besserer Mann als Gilfred Rigsby dazu, mich zu schlagen.“
„Aber er wird es mit Tricks versuchen.“
Morgan schmunzelte. „Er wird die traurige Erfahrung machen, daß das bei mir nicht so einfach ist, wie er es sich vorstellt.“
Damit drehte er sich um und ging dorthin, wo Rigsby auf ihn wartete.
Das zuversichtliche, tückische Grinsen in Rigsbys Gesicht äng- stigte Daniela mehr als der Degen in seiner Hand, denn es verriet ihr, daß er irgendeine Teufelei in petto hatte.
29. KAPITEL
Morgan und Rigsby standen sich gegenüber, den Degen in der Hand.
Der Ruf „en garde“ erschallte, gefolgt von dem kurzen Gruß der Duellanten. Dann wurden die Degen gezückt.
Stahl klang gegen Stahl. Morgan ging sofort in die Offensive und griff mit einer Serie blitzschneller Finten und Stöße, sowohl hoch als auch tief, an. Rigsby war sichtlich überrascht. Es gelang ihm, sie zu parieren, doch nur mit knapper Not.
Rigsby war kleiner und drahtiger als Morgan, aber er war längst nicht so schnell auf den Füßen wie sein größerer Geg- ner.
Die beiden Männer tänzelten vor und zurück, stoßend, parie- rend und wieder nachstoßend. Rigsby war der geübtere Fech- ter, doch Morgans draufgängerische Kühnheit führte dazu, daß er die Deckung seines Kontrahenten mehrmals durchbrach. Ob- wohl es Rigsby jedesmal gelang, sich wieder zu fangen, stand es doch immer auf Messers Schneide.
Plötzlich machte Rigsby einen Ausfall, aber Morgan parierte und brachte einen Gegenstoß an, der so gut geführt war, daß er den Hemdsärmel seines Gegners aufschlitzte.
Rigsby sprang erschrocken zurück, und Morgan verstärkte seinen Angriff.
Der Schweiß lief Rigsby übers Gesicht, und er wischte ihn flu- chend mit dem linken Ärmel ab. Das forsche Tempo, das Mor- gan vorlegte, ermüdete seinen Gegner sichtlich. Rigsby atmete keuchend.
Er vernachlässigte seine Deckung. Morgans Waffe fand eine Lücke, und die Klinge fuhr in Rigsbys linken Arm. Rigsby taumelte zurück, und Blut spritzte aus der
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