Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Millibar und war giftig. Und es gab keine Zuflucht auf dem schwarzen Planeten da unten auf viele Kilometer in jeder Richtung. Nadia pflegte einige Zeit zu steuern, ging dann nach hinten, drehte und krümmte sich zusammen im Versuch, etwas Schlaf zu finden. Oft erinnerte sie das Klicken eines Transponders im Radio in Verbindung mit ihrer allgemeinen Situation an die Zeit, da sie und Arkady dem Sturm in der Arrowhead getrotzt hatten. Sie sah ihn dann wieder, wie er mit rotem Bart und nackt durch das zerbrochene Innere des Luftschiffs geschritten war und Verkleidung abriß, um sie über Bord zu werfen, wobei schwebende Partikel um ihn einen Nimbus bildeten. Danach riß sie die 16D wieder wach, und sie mußte mit dem Unbehagen ihrer ewigen Angst kämpfen. Es hätte ihr geholfen, wieder das Steuer zu übernehmen, aber Yeli wollte seinen Teil als Pilot, wenigstens in den ersten Stunden seiner Wache. Sie konnte ihm also nur helfen bei der Ausschau nach dem anderen Flugzeug, das sich immer einen Kilometer rechts von ihnen befand, wenn alles stimmte. Sie hatten mit ihm auch gelegentlich Funkkontakt, aber in Form von Mikroimpulsen, die sie auf ein Minimum beschränkten. Stündliche Kontrollen oder Rückfragen, wenn einer zurückblieb. In der toten Nacht schien dies manchmal alles zu sein, was ein jeder von ihnen je getan hatte. Es war schwer, sich daran zu erinnern, wie das Leben vor der Revolte gewesen war. Und wie lange war das her? Vierundzwanzig Tage? Drei Wochen, obwohl es sich wie fünf Jahre anfühlte.
Und wenn sich dann der Himmel hinter ihnen zu röten begann, wenn hohe Cirruswolken purpurn wurden, rot, karmesin, lavendel und dann schnell in einem rosigen Himmel die Farbe von Metallspänen annahmen; und wenn sich die unglaubliche Fontäne der Sonne über einen Felsenrand ergoß, suchten sie, während sie geisterhaft über die steinige und im Dunkeln liegende Landschaft glitten, nach Zeichen einer Piste. Nach der ewigen Nacht schien es unmöglich, daß sie überhaupt erfolgreich navigiert hatten. Aber da unten lag die schimmernde Piste, auf der sie in einem Notfall direkt landen würden. Und die Transponder ließen sich alle einzeln identifizieren und markierten Punkte auf der Karte. Ihre Navigation war immer sicherer, als es schien. Also erspähten sie jeden Morgen einen Behelfslandeplatz in den Schatten voraus, einen willkommenen gelben Strich, der vollkommen eben war. Sie glitten hinunter, setzten auf, bremsten und rollten zu irgendwelchen Einrichtungen, die sie finden konnten, hielten die Motore an und sanken in ihre Sitze zurück. Sie genossen das seltsame Fehlen von Vibrationen und die Stille eines weiteren Tages.
An diesem Morgen landeten sie auf der Rollbahn an der Margaritifer-Station. Als sie aus ihren Flugzeugen stiegen, kamen ihnen ein Dutzend Männer und Frauen entgegen, deren Willkommen sehr enthusiastisch ausfiel. Sie drückten und küßten die Reisenden immer wieder und lachten dabei. Die sechs drängten sich zusammen, hierdurch mehr alarmiert als durch die vorsichtige Begrüßung am Tag zuvor. Immerhin versäumten die Leute nicht, Laser-Leser über ihre Handgelenke zu führen, um sie zu identifizieren. Das war beruhigend. Als aber die KIs bestätigten, daß sie in der Tat sechs der Ersten Hundert empfingen, brachen sie in Hochrufe aus und fuhren in allerbester Stimmung fort. Als die sechs dann durch eine Schleuse in die Messe geführt wurden, gingen einige ihrer Gastgeber sofort zu einigen kleinen Tanks und atmeten Proben von etwas ein, das sich als Sauerstoffnitrat und ein Pandorphin-Aerosol herausstellte, wonach sie sich kaputtlachten.
Einer von ihnen, ein schlanker Amerikaner mit frischem Gesicht, stellte sich vor. »Ich bin Steve. Ich habe mit Arkady in Phobos 12 trainiert und mit ihm auf Clarke gearbeitet. Die meisten von uns hier haben mit ihm auf Clarke gearbeitet. Wir waren in Schiaparelli, als die Revolution begann.«
»Weißt du, wo Arkady ist?« fragte Nadia.
»Zuletzt hörten wir, daß er in Carr wäre, aber jetzt ist er aus dem Netz heraus, wie es wohl sein sollte.«
Ein großer hagerer Amerikaner trat zu Nadia, legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte: »Wir sind nicht immer so.« Dabei lachte er.
»O nein!« stimmte Steve zu. »Aber heute ist ein Feiertag! Habt ihr nicht gehört?«
Eine kichernde Frau riß ihr Gesicht vom Tisch hoch und schrie: »Unabhängigkeitstag! Der Vierzehnte!«
»Seht her!« sagte Steve und zeigte auf ihren Fernseher.
Auf dem Schirm flimmerte
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