Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Thermokarste«, sagte Ann. Aber sie hatten gebohrt und kein Wasser gefunden. Das begann ein Problem zu werden. Bisher hatte sie noch kein Wasser in nennenswerter Menge im Boden gefunden, ganz gleich, wie tief sie bohrten. Sie waren gezwungen, sich auf das zu beschränken, was die Luftsammler lieferten.
Nadia zuckte die Achseln. Die Luftsammler waren recht schwierig. Und sie mußte sich um ihre Gewölbe kümmern. Die neuen verbesserten Backsteine kamen, und sie hatte die Roboter für den Bau der Wände und Dächer gestartet. Die Ziegelei belud kleine Robotwagen, die wie Spielzeugautos über die Ebene zu Kränen auf dem Baugelände rollten. Die Kräne holten Backsteine einzeln heraus und legten sie auf Kaltmörtel, den eine andere Gruppe von Robotern hingetan hatte. Dies System funktionierte so gut, daß bald die Backsteinproduktion zum Engpaß wurde. Nadia hätte gern mehr Vertrauen in die Roboter gesetzt. Diese schienen zwar in Ordnung; aber ihre Erfahrungen in den Jahren auf der Navy Mir hatten sie vorsichtig gemacht. Roboter waren großartig, wenn alles perfekt lief; aber nie ging alles perfekt; und es war schwierig, mit Entscheidungsalgorithmen zu programmieren, die sie entweder so vorsichtig machten, daß sie jeden Moment stillstanden oder so unbeherrscht, daß sie unglaubliche Dummheiten anrichten konnten, einen Fehler tausendmal wiederholten und einen kleinen Ausrutscher zu einem kapitalen Fehler machten, wie in Mayas Gefühlsleben. Man erhielt von den Robotern, was man in sie hineinsteckte, aber auch die besten von ihnen waren hirnlose Idioten.
Eines Abends erwischte Maya Nadia in ihrem Werkzeugraum und bat sie, auf einen privaten Kanal umzuschalten. Sie jammerte: »Michel ist nutzlos. Ich habe es wirklich schwer, aber er sieht mich nur an, als ob er mich ablecken wollte. Nadia, du bist der einzige Mensch, dem ich vertraue. Gestern habe ich Frank erzählt, daß ich dachte, John würde versuchen, seine Autorität in Houston zu untergraben, daß er diesen Verdacht aber nicht weitererzählen sollte. Und schon am nächsten Tage fragte mich John, warum ich meinte, daß er etwas gegen Frank hätte. Es gibt niemanden, der bloß zuhört und den Mund hält.«
Nadia nickte und verdrehte die Augen. »Bedaure, Maya, ich muß mit Hiroko über ein Leck sprechen, das sie nicht finden können.« Sie stieß mit ihrer Visierscheibe leicht gegen die Mayas - Symbol für einen Kuß auf die Wange -, schaltete auf die allgemeine Frequenz um und ging weg. Genug war genug. Es war unendlich viel interessanter, mit Hiroko zu sprechen - echte Konversation über reale Probleme in der realen Welt. Hiroko bat Nadia fast jeden Tag um Hilfe, und das gefiel Nadia, weil Hiroko tüchtig war und seit der Landung ihre Wertschätzung von Nadias Fähigkeiten deutlich gestiegen war. Gegenseitiger professioneller Respekt schafft Freundschaften. Und es war so angenehm, nur fachzusimpeln. Hermetische Verschlüsse, Schleusenmechanismen, Wärmetechnik, Glaspolarisation, human/agrare Grenzfragen (Hiroko war dem Gang der Dinge immer ein paar Schritte voraus). Diese Themen waren eine große Erleichterung nach all den emotional geflüsterten Gesprächen mit Maya darüber, wen sie mochte und wen nicht, wie sie über dies und jenes dachte, und wer an diesem Tag mal wieder ihre Gefühle verletzt hatte... Puh! Hiroko war nie wunderlich; außer wenn sie etwas sagte, mit dem Nadia nichts anfangen konnte, wie: »Der Mars wird uns sagen, was er will, und wann wir es werden tun müssen.« Was konnte man zu so etwas sagen? Aber Hiroko zeigte nur ihr großes Lächeln und lachte über Nadias Achselzucken.
Abends lief das Gespräch meist durcheinander, heftig, beflissen, unbewußt. Dmitri und Samantha waren sich sicher, daß sie bald genetisch erzeugte Mikroorganismen in den Regolith einbringen könnten, die überleben würden. Aber sie müßten erst die Genehmigung von den UN bekommen. Nadia fand ihrerseits den Gedanken alarmierend. Die chemische Technik in den Fabriken wirkte dadurch relativ simpel, mehr wie Ziegelherstellen als die gefährlichen Schöpfungsakte, die Samantha vorschlug. Obwohl die Alchemisten auch selbst hübsch kreativ waren. Fast jeden Tag kamen sie zum Anhängerpark mit Proben neuer Materialien: Schwefelsäure, Zement für Gewölbemörtel, Ammoniumnitratsprengstoffe, ein Treibstoff für Geländewagen aus Calcium-Cyanamid, Polysulfidgummi, Hypersäuren auf Siliziumbasis, emulgierende Wirkstoffe, eine Sammlung von Reagenzröhrchen mit
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