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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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er sich umsah, gab es nur noch sehr wenige andere Anzeichen der alten Nationalstaaten. Die neuen machten den Eindruck, größtenteils bankrott zu sein, sogar die Gruppe der Sieben. Und die Transnationalen waren die Gläubiger, wenn überhaupt jemand. Einige Berichte legten Sax den Gedanken nahe, daß die Transnationalen in gewisser Weise sogar kleinere Länder als Kapitalanlage betrachteten in einem neuen Arrangement, das weit über die alten Kontrakte der Gefälligkeitsflaggen hinausging.
    Ein Beispiel für dieses neue Arrangement in etwas anderer Form war der Mars selbst, der effektiv im Besitz der großen Transnationalen zu sein schien. Und jetzt, da es wieder einen Aufzug gab, hatten sich der Export von Metallen und der Import von Menschen und Gütern enorm beschleunigt. Effektenkurse auf der Erde blähten sich hysterisch auf, um die Aktion zu markieren, ohne daß ein Ende abzusehen war, trotz der Tatsache, daß der Mars die Erde nur mit bestimmten Metallen in bestimmten Mengen versorgen konnte. Also war der Effektenmarkt wohl nur eine Seifenblase; und wenn er platzte, könnte alles sehr wohl wieder zusammenkrachen - oder vielleicht auch nicht. Die Ökonomie war ein höchst bizarres Gebiet, und es gab Hinweise, wonach der ganze Börsenmarkt einfach zu irreal war, um über sich hinaus Wirkung zu zeigen. Aber wer wußte, wann das geschehen würde? Sax, der durch die Straßen von Burroughs wanderte und sich die Aushänge der Börsenkurse in den Fenstern der Geschäfte ansah, behauptete bestimmt nicht, es zu wissen. Menschen waren eben nun mal keine rationalen Systeme.
     
    Diese Grundwahrheit wurde bestätigt, als Desmond eines Abends an seiner Tür erschien. Der berühmte Cojote persönlich, der blinde Passagier, stand da ruhig und einfach im grellbunten Pullover eines Bauarbeiters, wobei diagonale Streifen von Aquamarin und Königsblau das Auge nach unten zu zitronengrünen Stiefeln eines Schutzanzuges führten. Viele Bauarbeiter in Burroughs, und es gab deren eine Menge, trugen die neuen leichten und geschmeidigen Schutzstiefel immer als eine Art modischer Aussage, und alle hatten helle Farben. Aber nur wenige erreichten die erstaunliche Qualität des fluoreszenten Grüns von Desmond.
    Er grinste auf seine verrückte Art, als Sax diese Stiefel anstarrte. »Ja, sind sie nicht wunderschön? Und sehr ablenkend.«
    Was auch stimmte, da seine Haarzotteln in eine weite, rot-gelb-grüne Mütze gestopft waren. Überall auf dem Mars ein ungewöhnlicher Anblick. »Komm, gehen wir einen trinken!«
    Er führte Sax in eine billige Bar an der Kanalseite, die in die Flanke eines massiven entleerten Pingos eingebaut war. Die Bauarbeiter dort saßen dicht gedrängt an langen Tischen und klangen meistens australisch. An der Kanalseite selbst warf eine besonders ruppige Gruppe Eisbrocken in der Größe von Kanonenkugeln in den Kanal hinaus. Ab und zu prallte einer davon auf das Gras am anderen Ufer, was Hurragebrüll und oft eine Runde Stickoxydul für das Haus auslöste. Spaziergänger am anderen Ufer machten an dieser Stelle einen großen Bogen.
    Desmond bestellte ihnen vier Gläschen Tequila und einen Inhalator für Lachgas. »Wir werden hübsch bald Kakteen auf der Oberfläche wachsen haben, nicht wahr?«
    »Ich denke, das könntest du schon jetzt schaffen.«
    Sie setzten sich ans Ende eines Tisches mit polternden Ellbogen, und Desmond redete Sax ins Ohr, während sie tranken. Er hatte einen ganzen Wunschzettel von Dingen, die Sax für ihn von Biotique stehlen sollte. Sämereien, Sporen, Rhizome, bestimmte Wachstumsmedien und schwer zu synthetisierende Chemikalien ... »Hiroko sagt, ich müßte dir mitteilen, daß sie das wirklich alles braucht, aber ganz besonders die Sämereien.«
    »Kann sie die nicht selbst züchten? Ich mag nicht klauen.«
    Desmond sagte und unterstrich den Gedanken mit einer kräftige Prise Gas und danach einem Schluck Tequila: »Das Leben ist ein gefährliches Spiel. Ahhh!«
    »Es ist nicht die Gefahr. Ich mag das einfach nicht tun. Ich arbeite mit diesen Leuten zusammen.«
    Desmond zuckte die Achseln und antwortete nicht. Sax kam auf den Gedanken, daß diese Skrupel Desmond verletzen könnten, der den größten Teil des einundzwanzigsten Jahrhunderts als Dieb und Straffälliger gelebt hatte. Schließlich sagte Desmond: »Du wirst es nicht diesen Leuten wegnehmen. Du wirst es der Transnationalen wegnehmen, die Biotique besitzt.«
    »Aber das ist ein Schweizer Kollektiv und Praxis«, entgegnete Sax. »Und

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