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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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sich die Hand zerquetscht hat, als sie Clarke evakuierten. Und Phyllis war das, was einer Ärztin am nächsten kam, und hat sich deshalb während des ganzen Flugs um sie gekümmert. Sie glaubte wohl, es zu schaffen; aber ich vermute, daß ihr etwas ausging - die beiden, die mir die Geschichte erzählt haben, haben sich darüber nicht allzu deutlich geäußert. Und der Patientin ging es immer schlechter. Phyllis rief eine Gebetsversammlung für sie ein; aber sie starb doch, ein paar Tage, ehe sie in das System der Erde eintraten.«
    »Ah!« sagte Sax. »Phyllis scheint jetzt aber nicht mehr so ... religiös zu sein.«
    Desmond knurrte. »Das ist sie nie gewesen, wenn du mich fragst. Ihre Religion war das Geschäft. Du kannst richtige Christen besuchen wie die Leute unten in Christianopolis oder Bingen, und wirst feststellen, daß sie beim Frühstück nicht über Profite sprechen und das mit jener salbungsvollen Rechtschaffenheit bewältigen, die sie besitzen. Rechtschaffenheit - mein Gott - ist bei einer Person eine höchst unerfreuliche Eigenschaft. Du weißt doch, es muß sein wie ein auf Sand gebautes Haus? Aber die Christen der Demimonde sind nicht so. Es sind Gnostiker, Quäker, Baptisten, Baha'i, Rastafarianer, was auch immer. Die angenehmsten Menschen im Untergrund, wenn du mich fragst. Und ich habe mit allen gehandelt. So hilfreich. Und ohne Prätentionen, daß sie mit Jesus die besten Freunde sind. Sie halten eng zu Hiroko und auch den Sufis. Da unten entwickelt sich eine Art von mystischem Netzwerk.« Er kicherte. »Aber jetzt Phyllis und all diese Businessfundamentalisten - sie benutzen Religion, um Wucherei zu tarnen. Das hasse ich. Ich habe Phyllis tatsächlich nach unserer Landung nie etwas Religiöses sagen hören.«
    »Hattest du, nachdem wir gelandet waren, viel Gelegenheit, Phyllis sprechen zu hören?«
    Wieder ein Gelächter. »Mehr, als du dir denken könntest! Ich habe in jenen Jahren mehr gesehen als du, mein lieber Labormensch! Ich hatte überall meine kleinen Verstecke.«
    Sax machte ein skeptisches Geräusch, und Desmond lachte und klopfte ihn auf die Schulter. »Wer sonst könnte dir sagen, daß du und Hiroko in den Jahren von Underhill ein Thema gewesen seid?«
    »Hmm.«
    »O ja, ich habe viel gesehen. Natürlich konnte man diese spezielle Beobachtung bei praktisch jedem Mann in Underhill machen und im Recht sein. Diese Hexe hat uns alle als Harem benutzt.«
    »Polyandrie?«
    »Zweifach, zum Teufel! Oder zwanzigfach!«
    »Hmm.«
    Desmond lachte ihn an.
     
    Gleich nach der Frühdämmerung erblickten sie eine weiße Rauchwolke, die die Sterne auf einem ganzen Quadranten des Himmels verdunkelte. Einige Zeit war diese dichte Wolke die einzige Anomalie, die sie in der Landschaft erkennen konnten. Als sie dann weiterflogen und der Terminator des Planeten unter ihnen dahinglitt, erschien am Osthorizont vor ihnen ein breiter Streifen hellen Bodens. Ein orangefarbener Streifen oder Trog, der ungefähr von Nordost nach Südwest über das Land lief, verdunkelt von Rauch, der einem Abschnitt davon entströmte. Der Trog unter dem Rauch war weiß und turbulent, als ob eine kleine vulkanische Eruption auf diesen Fleck beschränkt wäre. Darüber stand ein Lichtstrahl oder eher ein Strahl aus erleuchtetem Rauch, so dicht und massiv, daß er wie eine physische Säule war, die sich direkt nach oben erstreckte und weniger deutlich wurde, als die Rauchwolke dünner und schwächer wurde und dort verschwand, wo der Rauch seine größte Höhe von rund zehntausend Metern erreichte.
    Zuerst gab es kein Anzeichen von dem Ursprung dieses Strahls am Himmel. Die Luftlinse befand sich immerhin mehr als vierhundert Kilometer über ihnen. Dann glaubte Sax, etwas zu sehen wie den Geist einer Wolke, die sehr weit oben aufstieg. Vielleicht war es das, vielleicht auch nicht. Desmond war sich nicht sicher.
    Aber am Fuß der Lichtsäule war die Sichtbarkeit keine Frage. Die Lichtsäule hatte eine Art biblischer Präsenz, und der geschmolzene Fels unter ihr glühte wirklich in einem sehr strahlenden Weiß. Das war, was nach 5000 K aussah, wenn sie der freien Luft ausgesetzt wurden. Desmond sagte: »Wir müssen vorsichtig sein. Wenn wir in diesen Strahl fliegen, ginge es uns wie einer Motte in einer Flamme.«
    »Ich bin sicher, daß der Rauch auch sehr turbulent ist.«
    »Ja. Ich werde auf seiner Luvseite bleiben.«
    Unten, wo die weiße Säule des beleuchteten Rauchs auf den orangefarbenen Kanal traf, wurde frischer Rauch in

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