Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
angewandt werden, um mit den bestehenden Seuchen fertig zu werden.«
Die Leute lachten darüber, aber Art schien das nicht zu bemerken. Er wirkte entmutigt durch die mangelnde Billigung des allgemeinen Dokuments. Enttäuscht. Und Nirgal sah ärgerlich aus.
Nadia wandte sich um und sagte laut: »Wie wäre es mit einer Runde Applaus für unsere Freunde hier, die es geschafft haben, überhaupt etwas aus diesem Chaos heraus zusammenzustellen?«
Die Leute klatschten. Einige stießen Hochrufe aus. Einen Moment lang klang das ganz enthusiastisch. Aber es hörte rasch auf, und die Leute verließen das Amphitheater. Sie sprachen miteinander und stritten sich schon wieder.
So gingen die Debatten weiter, bei denen es jetzt um das Dokument von Art und Nirgal ging. Bei Durchsicht der Bänder erkannte Nadia, daß über die Substanz aller Punkte eine recht gute Übereinstimmung bestand, mit Ausnahme des sechsten, der das Niveau der Terraformung betraf. Die meisten Roten wollten das Konzept der niedrigen Verträglichkeit nicht annehmen. Sie betonten, daß der größte Teil des Planeten unterhalb der Vierkilometerlinie läge und daß die höheren Gebiete wesentlich kontaminiert würden, wenn die tieferen verträglich wären. Sie redeten davon, die jetzt im Gange befindlichen Prozesse industrieller Terraformung seien zu demontieren und es sei zu den langsamsten biologischen Methoden zurückzukehren, welche das radikale ökokreative Modell forderte. Einige befürworteten die Schaffung einer dünnen CO2- Atmosphäre, die für Pflanzen geeignet wäre, aber nicht für Tiere, da das eine für die flüchtigen Stoffe und bisherige Geschichte des Mars natürlichere Situation wäre. Andere waren dafür, die Oberfläche so nahe wie möglich in dem vorgefundenen Zustand zu belassen und eine sehr kleine Bevölkerung unter Kuppeldächern zu halten. Diese Leute schimpften über die schnelle Zerstörung der Oberfläche durch industrielles Terraformen in wüsten Tönen und verurteilten besonders die Überschwemmung von Vastitas Borealis und die gänzliche Aufschmelzung der Landschaft durch die Soletta und die Luftlinse.
Aber als die sieben Tage verstrichen, wurde es immer deutlicher, daß dieser Punkt des Entwurfs der einzige war, der allgemein diskutiert wurde, während die anderen größtenteils nur der Feinabstimmung bedurften. Viele waren angenehm überrascht, daß der Entwurf wenigstens soviel Zustimmung gefunden hatte. Mehr als einmal sagte Nirgal ärgerlich: »Warum überrascht? Wir haben keine Punkte zurechtgemacht, sondern nur aufgeschrieben, was die Leute sagen.«
Und die Leute nickten dazu und gingen wieder zu den Meetings und arbeiteten wieder an den Punkten. Nadia hatte den Eindruck, daß überall aus Chaos Zustimmung aufkam, ausgelöst durch die Versicherung seitens Art und Nirgal, daß sie bestünde. Einige Sitzungen in dieser Woche endeten mit einer Art Kavajavarausch politischer Übereinstimmung. Die verschiedenen Aspekte von Staat waren endlich in eine Gestalt geschmiedet, der viele Parteien beipflichten konnten.
Aber der Streit über Verfahren wurde nur noch heftiger. Er ging hin und her - Nadia gegen Cojote, Kasei, die Roten, die Marsradikalen und viele Bogdanovisten. »Durch Mord kannst du nicht bekommen, was wir wollen!« - »Sie werden diesen Planeten nicht aufgeben! Politische Macht beginnt an der Mündung eines Gewehrlaufs!«
Eines Abends nach einer solchen ausgelassenen Veranstaltung fand sich eine große Menge in den flachen Stellen des Teichs von Phaistos zusammen, um sich zu entspannen. Sax saß auf einer Unterwasserbank und schüttelte den Kopf. »Radikal, liberal. Wer es nie geschafft hat, wieder zuzustimmen. Vorher«, sagte er.
Art steckte den Kopf ins Wasser und zog ihn prustend wieder heraus. Müde und enttäuscht sagte er: »Wie wäre es mit integrierter Seuchenbekämpfung? Wie mit dieser Idee angeordneter Pensionierung?«
»Erzwungene Arbeitslosigkeit«, berichtigte Nadia.
»Enthauptung«, sagte Maya.
»Was auch immer«, sagte Art und bespritzte sie. »Samtene Revolution. Seidenrevolution.«
»Aerogel«, warf Sax ein. »Leicht, stark. Unsichtbar.«
»Das ist einen Versuch wert«, meinte Art.
Ann schüttelte den Kopf. »Das wird nie funktionieren.«
»Es ist besser als ein neues Einundsechzig«, widersprach Nadia.
Sax sagte: »Besser, wenn wir uns auf einen Platz einigen - einen Plan.«
»Aber das können wir nicht«, erwiderte Maya.
Art war hartnäckig. »Die Front ist breit. Laßt uns
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