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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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durch Lektüre betrieben und durch Korrespondenz mit der Fakultät in Sabishii.«
    »Ich verstehe.«
    Und dann sprachen sie wieder über die neuen Resultate von CERN, über Wetter und über die Fähigkeit des Segelbootes, auf ein paar Grade gegen den Wind zu kreuzen. In der folgenden Woche ging sie wieder mit ihm auf einen seiner Spaziergänge auf den Meeresklippen der Halbinsel. Es machte ihm große Freude, ihr die Tundra zu zeigen. Und im Laufe der Zeit, wobei sie ihn Schritt für Schritt führte, schaffte sie es, ihn zu überzeugen, daß sie vielleicht dem Verständnis nahe kämen, was auf dem Planckschen Niveau geschah. Eine wirklich erstaunliche Sache, dachte er, dieses Niveau intuitiv zu erkennen und dann die Spekulationen und Deduktionen anzustellen, die erforderlich waren, um der Sache Fleisch und Gestalt zu geben und eine sehr komplexe neue Physik für einen Bereich zu schaffen, der so klein und so weit von dem durch die Sinne erfaßbaren Bereich entfernt war. Wirklich Respekt gebietend. Der Struktur der Realität auf der Spur. Obwohl beide sich einig waren, daß, genau wie bei allen früheren Theorien, viele grundlegende Fragen unbeantwortet blieben. Das war unvermeidlich. So konnten sie also Seite an Seite im Gras in der Sonne liegen und so tief in die Blüte einer Tundrablume schauen, wie das nur möglich war; und ganz gleich, was auf dem Planck-Niveau geschah, leuchteten im Hier und Jetzt die Blütenblätter blau im Licht mit einer geheimnisvollen Kraft, die das Auge fesselte.
     
    Tatsächlich machte das Liegen im Gras deutlich, wie stark der Permafrost schmolz. Die Schmelze lag auf einer harten Unterlage aus noch gefrorenem Boden, so daß die Oberfläche satt und morastig war. Als Sax aufstand, wurde sein Bauch in der Brise augenblicklich kalt. Er spreizte die Arme zum Sonnenlicht. Ein Photonenregen, der durch die Spin-Netze vibrierte. In vielen Regionen wurde Abwärme aus Kernkraftwerken in die kapillaren Gänge im Permafrost geleitet, erzählte er Bao, als sie zum Rover zurückgingen. Das machte in manchen feuchten Gebieten, die zur Sättigung an der Oberfläche neigten, Schwierigkeiten. Das Land schmolz gewissermaßen. Schlagartig Feuchtgebiete. Ein überaus aktives Biom. Obwohl die Roten Einspruch erhoben. Aber der größte Teil des Landes, der durch das Schmelzen des Permafrosts betroffen gewesen wäre, lag jetzt ohnehin unter dem Nordmeer. Das wenige, das über dem Meer blieb, sollte als Sumpf- und Marschland erhalten bleiben.
    Der Rest der Hydrosphäre erfuhr fast genauso große Veränderungen der Oberfläche. Dagegen war nichts zu machen. Wasser nagte die Felsen sehr wirksam ab, obwohl das kaum zu glauben war, wenn man sah, wie ein zarter Wasserfall an einer Klippe hinunterfiel und zu weißem Nebel wurde, lange bevor er den Ozean erreichte. Dann aber gab es das Schauspiel gigantischer Howlerwellen, die so hart auf die Klippen schlugen, daß der Boden unter den Füßen zitterte. Ein paar Millionen Jahre in dieser Weise, und die Klippen würden erheblich erodiert sein.
    »Hast du die Flußcanyons gesehen?« fragte Bao.
    »Ja, ich habe Nirgal Vallis gesehen. Bemerkenswert, wie befriedigend es war, Wasser unten auf dem Boden zu sehen. So passend.«
    »Ich wußte nicht, daß es hier draußen so viel Tundra gibt.«
    Tundra war die vorherrschende Lösung für einen großen Teil der Gebirge im Süden, sagte er ihr. Tundra und Wüste. In der Tundra wurde das Gras sehr wirksam am Boden fixiert. Kein Wind konnte Schlamm oder Treibsand aufheben und wegblasen, und davon gab es hier eine reichliche Menge. Das machte es gefährlich, in gewissen Regionen zu reisen. In den Wüsten rissen die starken Winde große Mengen von Staub in den Himmel, welche die Temperaturen senkten und den Tag verdunkelten. Sie schufen große Probleme, wenn sie niedergingen, wie es Nirgal ergangen war. Plötzlich neugierig, fragte er: »Bist du schon einmal Nirgal begegnet?«
    »Nein.«
    Die Sandstürme in diesen Tagen waren natürlich nicht mit dem längst vergessenen Großen Sturm zu vergleichen, aber ein Faktor mußte doch beachtet werden: Eine Bedeckung der Wüstenfläche mit Mikrobakterien war eine vielversprechende Lösung, obwohl dadurch meist nur die oberste, nur Zentimeter dicke Schicht von Ablagerungen fixiert wurde. Und wenn der Wind den Rand dieser Decke wegriß, war das, was darunter lag, der Erosion ausgesetzt. Kein leicht zu lösendes Problem. Die Staubstürme würden sie noch durch Jahrhunderte begleiten.
    Immerhin

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