Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
große Wirkung.«
»Das glaube ich.«
»Na also! Es wird besser, das mußt du zugeben. Und wenn die Behandlungen für Langlebigkeit nicht mehr wirken, wird es zu einem Gleichgewicht der Geburten und Todesfälle kommen.«
»Diese Zeit werden wir bald erreichen«, erklärte Sax düster.
»Warum sagst du das?«
»Anzeichen dafür erscheinen schon. Die Menschen sterben aus der einen oder anderen Ursache. Das Greisenalter ist nicht unproblematisch. Und so weiter zu leben wie wir, wenn das Greisentum längst hätte eintreten sollen... Es ist ein Wunder, daß wir so viel geschafft haben. Vermutlich hat das Altwerden seinen Sinn. Vielleicht die Vermeidung der Übervölkerung. Oder Platz zu schaffen für neues genetisches Material.«
»Das verheißt uns nicht Gutes.«
»Wir sind schon mehr als zweihundert Prozent über die alte mittlere Lebenserwartung hinaus.«
»Zugegeben, aber dennoch. Deswegen will man nicht, daß es ein Ende hat.«
»Nein. Aber wir müssen uns auf den Augenblick konzentrieren. Übrigens - kommst du mit mir hinaus aufs Feld? Das wird so unterhaltsam sein, wie du dir nur wünschen kannst. Es ist sehr interessant.«
»Ich werde versuchen, mich gelegentlich frei zu machen. Aber ich habe eine Menge Klienten.«
»Du hast viel freie Zeit. Du wirst sehen.«
In diesem Moment stand die Sonne hoch. Runde weiße Wolken türmten sich über ihren Köpfen und fanden sich in riesigen Anordnungen, die fast wie sich zu den Unterseiten hin abdunkelnder Marmor aussah. Cumulonimbus. Sax stand wieder auf der westlichen Klippe von Da Vinci und blickte über den Shalbatana- Fjord zu der Klippe, die die östliche Seite von Lunae Planum begrenzte. Hinter ihm erhob sich ein Berg mit flacher Kuppe, der den Rand des Kraters Da Vinci bildete. Heimatbasis. Er lebte nun schon sehr lange dort. In diesen Tagen ließ ihre Koop in Zusammenarbeit mit Spencers Labor in Odessa und anderswo viele Satelliten in den Orbit aufsteigen. Ebenso wie die Booster, eine Kooperative im Stil von Mondragon, die den Ring von Labors und Wohnsitzen im Rand betrieb, und auch die Felder und den See, der den Boden des Kraters füllte. Einige von ihnen ärgerten sich über Einschränkungen, die die Umweltgerichtshöfe den geplanten Projekten auferlegt hatten. Dazu gehörten auch neue Kraftwerke, die zuviel Wärme abgeben würden. In den letzten paar Jahren hatte der Globale Exekutivrat sogenannte K-Rationen ausgegeben, welche den Kommunen das Recht gaben, den festgesetzten Bruchteil eines Kelvin zur globalen Erwärmung beizutragen. Manche Roten Kommunen taten ihr Bestes, um K-Rationen zugewiesen zu bekommen, und benutzten sie dann nicht. Diese Maßnahme verhinderte neben laufenden Sabotageakten, daß die globale Temperatur besonders rasch anstieg, gleichgültig, was andere Kommunen taten. So etwa argumentierten die anderen Kommunen. Aber die Gerichtshöfe waren mit K-Rationen immer noch knauserig. Aufgetretene Fälle wurden von einem Gerichtshof der Provinz abgeurteilt; dann wurde das Urteil von der Globalen Instanz gebilligt, und das war es .darin. Keine Berufungen, sofern man keine beibringen konnte, die nicht von fünfzig anderen Kommunen mitunterzeichnet war, und selbst dann fiel die Berufung nur in den Morast der globalen Legislatur, wo ihr Schicksal von der undisziplinierten Meute in der Duma abhing.
Langsamer Fortschritt. Auch gerecht. Sax war zufrieden, wenn die globalen mittleren Temperaturen über dem Gefrierpunkt lagen. Ohne die Beschränkungen seitens des Globalen Exekutivrates konnte es leicht zu warm werden. Nein, er hatte es nicht mehr eilig. Er war ein Befürworter der Stabilisierung geworden.
Jetzt, an einem Periheltag draußen in der Sonne, herrschten erfrischende 281 K. Er ging am Klippenrand von Da Vinci entlang und hielt Ausschau nach alpinen Blüten in den Spalten des Gerölls. Als er danach auf den hellen Glanz der besonnten Fläche des Fjords schaute, kam ihm vom Klippenrand herunter eine große Frau entgegen, die eine Gesichtsmaske und einen Pullover trug, sowie große Kletterstiefel: Ann. Er erkannte sie sofort. Diese Gangart ließ keinen Zweifel. Es war leibhaftig Ann Clayborne.
Diese Überraschung versetzte seiner Erinnerung einen doppelten Stoß - an Hiroko, wie sie aus dem Schnee auftauchte, um ihn zu seinem Rover zu führen; und an Ann in Antarctica, wie sie über den Fels marschierte, um ihn zu treffen - aber warum?
Verwirrt versuchte er, dem Gedanken nachzuspüren. Ein Doppelbild, ein flüchtiges
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