Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
Fliegerin, die Zo jemals gesehen hatte. Wenn sie vor ihnen in der Luft war, schien es, als sei ein Engel in ihre Mitte gekommen, der zwischen ihnen hindurchschoß wie ein Raubvogel durch Tauben. Zu anderen Zeiten führte sie sie durch die engen Manöver, die das Bilden von Schwärmen so vergnüglich machten. Zo arbeitete tagsüber bei ihrem lokalen Koop-Partner und flog jeden Tag nach Beendigung ihrer Tambeschäftigung. Und ihr Herz war stets in höheren Regionen, erfreut von einem nach dem anderen. Einmal rief sie sogar Ann Clayborne an, um ihr vom Fliegen zu erzählen, was das wirklich bedeutete. Aber die Alte hatte fast vergessen, wer sie war, und schien nicht interessiert zu sein, selbst als Zo sich bemühte, ihr klar zu machen, wann und wie sie sich getroffen hatten.
An diesem Nachmittag flog sie mit einem inneren Schmerz. Gewiß, die Vergangenheit war vorbei; aber daß Menschen zu solchen Gespenstern werden konnten...?
Nichts ging über das Gefühl, nur Sonne und salzige Luft um sich zu haben, die sich immer verändernde schäumende Brandung, die gegen die Klippen auf und ab schwoll. Da war Melka, segelnd. Zo jagte hinter ihr her, spürte einen plötzlichen Ansturm von Zuneigung für diese schöne Erscheinung. Aber da erblickte Melka sie, kippte ab, streifte mit einer Flügelspitze den höchsten Felsen an der Küste und torkelte herunter wie ein angeschossener Vogel. Zo war durch den Anblick des Unfalls schockiert, zog ihre Flügel ein und beschleunigte mit heftigen Fußschlägen auf den Felsen zu. Sie fing das taumelnde Mädchen in ihren Armen auf und klatschte mit einem Flügel knapp über die blauen Wellen, während Melka unter ihr zappelte. Dann erkannte sie, daß sie würden schwimmen müssen.
ZWÖLFTER TEIL
ES GEHT SO SCHNELL
Sie schlenderten hinunter zu den niedrigen Uferfelsen oberhalb von Florentine. Es war Nacht, die Luft ruhig und kühl, die Sterne standen zu Tausenden gebündelt. Sie gingen nebeneinander auf dem Klippenpfad und blickten auf die Strände hinab. Das schwarze Wasser war glatt, gespiegeltes Sternenlicht perforierte die Obsidianfläche, und die lange verwischte Linie, die kaum als Pseudophobos zu erkennen war, ging im Osten unter und führte das Auge zu der dunklen schwarzen Landmasse jenseits der Bucht.
Ich bin besorgt, ja, sehr besorgt. Ich habe direkt Angst.
Warum?
Es ist Maya. Ihr Verstand. Ihre mentalen Probleme. Ihre emotionalen Probleme. Die werden ständig schlimmer.
Was sind das für Symptome?
Die gleichen, nur schlimmer. Sie kann nachts nicht schlafen. Manchmal haßt sie es, wie sie Aussieht. Sie befindet sich noch in ihrem manisch depressiven Zyklus, aber es ändert sich irgendwie. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Als ob sie sich nicht immer erinnern könnte, wo sie sich in dem Zyklus befindet. Sie springt darin umher. Sie vergißt vieles.
Das geht uns allen so.
Ich weiß. Aber Maya vergißt Dinge, die ich für sie typisch nennen würde. Es scheint sie nicht zu kümmern. Das ist das Schlimmste dabei. Es scheint ihr gleichgültig zu sein.
Das kann ich mir schwer vorstellen.
Ich mir auch. Vielleicht ist es nur der depressive Teil des Stimmungszyklus, der jetzt vorherrscht. Aber es gibt Tage, wo sie jede Gemütsbewegung verliert.
Nennt ihr so etwas jamais vu?
Nein, nicht genau. Sie hat allerdings auch solche Zustände. Wie ein gewisses Syndrom vor einem Schlaganfall.
Aber ich weiß wirklich nicht, was das ist. Sie hat jamais- vu-Eindrücke, bei denen sie sich fast an der Schwelle einer Erleuchtung fühlt, die nie kommt. Das geschieht oft bei Menschen in vorepileptischen Zuständen.
Ich habe selbst solche Empfindungen.
Ja, ich glaube, die haben wir alle. Manchmal scheint es, als würden sich die Dinge klären, und dann verschwindet dieses Gefühl. Ja. Aber für Maya sind diese sehr intensiv, wie alles.
Kontingenz. Freier Wille.
Vielleicht. Aber der Nettoeffekt aller dieser Symptome treibt sie in einen apathischen Zustand. Fast Katatonie. Versuche, alles derartige dadurch zu vermeiden, daß sie nicht zuviel empfindet. Überhaupt nichts empfindet.
Man sagt, eine der verbreitetsten Krankheiten der Issei ist es, in Angst zu verfallen.
Ja, ich habe davon gelesen. Verlust der Affektfunktion, Anomie, Apathie. Man behandelt das wie Katatonie oder Schizophrenie und gibt ihnen eine Kombination von Serotonin und Dopamin, limbische Stimulantien... ein explosiver Cocktail, kannst du dir vorstellen. Gehirnchemie... Ich habe ihr alles
Weitere Kostenlose Bücher