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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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konzentrierte sie sich auf die Gegenwart, so weit sie konnte. Das war schließlich Zen, und sie wurde darin recht gut. Es war seit Jahren ihre instinktive Überlebensstrategie gewesen. Aber ein Gipfelerlebnis... Manchmal sehnte sie sich danach; denn das, was man beinahe gesehen hatte, glaubte man schließlich wirklich gesehen zu haben. Ein presque vu würde auf sie herabsteigen, und die Welt würde jene Aura vager starker Bedeutung außerhalb ihrer Gedanken annehmen; und sie würde dastehen und drängen oder sich entspannen oder bloß versuchen zu folgen und es zu fassen - neugierig, furchtsam, hoffend. Und dann würde es verblassen und vergehen. Dennoch, eines Tages... Wenn es nur deutlich werden würde! Das könnte in der Zeit danach hilfreich sein. Und manchmal war sie so neugierig. Wie würde die Einsicht sein? Was für ein Verständnis mochte es sein, das in solchen Zeiten knapp außerhalb ihres Geistes harrte? Es fühlte sich zu real an, um bloß eine Illusion zu sein...
    So nahm sie, obwohl sie erst gar nicht auf den Gedanken kam, daß es das war, was sie suchte, eine Einladung von Nirgal an, mit ihm das Olympus-Mons- Festival zu besuchen. Michel hielt das für eine großartige Idee. Einmal in jedem m-Jahr im nördlichen Frühling trafen sich Leute auf dem Gipfel von Olympus Mons nahe dem Krater Zp, um ein Fest innerhalb einer Kaskade halbmondförmiger Kuppeln, über Steinen und Kachelmosaiken zu feiern. Wie während der ersten Zusammenkunft dort, als man das Ende des Großen Sturmes feierte, als der Eis-Asteroid über den Himmel geflammt war und John von der kommenden Gesellschaft des Mars zu ihnen gesprochen hatte.
    Welche Gesellschaft, fragte sich Maya, als sie in einem Waggon den großen Vulkan hinauffuhren, hatte ihr Ziel erreicht, wenigstens zu gewissen Zeiten und an gewissen Orten? Jetzt, hier, hier sind wir. Auf Olympus, bei Ls in jedem Jahr, zum Gedenken an Johns Versprechen und zur Feier dieser Errungenschaft. Bei weitem die größere Anzahl der Feiernden waren junge Eingeborene; aber es gab auch eine Menge neuer Einwanderer, die heraufgekommen waren, um das berühmte Festival kennenzulernen, und mit der Absicht, die ganze Woche lang eine Party zu feiern, meistens von ständigem Musizieren oder Tanzen oder beidem begleitet. Maya zog es vor zu tanzen, da sie immer noch kein anderes Instrument spielte als das Tamburin. Und sie verlor dort Michel und alle ihre anderen Freunde, Nadia und Sax, Marina, Ursula und Mary, Nirgal, Diane und alle übrigen, so daß sie mit Fremden tanzen und vergessen konnte. Sie konzentrierte sich ausschließlich auf die vorbeiziehenden strahlenden Gesichter, jedes einzelne wie ein Pulsar von Bewußtsein, der rief: Ich lebe, ich lebe, ich lebe.
    Ein großartiger Tanz, die ganze Nacht lang. Ein Zeichen, daß Assimilation möglich war. Die Areophanie wob ihren unsichtbaren Zauber über jeden, der auf den Planeten kam, so daß die schädliche Vergangenheit der Erde geschwächt und vergessen und die wahre Kultur des Mars zumindest in der kollektiven Schöpfung verwirklicht werden konnte. Schönheit. Aber kein Gipfelerlebnis. Dies war nicht der Ort für sie. Es war vielleicht zu sehr die tote Hand der Vergangenheit im Spiel. Die Dinge waren auf dem Gipfel von Olympus Mons zu sehr die gleichen geblieben. Der Himmel war noch immer schwarz und gestirnt und mit einem purpurnen Band um den Horizont... Rund um den gewaltigen Rand waren Herbergen errichtet worden, wie Marina sagte, zur Aufnahme von Pilgern, wenn sie um den Gipfel wanderten. Und andere Unterkünfte gab es unten in der Caldera für die Roten Kletterer, die ihre Existenz dort in der Welt sich überlappender konvexer Klippen fristeten. Seltsam, was die Leute so machten, dachte Maya, seltsam, welche Schicksale jetzt auf dem Mars realisiert wurden.
    Aber nicht von ihr. Olympus Mons war zu hoch und daher zu sehr der Vergangenheit verhaftet. Es war nicht der Ort, an den sie ging, um ein Erlebnis jener Art zu haben, nach dem sie suchte.
    Sie ergriff auf der Rückfahrt nach Odessa aber die Gelegenheit zu einem langen Gespräch mit Nirgal. Sie erzählte ihm von Charlotte und Ariadne und deren Sorgen; und er nickte und sprach von einigen seiner Abenteuer in der Wildnis zu ihr, von denen viele Fortschritt bei der Assimilation bekundeten. Er sagte voraus: »Wir werden am Ende gewinnen. Der Mars ist gerade jetzt das Schlachtfeld von Vergangenheit und Zukunft; und die Vergangenheit besitzt ihre Kraft, aber die Zukunft ist es, wohin wir

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