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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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auch immer weniger aktiv, denn sie fühlte sich dabei immer unbehaglicher, weil man die Aufnahmekapazität eines Planeten nicht überbeanspruchen konnte, ohne eine Katastrophe heraufzubeschwören. Das hatte die Geschichte der Erde seit dem neunzehnten Jahrhundert bewiesen. Man mußte vorsichtig sein. Es war ein Drahtseilakt: Man durfte nicht zu viele Leute hereinlassen, aber es war besser, mit einer begrenzten Periode der Überbevölkerung fertig zu werden, als es mit einer regelrechten Invasion aufnehmen zu müssen. Und das war ein Punkt, den sie in allen Versammlungen betonte.
    Und während dieser ganzen Zeit befand Nirgal sich draußen in der Wildnis, führte ein Nomadenleben und sprach zu den Wilden und Bauern und hatte, wie sie hoffte, seinen gewohnten Einfluß auf die Weltanschauung der Marsbevölkerung, die Michel sein kollektives Unterbewußtsein nannte. Maya setzte einen großen Teil ihrer Hoffnungen auf Nirgal. Und sie tat ihr Bestes für den anderen Zug ihres Lebens, die Beschäftigung mit der Geschichte. Das war in mancher Hinsicht der allerwichtigste Faden, da er sich durch ihr Leben gezogen hatte und es zu einer großen Schleife bis zurück zu den Vorahnungen in ihrem früheren Leben in Odessa zusammengerafft hatte.
    So war das schon eine böse Art von dejä vu. Und dann kamen die realen dejä vus zurück und sogen wie immer das Leben aus allen Dingen. Oh, ein einzelnes Aufblitzen der Erregung war natürlich nur ein Ruck, eine schreckliche Erinnerung, die wieder verschwand. Aber ein ganzer Tag war eine Qual und eine Woche die wahre Hölle. Michel sagte, die aktuellen medizinischen Zeitschriften nannten es den stereotemporalen Zustand. Andere bezeichneten ihn als die stets bereite Sensation. Das war offenbar für einen gewissen Prozentsatz der Alten ein Problem. Nichts konnte innerhalb Mayas Emotionen schlimmer sein. An solchen Tagen erwachte sie, und jeder Moment des Tages wurde zu einer exakten Wiederholung eines früheren identischen Tages. So kam es ihr vor wie Nietzsches Vorstellung von der ewigen Wiederkehr, der endlosen Wiederholung aller möglichen raumzeitlichen Kontinua, die für sie als erlebte Erfahrung transparent geworden war. Schrecklich, schrecklich! Und dennoch konnte sie nichts tun, als sich wie ein Zombie durch die stets bereitstehenden voraussagbaren Tage zu quälen, bis der Fluch sich hob - manchmal in einem raschen Ruck zurück in den nicht stereotemporalen Zustand, wo eine doppelte Vision ihre Schärfe wiedergewann und den Dingen ihre Tiefe wiedergab. Zurück zum Realen mit seinem herrlichen Gefühl von Neuheit, Kontingenz und blindem Werden, wo sie frei war, jeden Moment mit Überraschung zu erfahren und das gewöhnliche Auf und Ab ihrer emotinalen Sinuswelle zu erleben, eine Berg- und Talfahrt, die zwar unbequem, aber doch wenigstens Bewegung war.
    »Ah, gut!« sagte Michel, als sie aus einem dieser Anfälle herauskam und sich wunderte, welche Drogen man ihr gegeben haben konnte, um das zu schaffen.
    »Vielleicht könnte ich einfach auf die andere Seite von presque vu gehen«, sagte Maya mit matter Stimme. »Nicht dejä oder presque oder jamais, sondern bloß vu.«
    »Eine Art Erleuchtung, Satori«, mutmaßte Michel. »Oder Epiphanie. Eine mystische Einheit mit dem Universum. Wie man mir sagte, ist das meist nur ein kurzlebiges Phänomen. Ein Spitzenerlebnis.«
    »Mit Nachwirkungen?«
    »Ja. Danach fühlt man sich allgemein besser. Aber - na ja - man sagt, es kommt gewöhnlich nur nach Gelingen einer gewissen... «
    »Heiterkeit?«
    »Nein, ja doch. Ruhe des Geistes, könnte man sagen.«
    »Du meinst, das ist bei mir nicht der Fall.«
    Das löste ein Grinsen aus. »Aber es könnte kultiviert werden. Ich meine, sich darauf vorzubereiten. Das ist es, was man im Zen-Buddhismus macht, wenn ich ihn recht verstehe.«
    Also las sie einige Zen-Texte. Aber die machten ihr klar: Zen war nicht Information, sondern Verhalten. Wenn man sich richtig verhielt, konnte die mystische Klarheit herabsteigen. Oder auch nicht. Und wenn sie es tat, war es gewöhnlich ein flüchtiger Moment, eine Vision.
    Maya war in ihren Gewohnheiten für eine solche Art von Veränderung in ihrem mentalen Verhalten zu sehr verhaftet. Sie hatte ihre Gedanken nicht so unter Kontrolle, daß sie sich auf eine Gipfelerfahrung hätte vorbereiten können. Sie lebte ihr Leben, und diese mentalen Zusammenbrüche setzten ihr zu. Das Nachdenken über die Vergangenheit war anscheinend mit daran schuld, daß sie auftraten. Darum

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