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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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dem Schlaganfall gegeben hatten. Natürlich war ein Hirnschlag etwas ganz anderes als ein Koma. Aber eine Bewußtseinsveränderung war nicht notwendigerweise eine schlimme Sache, wenn sie nur die Kopfschmerzen beseitigte.
    Es vergingen wieder Tage ohne jede Veränderung. Jeder Tag war träger, leerer und sorgenvoller als der vorangegangene. Die Inkubatoren in den Labors von Da Vinci hatten längst eine volle Sammlung korrigierter, Ann-spezifischer DNA hergestellt. Auch Antisense-Verstärker und Aufkleber - das ganze gerontologische Paket in seiner jüngsten Zusammenstellung.
    Eines Nachts rief er Ursula an, sprach lange mit ihr. Sie beantwortete in Ruhe seine Fragen, selbst wenn sie mit der Versuchung kämpfte, ihn zu fragen, was er vorhatte. Sie sagte entschieden: »Das synaptische Stimuluspaket, das wir dir gegeben haben, würde in unbeschädigten Gehirnen zu viel synaptisches Wachstum erzeugen. Es würde die Persönlichkeit zu einem nicht festlegbaren Muster verändern.«
    Sax beschloß, die synaptischen Ergänzungen wegzulassen. Anns Leben zu retten, war eine Sache, ihren Geist zu verändern schon eine ganz andere. Jedenfalls war eine Zufallsänderung nicht das Ziel. Es kam auf Akzeptanz an. Glück, wahres Glück für Ann, was immer das sein mochte, jetzt so weit entfernt, so schwer vorstellbar. Sax schmerzte der Gedanke daran. Es war erstaunlich, wieviel physischer Schmerz allein durch Gedanken erzeugt werden konnte... Das limbische System war ein ganzes Universum für sich, überschwemmt mit Schmerz wie die dunkle Materie, die alles im Weltall durchdringt.
    »Hast du mit Michel gesprochen?« fragte Ursula.
    »Nein. Ist aber eine gute Idee.«
    Er rief Michel an und erklärte, was vorgefallen war und was er zu tun beabsichtigte. »Mein Gott, Sax!« sagte Michel. Er sah entsetzt aus. Aber nach ein paar Sekunden versprach er zu kommen. Er würde Desmond bitten, ihn nach Da Vinci zu fliegen, um die Vorräte für die Behandlung abzuholen und sie zum Refugium hinaufzufliegen.
    Inzwischen saß Sax in Anns Zimmer und hielt weiter mit einer Hand ihren Kopf. Ein buckliger Schädel. Ein Phrenologe würde einen ganzen Tag Arbeit damit haben.
    Dann erschienen Michel und Desmond, seine Brüder. Sie standen an seiner Seite. Die Rote, die sie herein begleitet hatte, war dabei, genau wie die große Frau und die Stationsärztin. Die Verständigung mußte also über Blicke oder ihr Fehlen laufen. Nichtsdestoweniger war alles völlig klar. Falls es etwas zu klären gegeben hätte, war es Desmonds Gesicht. Sie hatten die Langlebigkeitspackung für Ann dabei. Sie mußten nur auf ihre Chance warten.
    Diese kam recht bald. Mit Ann, in ihrem Koma ruhig gestellt, war die Situation in dem kleinen Hospital Routinesache. Allerdings waren die Auswirkungen der gerontologischen Behandlung auf einen Komapatienten nicht vollständig bekannt. Michel hatte sich in die spärliche Literatur eingelesen. Man hatte die Methode als eine experimentelle Behandlung bei nicht reagierenden Komapatienten in einigen Fällen angewandt und insofern Erfolg gehabt, als die Behandelten fast in der halben Zeit wiederhergestellt wurden. Deswegen hielt Michel es jetzt für eine gute Idee.
    Und so standen die drei bald nach ihrer Ankunft um Mitternacht auf. Sie gingen auf Zehenspitzen an der schlafenden Assistentin vorbei in das Vorzimmer des medizinischen Zentrums. Die narkotische Behandlung hatte die übliche Wirkung gehabt; und die Assistentin schlief fest, wenn auch unbequem in ihren Sessel gezwängt. Sax und Michel schlössen Ann an die IVs an und steckten die Nadeln in ihre Handrücken. Sie arbeiteten langsam, vorsichtig und exakt. Ruhig. Bald traten die intravenösen Geräte in Aktion, und die neuen Proteinbänder befanden sich in ihrem Blutkreislauf. Ihr Atem wurde unregelmäßig, und Sax dadurch höchst besorgt. Er stöhnte leise. Es war tröstend, Michel und Desmond hier zu haben. Jeder von ihnen hielt einen Arm, als ob sie ihn stützen und so am Fallen hindern wollten. Er verlangte verzweifelnd nach Hiroko. Er war sicher, daß auch sie es getan hätte. Dadurch fühlte er sich viel besser. Hiroko war einer der Gründe, aus denen er das hier durchzog. Er sehnte sich immer noch nach ihrer Unterstützung, ihrer physischen Präsenz. Er wünschte, sie würde erscheinen und ihm so helfen, wie sie es auf Daedalia Planitia getan hatte. Sie sollte Ann helfen. Sie war Expertin für diese Art radikal unmenschlicher humaner Experimente. Für sie wären das kleine Fische

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