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Marx, my Love

Marx, my Love

Titel: Marx, my Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Grän
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einkaufen, weil nichts in der Wohnung war. Ich muss meine Gästin verpflegen, verstehst du? Oder soll ich sie des Hungers krepieren lassen?«
    In der Tüte sind Flaschen. Anna steht auf und nimmt ihre Schuhe. »Sie muss doch einmal aufwachen. Wenn sie jetzt nicht mehr in der Wohnung ist, nehme ich dir das Geld wieder ab.«
    Fjodor hebt seine Tüte auf und geht neben Anna die Treppen hoch. »Sie schläft. Ich hab ihr zwei Valium gegeben, weil sie so tobte, als ich sie der Kleidung entledigte. Jetzt schläft sie wieder. Du hast mir nicht gesagt, dass sie eine schreiende Person ist.«
    Anna bleibt stehen und greift sich ans Herz. In der Region, in der sie es vermutet, fühlt sie Stiche, die Panik auslösen. Sie wird sterben und niemals wissen, wie alles endet, was sie angefangen hat.
    Fjodor schreitet ungerührt weiter. Er hat ein dickes Gesäß, und der Gedanke, dass dies ihr letzter Blick auf die Welt sein könnte, lässt Anna tief einatmen. Es geht schon wieder. Sie stirbt noch nicht. Nicht jetzt, vielleicht in zwei Tagen. Sie hat ein starkes Herz, doch hat sie es oft weggeworfen. Nur wenige Menschen haben es berührt, und niemand hat es aufgehoben. »Hab ich dir gesagt, dass du sie ausziehen sollst?«, schreit sie Fjodor hinterher.
    Er bleibt stehen und dreht sich um. »Joy hat einen prächtigen Körper. Ich wollte ihn nur betrachten. Ich bin impotent, wie ich wiederholt versichere. Warum bist du so gebleicht?«
    Anna setzt ihre Füße Stufe um Stufe. Der Schmerz ist vergangen, doch die Angst ist geblieben. »Es war ein Scheißtag. Ich bin müde und hungrig. Und niemand kümmert sich um mich. Ich könnte sterben, an Selbstmitleid zum Beispiel.«
    Fjodor wartet auf sie. »Ich habe Vodka gekauft. Willst du ein Gläschen?«
    Er hat das Richtige gesagt. Anna nickt dankbar, und sie gehen die letzten Stufen zusammen. An seiner Wohnungstür sind drei Schlösser angebracht, die Fjodor nacheinander aufschließt. Er hat nicht Angst um sich, nur um seine Stimme. »Ich bin ein unaufgeräumter Mensch«, erklärt er, als sie durch den Flur gehen, und Anna versteht, was er meint. Diese Wohnung ist chaotisch, eine Melange aus Büchern, Notenblättern, Zeitschriften, leeren Flaschen und schmutzigen Tellern. Im Nebenzimmer hört sie Joys Schnarchen. Immerhin, sie lebt noch, was beinahe mehr ist, als man von Anna behaupten könnte. Jetzt ist sie Fjodor dankbar für das Valium. Sie braucht eine Atempause vor dem nächsten Akt. Etwas zu trinken und einen bequemen Stuhl. Die friedliche Stille, unterbrochen von Schnarchgeräuschen.
    Fjodor kommt aus der Küche mit zwei Wassergläsern Vodka, Weißbrot und fetten Würsten zurück. Er arrangiert alles auf dem Boden, weil Tisch und Stühle keinen Platz mehr bieten. Anna gleitet auf den Boden und greift zu. »Ich danke dir, Fjodor, du bist meine Rettung.«
    »Ich weiß, ich bin ein Held. Und das ist guter Vodka, Anna, den ich mit dir teile. Ich werde Musik machen, um die Säge zu verstummen. Meine Ohren sind nicht für schnarchende Frauen geschaffen.«
    Verdi erklingt und übertönt Joys Schlafgeräusche. Anna und Fjodor prosten einander zu und brechen das Brot und die Würste. Sie sind hart und fett und vermischen sich mit dem Weißbrot zu einer der besten Mahlzeiten, die Anna in letzter Zeit gegessen hat. Halb liegend und im Halbdunkel von Fjodors Zimmer fühlt sie sich wieder unter den Lebenden. Es war nur der Hunger. Die Leiche. Lilys Totenrede und die Flucht in das Dunkel ihrer Seele. Anna hätte sie gleich mitnehmen sollen, doch das war nur eine von vielen falschen Entscheidungen der letzten Tage. Sie muss Daniel anrufen. Später. »Was hat Joy gesagt, als sie wach war?«
    Fjodor wischt sich Fett vom Kinn. »Nicht gesagt, gebrüllt! Und in Polnisch, Anna, eine Sprache, derer ich nicht übermächtig bin. Ich habe Mörder verstanden und irgendetwas von Aufnahmen. Dann hat sie um sich geschlagen, und ich habe ihr das Valium in den Mund gestopft und Wasser nachgegossen, damit es gleitet. Sie ist so totenschön, wenn sie schläft.«
    »Du hast ihr doch nichts getan, oder?« Anna findet die Vorstellung so widerwärtig, dass sie die Bilder sofort verdrängt.
    Fjodor lächelt gewissermaßen schmutzig, und Anna setzt sich auf. »Ich hetze dir die polnische Mafia auf den Hals, wenn du das getan hast. Die zerschneiden dir die Stimmbänder, ich sag es dir.«
    Er lächelt nicht mehr, sondern greift sich an die Kehle. »Anna, beim Augenlicht meines Agenten und der Winzigkeit meines Penis: Ich habe sie

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