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Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht

Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht

Titel: Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Doyle
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Mädchen«, sagte Tansey.
    Sie lächelte erneut.
    »Du kannst nicht weinen«, sagte Mary.
    »Nein.«
    »Aber du kannst lächeln. Wie kommt das?«
    Tansey lachte.
    »Ich bin nicht vorlaut«, wandte Mary sich an ihre Mutter. »Nur für den Fall, dass du das denkst.«
    »Tu ich nicht!«
    »Ich kenne die Antwort darauf nicht«, sagte Tansey. »Bis jetzt habe ich auch nie darüber nachgedacht. Ich kann sogar lachen. Auch wenn seit dem letzten Mal Jahre vergangen sind.«
    »Hast du im Melkstand mal gelacht?«, fragte Scarlett.
    »Oh, im Melkstand habe ich mehr als nur einmal gelacht«, sagte Tansey. »Oft, sehr oft hab ich in diesem Melkstand gelacht.«
    »Nachdem du gestorben warst«, sagte Scarlett. »Lange danach. Als ich ein kleines Mädchen war.«
    »Nein.«
    »Da war ein Tag, an dem dachte meine Mutter, sie hätte jemanden lachen gehört, direkt neben uns.«
    »Das war ich nicht.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Nein.«
    »Dann hättest du es gewesen sein können?«
    »Schon möglich.«
    Sie seufzte. »Ich bin jung gestorben, aber ich habe ein Gedächtnis, als wäre ich uralt. An manche Dinge kann ich mich haargenau erinnern und andere wichtige Dinge sind verschwunden. Ich könnte nicht mal sagen, ob ich in der Hurling-Mannschaft von Wexford mitgespielt habe.«
    »Hast du nicht.«
    »Das überrascht mich nicht. Aber dein Großvater war in der Mannschaft.«
    »Ich weiß.«
    Tansey musterte Mary.
    »Ich würde gern mit Emer reden«, sagte sie. »Ihr sagen, dass sie keine Angst haben muss. Sterben ist gar nicht so schlimm. Besonders, wenn du alt bist. Und immerhin hatte sie ein wunderbares Leben. Eine liebenswerte Tochter und Enkelkinder.«
    Jetzt weinte Scarlett.
    »Es tut mir leid, Liebes«, sagte Tansey.
    »Nein«, sagte Scarlett. »Schon in Ordnung. Sie hat mir so oft von dir erzählt, als ich aufwuchs. Obwohl sie sich nur an so wenig erinnern konnte. Ich glaube, es wäre großartig, wenn du sie sehen könntest. Auch wenn das alles etwas merkwürdig ist.«
    »Jep«, sagte Mary. »Und ob das merkwürdig ist. Das ist nicht vorlaut gemeint.«
    »Nur weil du behauptest, nicht vorlaut zu sein, stimmt es noch lange nicht«, sagte Scarlett.
    »Aber ich bin’s nicht«, sagte Mary. »Es ist merkwürdig. Es ist dermaßen abgefahren. Ich meine, wie viele Geister kennst du sonst noch?«
    Scarlett zuckte die Achseln. »Keine Ahnung«, sagte sie.
    »Das macht mir jetzt aber Angst«, sagte Mary.
    »Nur einen«, sagte Tansey. »Ihr kennt nur einen und das bin ich.«
    »Warum kannst du nicht mit ins Krankenhaus kommen?«
    »Weil da das Problem mit den Glühbirnen ist, versteht ihr?«, sagte Tansey. »Ihr habt es doch selber gesehen. Ich verblasse. Und das wäre nicht in Ordnung. Patienten in Krankenhäusern sind wahrhaftig schon verängstigt genug, auch ohne dass Geister die Gänge verunsichern. Allerdings …«
    »Was?«
    »Wenn der Geist die Hand eines Kindes hält …«
    Sie sah Mary an.
    »Ich bin kein Kind mehr«, sagte Mary.
    »Bist du wohl!«, sagte ihre Mutter.
    »Bin ich nicht«, sagte Mary. »Hast du selber gesagt.«
    »Wann?«
    »Gestern«, sagte Mary. »Als ich mein Zimmer nicht aufräumen wollte. Da sagtest du, ich müsste aber, weil, und ich zitiere, ›du kein kleines Mädchen mehr bist.‹«
    »Stimmt!«, sagte Scarlett. »Du bist kein kleines Mädchen mehr, aber immer noch ein Kind!«
    »Und warum?«, sagte Mary. »Weil du das bestimmst?«
    »Ja!«
    »Ä-hem.«
    Das war Tansey. »Bitte sehr, meine Damen«, sagte sie. »Normalerweise müssen Geister kein Husten imitieren, nur um auf sich aufmerksam zu machen.«
    »Ich bin kein Kind mehr«, flüsterte Mary.
    »Bist du doch!«, flüsterte ihre Mutter zurück.
    »Bin ich nicht!«
    »Also, jetzt hört aber mal auf«, sagte Tansey. »Und hört mir zu.«
    »Entschuldigung.«
    »Wenn ein Geist ein Kind bei der Hand hält«, sagte Tansey, »während er durch ein Gebäude geht …«
    »Wie zum Beispiel ein Krankenhaus.«
    »Genau«, sagte Tansey. »Dann wird dieser Geist körperlicher. Aber nur, wenn er ein Kind bei der Hand hält.«
    »Wie funktioniert das?«, sagte Mary.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Tansey.
    »Hast du es schon mal versucht?«
    »Nein.«
    »Wie hast du es dann herausgefunden?«
    »Sieht so aus, als wüsste ich es einfach«, sagte Tansey.
    »Und du bist dir sicher, dass es funktioniert?«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Das überzeugt mich nicht«, sagte Mary. »Das klingt irgendwie nach Aberglauben.«
    »Ich bin ein Geist«, sagte Tansey. »Und wahrscheinlich

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