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Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht

Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht

Titel: Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Doyle
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bin ich, irgendwie, auch eine Art Aberglauben. Aber ich bin trotzdem hier.«
    »Okay.«
    »Dann versuchen wir es?«
    »Okay.«
    Scarlett rief in Richtung Küchendecke.
    »Jungs?!«
    Von oben erklang Lärm.
    »Ich glaube, einer hat ›Was?‹ gebrüllt«, sagte Mary.
    »Wir fahren noch mal ins Krankenhaus!«, rief Scarlett. »Euer Vater müsste bald daheim sein.«
    Wieder Lärm von oben.
    »Ich glaube, einer von ihnen hat ›Okay‹ gesagt«, sagte Mary.

Sie wollte nicht schlafen.
    »Ich bin lebendig.«
    Ihre Augen wollten zufallen. Sie konnte nichts dagegen tun. Sie konnte ihre Augen einfach nicht offen halten.
    Ich bin lebendig.

Es war nach acht Uhr und dunkel. Mary und Tansey saßen auf der Rückbank des Autos, draußen vor dem Haus, unter einem der Bäume.
    »Vergiss nicht, dich anzuschnallen«, sagte Mary.
    »Wie geht das?«, fragte Tansey.
    Mary zeigte ihr den Sicherheitsgurt und legte ihn ihr um.
    »Also, braucht ein Geist wirklich einen Sicherheitsgurt?«, fragte Tansey.
    Aber sie ließ den Verschluss des Gurts einrasten. Mary sah ihr dabei zu, als erwartete sie ein wenig, dass der Gurt einfach Tanseys Körper durchschneiden würde. Doch das tat er nicht. Er spannte sich über ihre Brust und den Schoß.
    »Du bist schon richtig körperlich geworden«, sagte sie.
    »Stimmt«, sagte Tansey. »Muss an den vielen Kartoffeln liegen, die ich als Kind gegessen habe. Aber wisst ihr, was?«, sagte sie, als Scarlett den Motor anließ und das Licht im Wageninneren erlosch. »Ich habe noch nie zuvor in einem Auto gesessen.«
    »Ist nicht dein Ernst!«, sagte Mary.
    Die Dunkelheit verlieh Tansey sogar noch fester umrissene Konturen. Alles an ihr erschien echt und lebendig.
    »Es ist wahr«, sagte sie. »Zu meiner Zeit gab es nur ganz wenige Autos. Und sie waren alle schwarz.«
    Scarlett bog auf die Hauptstraße in Richtung Krankenhaus ab. Die Stoßzeit war vorbei und es herrschte kaum Verkehr.
    »Das geht jetzt ruckzuck!«, sagte Scarlett.
    »Was auch immer das bedeutet«, sagte Mary ruhig.
    Sie beobachtete, wie Tansey aus dem Wagenfenster schaute, wie sie Häuser und Ladengeschäfte musterte, andere Autos und die Straßenbeleuchtung.
    »Das ist viel besser als zu Fuß«, sagte Tansey.
    »Das erzähle ich Mama auch immer«, sagte Mary. »Aber sie hört ja nicht auf mich.«
    »Zu Fuß gehen ist großartig!«, sagte Scarlett.
    »Davon habe ich nie etwas gemerkt«, sagte Tansey leise zu Mary.
    Sie setzte sich aufrecht hin. »Ich mag dieses Autofahren«, sagte sie. »Es ist, als säße man im Kino.«
    Sie fuhren auf das Parkdeck des Krankenhauses. Scarlett erspähte eine freie Nische und parkte. Sie drehte sich zu Mary und Tansey um.
    »So!«
    »Wir sind da, oder?«, sagte Tansey.
    »Sind wir!«
    »Großartig.«
    Sie stiegen aus dem Wagen.
    »So!«, sagte Scarlett noch einmal. Sie wirkte nervös.
    Mary umrundete den Wagen und nahm Tansey bei der Hand.
    »Die ist kalt«, sagte sie. »Das ist nicht vorlaut gemeint.«
    »Das weiß ich », sagte Tansey.
    Mary drückte Tanseys Hand, ein klein wenig. »Aber es ist schön«, sagte sie.
    »Oh, gut.«
    »Und ein bisschen abgedreht.«
    »Jetzt bist du frech, oder?«
    »Ja.«
    »Wir sollten langsam in die Gänge kommen!«, sagte Scarlett.
    Die Besuchszeit war fast vorüber.
    »Wartet mal«, sagte Tansey.
    Sie ließ Marys Hand los und stellte sich unter eine der Lampen, die das Parkdeck erhellten.
    »Könnt ihr mich sehen?«
    »Kaum«, sagte Mary.
    Es war geradezu schrecklich, denn Tansey schien sich aufzulösen, ja, förmlich auseinanderzubrechen. Mary eilte zu ihr und nahm ihre Hand.
    »Braves Mädchen«, sagte Tansey. »Hab ich jetzt festere Umrisse?«
    »Ich glaube schon!«, sagte Scarlett. »Aber – ich weiß nicht! Vielleicht bilde ich mir das nur ein.«
    »Aber sehen kannst du mich?«
    »Na ja, schon.«
    »Also riskieren wir es?«, sagte Tansey zu Mary.
    »Cool«, sagte Mary. »Aber was passiert, wenn es nicht funktioniert?«
    »Oh, dann kriegen Dutzende von Leuten einen Herzinfarkt«, sagte Tansey. »Aber es ist ja ein Krankenhaus, also sind sie versorgt. Ich mag diesen Ort hier überhaupt nicht.«
    Das Parkhaus war ein hässliches, schmuckloses Gebäude, ohne Fenster oder Farben.
    »Wie kommen wir hier raus?«, sagte Tansey.
    »Es gibt einen Lift.«
    »Einen was?«
    Der Lift war außer Betrieb, also nahmen sie die Treppe nach unten. Tansey hielt sich dicht an der Wand, abseits vom Licht. Weder auf dem Weg zum Ausgang noch auf dem Pfad, der zum Krankenhauseingang führte, kam

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