Maschinenkinder
besser einem Irren folgen, der aus Schrott Tempel baut, mit einer Armbrust Unruhestifter abknallt und ein paar Ideen hat, als gar keine Perspektive.
Kann ja nur besser werden …
Telos
Mein Speedbike schießt durch lehmige Pfützen, die Halde rauf, in völliger Dunkelheit. Ich bin ein Phantom, ein Schatten, unsichtbar, auf lautlos gestellt, bis ich die Schallblase abschalte, damit ich hören kann, was ringsum geschieht: Schlamm, der über Stahlplatten spritzt, und den Regen und die Stimmen zweier Männer, abgedämpft durch Wände aus Plastik, aus Glas, aus Folien und Wellblech.
Ich bin Telos, das erste der Ohren. Wir hören alles, jeden. Und jede Ratte im Müll. Mit Shimano oder ohne …
Karst-Ölbach
Dass nicht nur mein Rechner abgestürzt ist, verraten mir die Flüche aus anderen Büros. Probeweise zeige ich der Überwachungskamera den Mittelfinger. Nichts passiert. Keine Audio-Ansage, keine Abmahnung, keine sofortige E-Mail mit Vorladung in die Personalabteilung. Euphorie zwickt meine Innereien und fordert mehr. Ich hole die Schachtel Kondome aus der Schublade.
Mehr Renitenz.
Mehr Freiheit.
Mehr Anarchie.
Ohne Eile steige ich auf den Besucherhocker und stülpe der Überwachungskamera in aller Ruhe ein Gummi übers Objektiv.
Irgendwo kracht etwas, gefolgt von einem Johlen. Ich klettere vom Hocker, stecke die Hände in die Taschen, spaziere den Gang entlang Richtung Küche. Kevin aus der Buchhaltung wirft mit Geschirr nach der Kamera, die den Kaffeeautomaten im Visier hat. »Du könntest auf einen Stuhl steigen«, schlage ich ihm vor und zeige auf einen in Frage kommenden Sessel.
Kevin gafft das Möbelstück an, als hätte es ihn unflätig beleidigt. Dann knirscht er: »Danke dir, Kollege!« Er greift sich einen Patentbüchsenöffner aus der Küchenschublade, klettert auf einen Sessel und fängt an, die Kameralinse zu bearbeiten.
»So konzentriert hab ich dich schon lange nicht mehr arbeiten sehen«, versetze ich.
Kichernd lässt Kevin den Büchsenöffner in der Hosentasche verschwinden und vertauscht ihn gegen sein Handy. Er macht Anstalten, die grausam zugerichtete Kamera zu fotografieren. Dann flucht er leise.
»Geht nicht, oder?«
»Nee«, knirscht Kevin. »Hab ich vergessen. Mist. Ich wollte ein Foto für mein Blog machen.«
»Bist ein Hobbysubversiver, was?«
»technoshredder.blog«, gibt Kevin zurück. »Verrat aber keinem, dass das meins ist.«
»Das wissen die ohnehin.«
»Was wollte die Marketing-Tussi vorhin bei dir?«
»Sex«, gebe ich dreist zurück. »Aber sie hatte den Schlüssel für ihre Unterhose vergessen.«
Die Feuerschutztür zum Treppenhaus fällt lautstark ins Schloss. Zwei dunkel gekleidete Herren stehen im Gang.
»Ist der Aufzug etwa auch kaputt?«, frage ich.
Mann Nummer eins gönnt sich ein Lächeln, humorlos und verwittert wie ein uralter Grabstein. »Vorübergehend«, gibt der Mann zurück.
»Wir sind hier«, sagt der andere Mann, »um Sie abzuholen, Herr Parcik.«
Mein Blick schwenkt von den Unbekannten zu Kevin, der immer noch auf dem Stuhl steht. »Habe ich einen externen Termin? Weiß ich gar nichts von.«
»Der Termin wurde kurzfristig anberaumt«, erklärt Mann Nummer eins und steckt die Rechte in die Manteltasche.
Langsam steigt Kevin vom Sessel. »Ich hole eben meine Sachen«, murmelt er und will zur Tür hinaus.
»Sie werden bei dem Termin nichts weiter benötigen. Kommen Sie jetzt, wir haben es etwas eilig.«
»Unser Wagen steht nämlich im Halteverbot«, grinst Mann Nummer eins mich an.
»Verstehe«, rutscht es mir raus.
»Wiedersehen«, verabschieden sich die Männer, als sie mit Kevin in der Mitte im Treppenhaus verschwinden.
Ich bleibe allein zurück, schlendere zum Fenster und klappe es auf. Unten auf der Straße Geschrei, Krach, an der Kreuzung Feuer. Ein Typ auf einem Fahrrad umkurvt einen brennenden Bus, als wäre die GEZ hinter ihm her. Gegenüber wirft jemand Computer und Flachdisplays aus dem Fenster im ersten Stock. Da residiert eine Anwaltskanzlei, vielleicht wollen sie die Versicherungssumme kassieren.
Auf dem Gehsteig parkt ein silberner Kombi, der vermutlich Kevins Termin gehört. In der Tat tauchen kurz darauf die beiden Männer auf, schmeißen Kevin in den Kofferraum, steigen ein und fahren ab.
Ich tu besser so, als hätte ich nichts gesehen. So wie die blinde Kamera unter der Decke.
Mir ist, als könnte ich einen Moment lang den Blick auf einen großen Plan werfen. Auf ein Spielbrett, mit Figuren, die Menschen sind. Gezogen
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