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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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nicht darüber reden.«
    »Ach. Na gut. Kein Problem.« Sie wandte sich ab und zog die Schultern ein. Wahrscheinlich hatte ich sie jetzt ihren Albträumen ausgeliefert. Aber ich war nicht verantwortlich für ihr Gehirn. Ich hatte keinen Einfluss auf ihre Gedanken. Sie war ein menschliches Wesen. Was zwischen ihren Ohren passierte, lag in ihrer Zuständigkeit.
    »Willkommen zurück, Dr. Neumann.« Jason hatte sich sichtlich entspannt. Er drehte sich wieder zu seinem Schreibtisch, dann gingen wir an die Arbeit.
    In der Mittagspause verließ ich die Glashalle. Auf den Gängen herrschte viel Betrieb, und mein Skifuß erregte Aufsehen. Ohne jede Scham starrten die Leute darauf. Wir waren eine Firma von Ingenieuren, die sich dafür interessierten, wie Dinge funktionierten. Ich ging weiter, aber vor der Cafeteria von Gebäude A hatte sich eine Schlange gebildet.
    Ein Mann vor mir in einem blauen Hemd drehte sich um und bemerkte mein Bein. »Hey, sind Sie dieser Typ?«
    »Was für … Ja.«
    »Sie haben sich das Bein abgehackt?« Er beugte sich vor, um es genauer zu inspizieren. »Im Labor.«
    »Zerquetscht.«
    »Kann ich es anfassen?«
    »Äh …«
    Zwei andere in der Schlange wandten sich um. Ein bärtiger Kerl stand von seinem Tisch auf und steuerte mit Laborassistenten im Schlepptau auf mich zu.
    »Okay.«
    »Interessante Formgebung«, fand die Frau hinter mir.
    »Ich darf mal kurz das Hosenbein hochkrempeln.« Der Mann spähte zu mir herauf. »Ist das in Ordnung? Sonst seh ich es nicht.«
    »Ich mach es selbst.« Ich zog das Hosenbein hoch. Beifälliges Gemurmel entstand. Ich errötete.
    »Was für ein Knie!«, meinte der Bärtige.
    »Es bewegt sich mit dem Kolben hier.« Der Mann im blauen Hemd war inzwischen auf Händen und Knien. »Und mit diesem … Ding da … wird das Gehen leichter?«
    »Und sein Bein wird in dieses Plastikstück eingepasst.«
    »In die Fassung.«
    »Und wie ist es befestigt?«
    »Mit Gurten«, antwortete ich. »Mit einfachen Stoffgurten.«
    Schweigen. Der Mann im blauen Hemd begutachtete das Bein noch ein wenig, entdeckte aber nichts Interessantes mehr. »Also, wirklich verblüffend.«
    »Unglaublich«, pflichtete der Bärtige bei. »Einfach fantastisch, was die inzwischen machen.«
    »Und so intelligent«, meinte die Frau.
    Auf den Ausweisschildern dieser Kollegen stand LUFTFAHRTENTWICKLUNG, NANOTECHNOLOGIE und BIOWERKSTOFFE . Ein durchschnittlicher Naturwissenschaftler fand es dumm, wenn in der Magnetohydrodynamik bei einer Beschleunigung auf Überschallgeschwindigkeit Verhaltensänderungen unberücksichtigt blieben. Oder wenn jemand nicht richtig mit Gödelzahlen umgehen konnte. Vor einigen Monaten hatte ich einen Vortrag über lebendige Gele besucht, und ein Besucher benutzte dort das Wort intelligent für einen Prozess, bei dem zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit lebende Zellen zur Verschmelzung mit Kohlenstoffmolekülen bewegt worden waren. Und er sprach es widerstrebend aus. Ein Begriff wie intelligent kam uns nicht leicht über die Lippen. Für ein Gelenk verwendeten wir ihn garantiert nicht.
    »Nett.« Jemand klopfte mir leicht auf die Schulter. »Wirklich nett.« Beschämt schob ich meine Hose wieder nach unten.
    Ich nahm mein Mittagessen mit auf die Toilette und schloss mich in einer Kabine ein. Als ich das Sandwich aus der Plastikfolie wickelte, fiel mir eine Bemerkung von Lola Shanks ein: Mir stand eine schwere Zeit bevor, und das würde mich zu einem besseren Menschen machen. Alles kam darauf an, wie ich auf die Herausforderung reagierte. Ich war froh, dass sie mich jetzt nicht sehen konnte.
    In einer E-Mail teilte mir Cassandra Cautery mit, dass mir jederzeit ein Wagen zur Verfügung stand, wenn ich nach Hause fahren wollte. Ich musste nur eine Nummer wählen. Ich übertrug sie in mein Telefon und arbeitete weiter. Nachdem alle gegangen waren, nahm ich den Aufzug zum Videozentrum, wo in Automaten vor abgedunkelten Vorführräumen Energieriegel, Obst und Cola angeboten wurden. Die Sachen waren kostenlos, damit die Ingenieure nicht sinnlos herumliefen, um sich auf die Suche nach den Kalorienquellen mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zu machen. Ich suchte mir mehrere Riegel und Äpfel aus und kehrte in die Glashalle zurück. Ich hatte nichts zu tun. Der größte Teil meiner Arbeit war während meiner Abwesenheit anderen übertragen worden, der Rest hatte keine Abschlussfrist. Ich aß meine Sachen und spielte mit ein paar Programmen herum, blieb aber uninspiriert.

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