MASH
einmal gegen sechs Uhr abends das Brummen der Hubschrauber das Nachbehandlungszelt erfüllte, wo der Colonel die Operationsfolge mit dem Sumpftrio besprach.
»Dieses Tempo hält auf die Dauer keiner durch. Ihr habt überhaupt nicht geschlafen«, sagte Henry.
»Stimmt«, sagte Duke.
»Wie geht es Ihnen eigentlich?« fragte Henry.
»Besser als den Patienten«, antwortete Duke.
»Was stehen Sie dann noch hier 'rum?« bellte Henry ihn an.
Die neue Gruppe war wirklich international. Hawkeye bekam einen Türken, dessen zerschossenen Dickdarm er flickte.
Duke amputierte das rechte Bein eines jungen Puertorikaners, dessen Kamerad Trapper unter dem Messer hatte. Kaum war Trapper mit ihm fertig, schloß er den Zwerchfellriß eines chinesischen Kriegsgefangenen, während Duke dem Professor für Vaskularchirurgie assistierte, der sich bemühte, einem holländischen Soldaten das Bein zu erhalten, und Hawkeye neigte sich über den Unterleib eines Australiers.
»Verdammt«, sagte er nach einer halben Stunde, »wir brauchen einfach mehr Hände.«
»Ich weiß«, sagte sein Assistent Pete Rizzo, »aber ich habe bloß zwei.«
»Schwester!«
»Ja, Sir?« sagte Captain Bridget McCarthy.
»Ziehen Sie sich Handschuhe an und helfen Sie uns aus.«
»Geht nicht, Hawk«, sagte Captain Bridget McCarthy, »bin selbst vollauf beschäftigt.«
»Dann holen Sie jemand anders.«
»Ja, Sir.«
Zehn Minuten später stand ein Assistent mit Kittel, Mütze, Gesichtsmaske und Handschuhen an seiner linken Seite. Ohne aufzusehen, legte Hawkeye die Hände des neuen Assistenten auf einen Wundhaken.
»Ziehen Sie an«, sagte er.
»Wie, Hawk?« hörte er Kaplan Mulcahy sagen. »Damit kenne ich mich nicht aus.«
Seit vielen Tagen — und auch Nächten — hatte Dago Red sein Bestes gegeben. Zu jeder Tages- und Nachtstunde war er unermüdlich von einem Patienten zum anderen gegangen, zu Schwarzen, Weißen und Gelben, zu Freund und Feind. Manche von ihnen wußten nicht, wer er war, aber sie alle wußten, auf wessen Seite er stand. Ein zuversichtlicher Patient übersteht eine Operation besser, genau wie ein zuversichtlicher Chirurg. Dago Red fand für beide die richtigen Worte.
»Bloß anziehen«, sagte Hawkeye jetzt. »Dort drüben. Ziehen Sie den Haken zu sich. Stärker. Gut. Und nachher können Sie den ersten sterilen Segen in der Geschichte der Medizin sprechen.«
Und immer wieder kamen Neue. Unterleiber, Brustkörbe, Hälse, Arterien, Arme, Beine, Augen, Hoden, Nieren, Wirbelsäulen — alle zu Schanden geschossen. Durchstehen oder untergehen. Leben oder sterben. Zu Beginn der Sintflut hatte sich an allen Chirurgen und besonders am Sumpftrio eine gewaltige Veränderung vollzogen. In ruhigen Perioden hatten sie sich oft betrunken oder sich über alles Mögliche beklagt, aber die Sintflut hatte wieder nützliche Menschen aus ihnen gemacht, eine besessene, schlagkräftige Kampfeinheit, anstelle einer Handvoll halbbeschäftigter Randalierer, die der Zufall irgendwohin ans Ende der Welt gespült hatte. Das war an sich zwar sehr zu begrüßen, aber es ging zu weit. Am Ende der zweiten Woche hatten alle hohle Wangen, rote Augen, waren hundemüde und überreizt, und jeder von ihnen wußte, daß ihre Spannkraft nachgelassen hatte und ihr Urteil manchmal zu wünschen übrig ließ.
»So geht es nicht weiter«, sagte Lt. Col. Henry Blake eines nachmittags um halb fünf zum fünfzigsten oder sechzigstenmal innerhalb der letzten drei bis vier Tage. »Verflucht und zugenäht, aber so geht es einfach nicht weiter.«
Henry stand mit dem Sumpftrio vor dem Eingang des Nachbehandlungszeltes. Wieder einmal war es ihnen irgendwie gelungen, sämtliche Schwerverletzte zu operieren. Die sogenannten Kleinigkeiten wurden von anderen behandelt. Sie taten, als wollten sie eine Zigarette rauchen, aber jeder wußte, daß sie nur Posten standen und gegen jede Vernunft hofften, daß heute um sechs Uhr der Hubschrauber ausbleiben möge.
»Irgendwann muß ja Schluß sein«, sagte Henry.
»Irgendwann ist alles zu Ende«, sagte Trapper, »jeder Krieg.«
»Verflucht, McIntyre, was nützt uns das?« sagte Henry. »Die Frage ist, wann ist Schluß? Wann?«
»Keine Ahnung.«
»Ja, wer zum Teufel weiß es eigentlich?« sagte Henry.
»Dreimal am Tag rufe ich an, aber die Leute in Seoul wissen genausowenig wie ich. Wer kennt denn die Antwort?«
»Ich nicht, aber vielleicht Radar ...« sagte Hawkeye.
»O'Reilly, Sir«, sagte Radar O'Reilly dicht neben dem Colonel.
»Verflucht,
Weitere Kostenlose Bücher